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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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medizinische Fachzeitschriften auf der Suche nach geeigneten Giftstoffen. „Trotz ihrer extremen Gefährlichkeit wurden wir erst auf sie aufmerksam, als der Feind wiederholt seine Sorge darüber äußerte, wie einfach sie herzustellen seien“, schrieb er. Einer seiner Männer, Abu Chabab, richtete in der Nähe von Dschalalabad ein Laboratorium ein, wo er selbstgemachtes Nervengas an Hunden ausprobierte und ihren qualvollen Tod auf Video aufnahm. Der Todeskampf der Tiere dauerte in vielen Fällen mehr als fünf Stunden. 14 Abu Chabab erklärte seinen Schützlingen, dass Menschen sehr viel anfälliger seien, da ihr Abwehrsystem schwächer sei als das von Hunden. Sawahiri richtete nahe Kandahar ein weiteres Laboratorium ein, wo ein malaysischer Geschäftsmann namens Jasid Sufaat mehrere Monate lang versuchte, biologische Waffen zu entwickeln, darunter vor allem Milzbrandsporen. 15 Sufaat besaß ein Diplom in Chemie und Labortechnik von der California State University in Sacramento.
    In der Organisation wurde eine Debatte über die Ethik und die Konsequenzen des Einsatzes dieser wahllos tötenden Substanzen geführt. Bin Laden war anfangs skeptisch gegenüber diesen Waffen, aber er sah sich mit der Opposition von Abu Hafs konfrontiert, der in dieser Frage die Falken anführte. Würden diese Waffen in muslimischen Ländern eingesetzt werden? Würden Zivilisten das Ziel sein? Die Tauben argumentierten, der Einsatz von Massenvernichtungswaffen werde die Welt gegen die Muslime einnehmen und einen massiven amerikanischen Schlag gegen Afghanistan auslösen. Bin Laden bevorzugte eindeutig Atomwaffen, aber dies warf weitere moralische Fragen auf. 16 Die Falken verwiesen darauf, dass die Amerikaner bereits zweimal Atombomben eingesetzt hatten (1945 in Japan) und im Irak gegenwärtig Bomben verwendeten, die abgereichertes Uran enthielten. Wer würde die Muslime schützen, sollten sich die Vereinigten Staaten entschließen, erneut Atomwaffen einzusetzen? Die Vereinten Nationen? Die arabischen Herrscher? Es war al-Qaidas Aufgabe, eine Waffe zu entwickeln, die die muslimische Welt vor dem westlichen Imperialismus schützen würde.
     
    ZU DEN GEMEINSAMEN Merkmalen der meisten Rekruten zählte neben ihrer urbanen Kultur, ihrem kosmopolitischen Hintergrund, ihrer Bildung, ihrer Sprachbegabung und ihren Computerkenntnissen die Entwurzelung. Die meisten von ihnen hatten sich dem Dschihad nicht in dem Land angeschlossen, in dem sie aufgewachsen waren. Da gab es Algerier, die in Ausländerenklaven in Frankreich lebten, Marokkaner, die nach Spanien ausgewandert waren, und Jemeniten, die in Saudi-Arabien wohnten. Trotz ihrer Leistungen genossen sie in den Gastländern kaum Respekt. Wie Sajid Qutb wurden sie erst im Westen zu radikalen Muslimen. Pakistanis in London stellten fest, dass sie weder echte Briten noch wirkliche Pakistanis waren. Dieses Gefühl der Marginalisierung betraf Libanesen in Kuwait ebenso wie Ägypter in Brooklyn. Allein, entfremdet und oft weit von der Familie entfernt, suchten diese Muslime im Exil Halt in der Moschee, wo sie Gefährten und den Trost der Religion fanden. Der Islam stellte das Bindeglied dar. Er war mehr als ihr Glaube: er war ihre Identität.
    Die Imame trugen der Entfremdung und Wut Rechnung, die diese Männer dazu bewegte, eine spirituelle Heimat zu suchen. Eine unverhältnismäßig große Zahl von Moscheen in den Einwanderungsländern waren von Saudi-Arabien finanziert worden. Als Imame wurden fundamentalistische Wahhabiten eingesetzt, von denen viele den heiligen Krieg priesen. Angetrieben von der Rhetorik und von den Legenden über den Sieg über Sowjetrussland, entschlossen sich viele junge Männer, nach Afghanistan aufzubrechen - üblicherweise schlossen sie sich zu kleinen Gruppen zusammen.
    Genau das taten auch vier junge Männer in Hamburg. 17
    Diese Stadt, eine der reichsten Städte in Deutschland, mit einer höhren Millionärsdichte als irgendeine andere städtische Region in Europa, war 1999 ein Bollwerk des liberalen Bürgertums. Hamburg verstand sich selbst eher als britisch denn als deutsch - distanziert aber höflich, patrizisch aber multikulturell - und war zu einem beliebten Ziel für ausländische Studenten und politische Flüchtlinge geworden, unter ihnen etwa 200 000 Muslime. 18 Mohammed Atta kam im Herbst 1992 in die Hansestadt und begann an der Technischen Universität Hamburg-Harburg Stadtplanung zu studieren. Ausländische Studenten konnten solange in Deutschland bleiben, wie

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