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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Khartoum nach Port Sudan. Bin Laden hatte die Gerberei, deren Wert die Sudanesen mit fünf Millionen Dollar ansetzten, als Anzahlung akzeptiert, doch jetzt musste er sie zu einem Bruchteil dieses Betrags an die Regierung zurückverkaufen. Er liquidierte seine übrigen Anlagen möglichst schnell und hoffte, zumindest einen Teil seines Vermögens zu retten, aber er wurde gezwungen, fast alles wegzugeben, was er besaß. Die Behörden beschlagnahmten seine schweren Arbeitsgeräte - die Bagger, Dampfwalzen und Kräne, die das wichtigste Vermögen seiner Baufirma darstellten und allein schon rund zwölf Millionen Dollar wert waren. 35 Die ausgedehnten Ackerflächen, die Bin Laden so hingebungsvoll bearbeitet hatte, musste er als nächstes quasi für nichts abgeben. Seine Pferde verkaufte er für ein paar 100 Dollar an Issam. Insgesamt, so räumte er später zerknirscht ein, habe er rund 160 Millionen Dollar verloren. 5 Al-Turabis islamistische Partei, klagte Bin Laden, sei „eine Mischung aus Religion und organisiertem Verbrechen“. 36
    Die bevorstehende Abreise ihres Führers sorgte für Panik bei den Mitgliedern von al-Qaida. Einige wurden eingeladen, später nach Afghanistan nachzukommen; anderen wurde erklärt, die Organisation könne sie nicht länger bezahlen. Jedes Mitglied erhielt einen Scheck über 2400 Dollar und ein Flugticket nach Hause. 37
    Nachdem sie Bin Laden den Großteil seines Vermögens abgenommen hatte, charterte die sudanesische Regierung für ihn ein altes sowjetisches Tupolew-Transportflugzeug. 38 Saif al-Adl, der spätere Militärchef von al-Qaida, setzte sich auf den Platz des Co-Piloten mit einer Karte auf dem Schoß, damit er dem russischen Piloten, der kein Arabisch sprach und dem sie nicht vertrauten, Anweisungen geben konnte. Zwei der jungen Söhne Bin Ladens, Saad und Omar, kamen mit 39 , außerdem einige Leibwächter. Bin Laden verließ den Sudan am 18. Mai 1996. Seine Familie war zerbrochen und an verschiedene Orte zerstreut. Die Organisation, die er aufgebaut hatte, zerfiel. Und für all das machte er Amerika verantwortlich. 40

13 DIE HEDSCHRA
    Der Sudan lag nun hinter ihm. Bin Laden flog über das glitzernde, schmale Meer, bald tauchten Mekka und Medina unter ihm auf und das Sarawat-Gebirge, und dann kam die weite gelbe Wüste, die nur durch die Straßen markiert war, die einst sein Vater gebaut hatte. Bin Laden war jetzt 38 Jahre alt. Er war ein berühmter Mann gewesen, ein Held, nun war er ein Flüchtling, der sein Heimatland nicht mehr betreten durfte. Er ließ das Flugzeug in den Vereinigten Arabischen Emiraten auftanken, wo er kurz von Regierungsvertretern begrüßt wurde, die ihm wahrscheinlich etwas Geld überreichten. 1 Er war sein Leben lang ein reicher Mann gewesen, aber dann hatte er sein Kapital schlecht investiert, und letztlich war ihm eh alles gestohlen worden. Jetzt war er dankbar für die Großzügigkeit von Menschen, die sich an seinen Namen erinnerten.
    Er überflog die Supertanker, die an den riesigen Raffinerien am Persischen Golf vor Anker lagen, dem Ursprung von so viel Wohlstand und so großen Schwierigkeiten. Hinter dem Iran erstreckte sich die offene Wüste Afghanistans, dann kam Kandahar, das umgeben war von verfallenen Bewässerungskanälen und verwilderten Granatäpfelgärten. Jetzt gab es dort nur noch Felder mit Mohn, das einzige Erzeugnis, das sich in diesem von 20 Jahren Krieg verwüsteten Land noch anzubauen lohnte. Die Brutalität der Sowjets war in Vergessenheit geraten angesichts der Wirren des Bürgerkriegs. Überall war die staatliche Autorität zusammengebrochen. Die Straßen wurden von Männern kontrolliert, die Wegezoll verlangten und manchmal Kinder entführten, wenn nicht genug gezahlt wurde. 2 Die Stämme bekämpften sich untereinander, und die lokalen Warlords bekriegten sich gegenseitig; Drogenbanden und die Transportmafia beherrschten das geschundene Land. Die Städte waren so heftig bombardiert worden, dass sie sich zu Haufen aus Ziegeln und Steinen aufgelöst hatten. Strommasten, die nach zwei Jahrzehnten Beschuss nur noch rein ornamentalen Charakter besaßen und zwischen denen sich schon lange keine Drähte mehr spannten, reihten sich an den Straßen aneinander und kündeten von einer Zeit, als Afghanistan erstmals Anschluss gefunden hatte an die Moderne. Abermillionen Landminen waren im Land verstreut und hatten laut einer UNO-Erhebung vier Prozent der Bevölkerung zu Invaliden und einen Großteil des Ackerlandes unbrauchbar gemacht.

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