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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Leichnam wurde zehn Tage nach dem Anschlag gefunden.

12 KNABEN ALS SPIONE
    Der ägyptische Präsident Husni Mubarak ist ein gedrungener Mann mit sehr kurzem Hals, einer schweren Unterlippe, die sich beim Sprechen nach vorne wölbt, fülligen Wangen und schweren Augenlidern, wie ein Tonmodell, das nicht vollständig ausgearbeitet wurde. Im Jahr 1995 war er 67 Jahre alt, doch seine welligen Haare waren pechschwarz gefärbt, und die Plakate in Kairo, auf denen sein Konterfei zu sehen war, zeigten einen 20 Jahre jüngeren Mann - Unveränderlichkeit war das Hauptkennzeichen seiner Herrschaft. Er hatte auf der Tribüne neben Anwar al-Sadat gestanden, als die Attentäter das Feuer eröffneten, und nach seinem Amtsantritt als Staatspräsident den Ausnahmezustand ausgerufen, der auch jetzt, 14 Jahre später, noch in Kraft war. Seine anfänglichen Versuche einer politischen Liberalisierung waren durch die Erfolge der Muslimbrüder und später in den neunziger Jahren durch eine Terrorkampagne der radikalen Islamisten beantwortet worden. Mubarak erwies sich als ebenso erbarmungslos wie die Aufständischen, aber die Gewalt hatte ihren Höhepunkt noch nicht erreicht.
    Im April erfuhr der ägyptische Geheimdienst von einer Zusammenkunft von Sawahiris al-Dschihad in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum, an der auch führende Mitglieder der rivalisierenden Islamischen Vereinigung teilgenommen hatten 1 - eine Entwicklung, die bei den ägyptischen Behörden für Unruhe sorgte. Aus den Berichten ging hervor, dass die beiden Organisationen künftig zusammenarbeiten wollten, um in Ägypten erneut Terroranschläge zu verüben, und dass sie von der sudanesischen Regierung mit Waffen und falschen Papieren ausgestattet wurden. Doch bislang war noch nicht bekannt, wie sie zuschlagen wollten und wo.
    Hassan al-Turabis große Revolution war in eine Sackgasse geraten und konnte sich nicht über den Sudan hinaus ausbreiten. Natürlich war Ägypten das eigentliche Ziel, aber Mubarak hatte das Land eisern im Griff. Wenn man ihn ausschaltete, so kalkulierten Sawahiri und seine Komplizen, würde ein Machtvakuum entstehen, und bei den bevorstehenden Parlamentswahlen würden islamistische Bewegungen den Sieg davontragen.
    Am 26. Juni 1995 flog Mubarak nach Addis Abeba zur Tagung der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU). Die ägyptischen Radikalen hatten sich seit mehr als einem Jahr auf dieses Ereignis vorbereitet und Mitglieder der Zelle, die den Mordanschlag ausführen sollte, schon vor geraumer Zeit in die äthiopische Hauptstadt eingeschleust. Einige von ihnen heirateten einheimische Frauen und gliederten sich demonstrativ in die äthiopische Gesellschaft ein. 2
    In Zusammenarbeit mit Mitgliedern der Islamischen Vereinigung schmuggelte der sudanesische Geheimdienst Waffen in seine Botschaft in Äthiopien. 3 Leiter der Aktion war Mustafa Hamsa, ein führendes ägyptisches Mitglied von al-Qaida und Kommandeur des militärischen Arms der Islamischen Vereinigung. Auf einem Anwesen nördlich von Khartoum hielt Sawahiri vor den neun Terroristen, die den Anschlag durchführen sollten, eine aufpeitschende Rede und fuhr dann nach Äthiopien, um sich den Schauplatz des geplanten Anschlags anzusehen. 4
    An der Straße vom Flughafen, dem einzigen Weg in die Hauptstadt, sollten zwei Autos abgestellt werden. Wenn sich Mubaraks Limousine dem ersten Wagen näherte, sollten die Attentäter mit automatischen Waffen und Panzerfäusten angreifen. Falls Mubarak der ersten Falle entkam, würde ihn der zweite Wagen weiter unten an der Straße erwarten. 5
    Mubaraks Flugzeug landete eine Stunde früher als geplant 6 , da aber sein Gefolge und die Leibwächter länger brauchten, bis sie ausgestiegen und abfahrbereit waren, blieb den Attentätern noch genügend Zeit, um sich zu postieren. Als die Limousine näher kam, eröffneten die Schützen das Feuer, aber die Abschussvorrichtung für die Panzerfäuste versagte. 7 Zwei Leibwächter Mubaraks und fünf Angreifer wurden bei dem Schusswechsel getötet. Mubarak rettete sich vermutlich das Leben, indem er seinen Chauffeur anwies, zum Flughafen zurückzufahren, denn dadurch entging er dem zweiten Hinterhalt. 8
    Drei der Verschwörer wurden festgenommen, einer konnte sich in den Sudan absetzen.
    Die äthiopische Polizei deckte den Anschlagsplan rasch auf, wodurch die Verwicklung der sudanesischen Regierung in das Attentat bekannt wurde. Die Folgen waren eine einmütige Verurteilung des Sudans durch die Vereinten Nationen

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