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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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stattdessen die Leute aus dem Washingtoner Büro schicken. Mawn wandte sich nun direkt an Louis Freeh, der sofort zustimmte, dass dies ein Fall für New York sei. Aber die Entsendung O’Neills war umstritten.
    „John ist der richtige Mann dafür“, beharrte Mawn. Es gab niemanden mit vergleichbarer Erfahrung, und niemand war so engagiert wie O’Neill. Die Antwort lautete: „Wenn etwas schief geht, müssen Sie den Kopf dafür hinhalten.“
    „Damit kann ich leben“, sagte Mawn.
    O’Neill war außer sich vor Freude. Die Untersuchung würde ihm eine große Chance eröffnen, den Machenschaften al-Qaidas auf den Grund zu gehen. Und dies war möglicherweise seine letzte Chance, seine Karriere zu retten. „Das ist genau das Richtige für mich“, sagte er zu einem Freund in Washington.
    O’Neill hatte viel gelernt, seit er vor fünf Jahren im Washingtoner Büro den Dienst angetreten und die Festnahme und Auslieferung von Ramsi Jussef koordiniert hatte. Eine dieser Lehren hatte gelautet, dass am Luftwaffenstützpunkt Andrews ständig Vorräte gelagert sein mussten, um jederzeit eine schnelle Eingreiftruppe entsenden zu können. Es dauerte daher kaum mehr als 24 Stunden, da saßen O’Neill und rund 60 FBI-Agenten und weiteres Personal im Flugzeug.
    Sie mussten in Deutschland einen Zwischenstopp einlegen, um die Genehmigung der jemenitischen Behörden zu einer FBI-Untersuchung abzuwarten. Der Jemen hielt noch an der Behauptung fest, bei der Explosion habe es sich um einen Unfall gehandelt. Es traf sich gut, dass viele der verwundeten Seeleute ebenfalls nach Deutschland gebracht worden waren, wo sie im Militärkrankenhaus oberhalb von Landstuhl behandelt wurden, dem größten amerikanischen Krankenhauskomplex außerhalb der Vereinigten Staaten. Während die Sprengstoffexperten die Haare und Kleider der Opfer nach Rückständen durchsuchten, ging O’Neill mit einem Beamten des internen Untersuchungsdienstes der Marine durch den Saal und befragte die Verwundeten. Viele dieser jungen Männer und Frauen waren noch keine 20 Jahre alt. Einige hatten Glieder verloren, andere hatten furchtbare Verbrennungen erlitten. Drei Seeleute waren zu schwer verletzt, um sie befragen zu können. Fähnrich zur See Kathy Lopez war vollkommen in Bandagen gehüllt, aber sie gab beharrlich durch Zeichen zu verstehen, dass sie etwas sagen wollte. Eine Krankenschwester hielt ihr Ohr an ihre Lippen, und sie flüsterte: „Schnappt sie euch.“
     
    ALS ALI SOUFAN, der junge arabischsprachige FBI-Agent, der erst vor kurzem der Einheit I-49 zugeteilt worden war, das Flugzeug in den Jemen bestieg, informierte O’Neill ihn darüber, dass er für den Fall USS Cole zuständig sein würde. Dies war die wichtigste Aufgabe in seiner bisherigen Karriere.
    Soufan ist ein hektischer Redner, und in seinem Akzent klingt der Tonfall seines Geburtslands Libanon mit. Er wusste, wie es war, in einem gesetzlosen Chaos zu leben, mit ansehen zu müssen, wie Städte zerstört wurden. Seine Familie war vor dem libanesischen Bürgerkrieg schließlich in die Vereinigten Staaten geflohen, und Amerika hatte ihn mit offenen Armen aufgenommen. Seine Erfahrung stand in krassem Gegensatz zu jener der entfremdeten Muslime im Westen, die sich auf der Suche nach einer Identität dem Islamismus zugewandt hatten. Er war nie Vorurteilen begegnet, weil er ein Araber oder ein Muslim war, ganz im Gegenteil: Er war zum Präsidenten der Studentenvertretung gewählt worden und hatte zahlreiche akademische Auszeichnungen errungen. Nachdem er an der Villanova University ein Studium der Internationalen Beziehungen abgeschlossen hatte, wollte er einen Doktortitel in Cambridge erwerben. Aber er war fasziniert von der amerikanischen Verfassung, und wie viele eingebürgerte Einwanderer fühlte er sich dem Land verpflichtet, das ihm ein neues Leben ermöglicht hatte. Kurz davor, seine akademische Laufbahn weiterzuverfolgen, entschloss er sich - „nur so zum Spaß“, wie er erklärt -, seinen Lebenslauf an das FBI zu schicken. Er hielt es für sehr unwahrscheinlich, dass ein Akademiker arabischer Herkunft einen Posten beim FBI erhalten würde, aber die geheimnisvolle Aura dieser Einrichtung lockte ihn, und offensichtlich sehnte sich ein Teil von ihm danach, aus dem Vorlesungssaal gerettet zu werden. Als er gerade seine Koffer packte, um nach England aufzubrechen, kam die Antwort: Er sollte sich innerhalb von zwei Wochen in der FBI-Akademie melden, um seine Ausbildung anzutreten.
    O’Neill

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