Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
gelang, den Sitz der amerikanischen Regierung und das militärische Nervenzentrum des Landes zu zerstören, würde die Vorstellung vom Zerfall der amerikanischen Föderation nicht mehr ganz so abwegig wirken. Chaled Scheich Mohammed nannte das World Trade Center, das sein Neffe Ramsi Jussef sechs Jahre früher vergeblich zum Einsturz zu bringen versucht hatte. Der Sears Tower in Chicago und der Library Tower (mittlerweile in U.S. Bank Tower umbenannt) in Los Angeles wurden ebenfalls in Betracht gezogen. 28 Bin Laden entschied, dass der Angriff auf die Städte an der amerikanischen Westküste warten könne.
Das Geld war knapp, aber man konnte aus einem großen Reservoir williger Märtyrer schöpfen. Wenn man lediglich vorhatte, die Flugzeuge in der Luft zu sprengen, brauchte man keine ausgebildeten Piloten, doch als sich der Plan entwickelte und seine endgültige brilliante Gestalt annahm, wurde klar, dass man eine disziplinierte Gruppe mit Fachkenntnissen benötigte, um die Flugzeuge zu steuern. Es konnte Jahre dauern, die entsprechenden Fertigkeiten zu entwickeln.
Bin Laden stellte vier seiner zuverlässigsten Männer für die Operation ab. Doch keiner von ihnen konnte fliegen, auch sprachen sie kein Englisch - was Voraussetzung für den Erwerb eines Pilotenscheins war. Sie hatten nie im Westen gelebt. Mohammed versuchte, sie zu unterweisen. Er brachte ihnen englische Sätze bei und sammelte Werbebroschüren von Flugschulen in den Vereinigten Staaten. Die Männer spielten am Computer mit Flugsimulatoren und sahen sich Hollywood-Filme an, in denen es um Flugzeugentführungen ging, doch die Kluft zwischen ihren Fähigkeiten und der Größe des Vorhabens muss entmutigend gewirkt haben.
Nawaf al-Hasmi war einer dieser vier Männer. 29 Er war im Jahr 1993 im Alter von 17 Jahren nach Afghanistan gekommen. Er war kräftig gebaut und hatte ein gewinnendes Lächeln. Sein Vater war ein wohlhabender Händler in Mekka. Sein Kindheitsfreund Chaled al-Mihdhar stammte ebenfalls aus einer bekannten Familie in Mekka. 30 Bin Ladens Beispiel folgend, hatten diese beiden reichen Söhne aus Saudi-Arabien gemeinsam in Bosnien gekämpft und sich dann den Taliban in der Auseinandersetzung mit der Nordallianz angeschlossen, jenes lockeren Zusammenschlusses von Mudschahidin und Anhängern der früheren afghanischen Regierung, die von Ahmed Schah Massud angeführt wurde. Obwohl Mihdhar saudischer Staatsbürger war, stammte er ursprünglich aus dem Jemen. Er hatte Hoda al-Hada geheiratet, die Schwester eines seiner jemenitischen Waffenbrüder, und war Vater von zwei Töchtern. Es war der Telefonanschluss der Familie Hada, den das FBI bei der Untersuchung der Bombenanschläge auf die ostafrikanischen Botschaften entdeckt hatte und der so wichtig für das Verständnis der Reichweite von al-Qaida werden sollte. Die Bewegungen dieser beiden Männer, Hasmi und Mihdhar, boten den amerikanischen Geheimdiensten die größte Chance, die Verschwörung zu den Anschlägen am 11. September aufzudecken.
Da sie saudische Staatsbürger waren, erhielten Hasmi und Mihdhar problemlos ein amerikanisches Visum. Sie mussten es nicht einmal persönlich beantragen. Sehr viel ungünstiger war die Situation der beiden anderen zukünftigen Flugzeugentführer, da sie aus dem Jemen stammten. Die amerikanischen Einwanderungsbehörden waren der Meinung, dass Jemeniten nach der Ankunft in den USA sehr viel eher in den illegalen Untergrund abtauchten; daher wurde Bürgern dieses Landes üblicherweise die Einreise verweigert. Da es also nicht möglich war, alle seine Männer in die USA einzuschleusen, schickte Bin Laden sie nach Südostasien, um die Möglichkeiten für Chaled Scheich Mohammeds anderen Plan zu untersuchen, der darin bestand, einfach mehrere amerikanische Flugzeuge in der Luft zu sprengen. Zu jenem Zeitpunkt wurde anscheinend der Plan für einen Angriff auf das amerikanische Territorium erst einmal auf Eis gelegt.
Dies war der Stand der Dinge, als über einen Zeitraum von zwei Wochen Mohammed Atta und seine Freunde nacheinander in Afghanistan auftauchten. Es war Ende November, die Blätter fielen von den Bäumen, und der Ramadan stand vor der Tür. 31 Abu Hafs wurde sofort auf diese gebildeten, technisch versierten Männer aufmerksam, die teilweise fließend Englisch sprachen. Diesen Männern musste man nicht beibringen, wie das Leben im Westen funktionierte. Die Visa waren kein Problem. Sie mussten lediglich fliegen lernen und bereit sein zu sterben.
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