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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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nicht verurteilt, denn sie handelten zum Ruhme Gottes und im Interesse des Islams. Daher dürfe man alle, die ihr Leben hingeben in Befolgung des wahren Glaubens - wie die Attentäter von Islamabad -, nicht als Selbstmörder einstufen, die ihre Strafe in der Hölle erhalten werden, sondern müsse sie als heldenhafte Märtyrer betrachten, die durch ihr selbstloses Opfer eine außergewöhnliche Belohnung im Paradies erwarten dürfen.
    Mit dieser Augenwischerei verkehrte Sawahiri die Worte des Propheten ins Gegenteil und machte den Weg frei zu wahllosem Morden.
     
    „ERINNERST DU DICH an Bin Laden?“, fragte Hassan al-Turabi Anfang 1996 seinen Sohn. 24
    „Natürlich“, antwortete Issam. „Wir sind Stallkameraden.“
    „Einige Leute in meiner Partei wollen ihn aus dem Land werfen“, fuhr der Vater fort.
    Als Issam Bin Laden das nächste Mal traf, bemerkte er überrascht, wie niedergeschlagen der Saudi war. Sawahiri und al-Dschihad waren des Landes verwiesen worden, wodurch Bin Laden der ägyptische Kern seiner Organisation abhanden gekommen war, was ihn sehr schmerzte. Den entspannten und zu Scherzen aufgelegten Mann, den Issam gekannt hatte, gab es nicht mehr. In Khartoum verbreitete sich das Gerücht, Bin Laden sei „der nächste Carlos“. Die sudanesische Regierung hatte dem französischen Geheimdienst gestattet, Carlos zu entführen, während er sich einer Operation an seinem rechten Hoden unterzogen hatte. 25 Jetzt brachte der sudanesische Geheimdienst geschickt eine falsche Geschichte in Umlauf, wonach die Franzosen eine ähnliche Anklage gegen Bin Laden erhoben hätten, was zweifellos darauf zielte, ihn aus dem Land zu vertreiben. 26
    Ohne die Ägypter war Bin Laden isoliert und unsicher. Er hatte niemanden mehr, dem er vertrauen konnte. Er rechnete damit, dass ihm irgendetwas zustoßen könnte, und hielt sicherheitshalber bereits Ausschau nach einem neuen Unterschlupf.
    „Du solltest den Sudan nicht verlassen“, riet ihm sein Freund Issam. „Wenn du weggehst, wer soll sich dann um deine Investitionen kümmern?“
    Bin Laden wusste keine Antwort.
    Issam hatte Mitleid mit ihm und seiner verzwickten Lage. Er wusste, wie gnadenlos die Politik im Sudan mit den Menschen umspringen konnte, insbesondere mit einem naiven Ausländer, der viel zu verlieren hatte. „Damals habe ich diesen Mann geliebt“, erzählte Issam später, „er hatte so viele Ideen. Er hatte nichts Heuchlerisches an sich. Es gab keinen Unterschied zwischen dem, was er sagte und dem, was er tat. Aber leider war er nicht schlau genug.“
     
    NUN ZEIGTE SICH, in welch katastrophale Lage sich die radikalen islamistischen Führer des Sudans gebracht hatten. Die Mitwisserschaft der Regierung bei den Terrorplänen gegen New York und der versuchten Ermordung Mubaraks führten zur Verhängung internationaler Sanktionen, die im April 1996 in Kraft traten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die US-Botschaft in Khartoum bereits ihr gesamtes amerikanisches Personal nach Kenia abgezogen, auch die CIA-Niederlassung war dorthin verlegt worden. Dies war Teil eines allgemeinen Rückzugs der diplomatischen Gemeinschaft. Der Sudan wurde gewissermaßen unter Quarantäne gestellt, und seine Führer suchten verzweifelt nach einem Ausweg.
    An seinem letzten Abend in Khartoum aß der amerikanische Botschafter Timothy Carney mit dem sudanesischen Vizepräsidenten Ali Othman zu Abend. Die beiden sprachen darüber, was der Sudan tun könne, um seinen Ruf zu verbessern. Osama Bin Laden nach Saudi-Arabien zurückzuschicken, war einer der Vorschläge Carneys. Er hatte bereits mit einem ranghohen saudischen Regierungsvertreter gesprochen, der ihm versichert hatte, dass Bin Laden nach wie vor heimkehren dürfe, „wenn er sich entschuldigt“. 27
    Einen Monat später traf sich der sudanesische Verteidigungsminister Generalmajor Elfatih Erwa mit Carney und Geheimagenten der CIA in einem Hotel in Rosslyn, Virginia. Erwa informierte die Amerikaner darüber, dass seiner Regierung sehr daran gelegen sei, von der Liste des US-Außenministeriums gestrichen zu werden, auf der jene Staaten aufgeführt wurden, die den Terrorismus unterstützten. Er bat um eine Liste mit Maßnahmen, die die US-Regierung zufrieden stellen würden. Die CIA übergab ihm ein Memorandum, in dem unter anderem vorgeschlagen wurde, dass der Sudan die Namen aller Mudschahidin aushändigen solle, die Bin Laden ins Land gebracht hatte, mit ihren Passnummern und ihren Reisedaten. Bei späteren Treffen drängten die

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