Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Standards der amerikanischen Justiz genügte; daher mussten seine Agenten bei den Verhören anwesend sein, die von den einheimischen Behörden vorgenommen wurden, damit die amerikanischen Gerichte die Gewissheit haben würden, dass Verdächtige nicht unter Folter ausgesagt hatten. Er versuchte auch, Augenzeugenberichte von Einheimischen zu sammeln, die die Explosion gesehen hatten. Doch sowohl die OPS als auch Botschafterin Bodine wollten das unbedingt verhindern.
„Sie wollen, dass ein Haufen 1,85 Meter großer irischstämmiger Amerikaner in Aden von Tür zu Tür geht?“, fragte Bodine. „Entschuldigen Sie die Frage, aber wie viele von Ihren Leuten sprechen Arabisch?“
Tatsächlich gab es in dem FBI-Kontingent nur ein halbes Dutzend Beamte, die des Arabischen mächtig waren, und die Sprachprobleme führten zu zahlreichen Missverständnissen. O’Neill behielt Ali Soufan zumeist an seiner Seite. Im Gespräch mit einem verstockten Oberst des jemenitischen Geheimdienstes rief O’Neill frustriert aus: „Gütiger Himmel, das ist ja, als würde man ihm einen Zahn ziehen!“Als der persönliche Dolmetscher des Obersts diese Bemerkung übersetzte, sprang der Offizier sichtlich erzürnt auf. „Was habe ich denn Schlimmes gesagt?“, fragte O’Neill Soufan. Dieser erklärte ihm, dass der Dolmetscher seine Worte folgendermaßen übersetzt habe: „Wenn Sie meine Fragen nicht beantworten, werde ich Ihnen die Zähne herausreißen!“
Die jemenitischen Behörden fühlten sich verständlicherweise bedrängt und unfair behandelt. Als Gegenleistung für die Beweise, die O’Neill verlangte, wollten sie Zugang zu allen Informationen haben, die das FBI außerhalb des Landes zu diesem Fall sammelte. Doch das konnte O’Neill aus rechtlichen Gründen nicht zusagen. Schließlich stellten die Jemeniten eine Videoaufnahme zur Verfügung, die von einer Sicherheitskamera im Hafen aufgenommen worden war. Doch anscheinend war der entscheidende Augenblick der Explosion aus der Aufnahme herausgeschnitten worden. Als sich O’Neill in seiner Verzweiflung an Washington wandte, schickte US-Präsident Clinton eine Mitteilung an Präsident Ali Abdullah Saleh. Doch auch diese Intervention bewirkte wenig. Das FBI war davon überzeugt, dass die Bomber einen Hinweis auf die Ankunft der Cole erhalten hatten, und wollte die Ermittlungen auf ein Mitglied der Familie des Präsidenten und auf einen Oberst der OPS ausweiten. Die jemenitischen Behörden zeigten verständlicherweise wenig Interesse, diesen Hinweisen nachzugehen.
O’Neill hatte seine gesamte Karriere damit verbracht, Polizisten aus anderen Ländern zu bezirzen. Er hatte festgestellt, dass die „Polypen“, wie er sie nannte, eine weltweite Bruderschaft bildeten. Doch einige seiner Ansuchen um Beweismaterial waren den einheimischen Ermittlern ein Rätsel, denn sie waren nicht mit den fortschrittlichen Spurensicherungstechniken vertraut, für die das FBI berühmt war. Selbst grundlegende Verfahren wie die Sicherung von Fingerabdrücken wurden nur selten angewandt. Die jemenitischen Polizisten konnten nicht verstehen, warum O’Neill die Herausgabe eines Hutes verlangte, den einer der Verschwörer getragen hatte. Das FBI wollte den Hut auf DNA-Spuren untersuchen. Selbst der Schlamm aus dem Hafenbecken, der Sprengstoffrückstände und winzige Stücke des Boots enthielt, durfte nicht untersucht werden, bis das FBI der jemenitischen Regierung eine Million Dollar zahlte, um das Hafenbecken ausbaggern zu dürfen. Der Schutt wurde auf Lastkähne geladen und zur Untersuchung nach Dubai gebracht.
In der jemenitischen Gesellschaft hatte der soziale Status große Bedeutung, und da Soufan seinen Vorgesetzten zum „General“befördert hatte, teilte man O’Neill als Ansprechpartner den General Hamoud Nadschi zu, den Kommandanten der Leibgarde des Präsidenten. General Nadschi erklärte sich schließlich bereit, die FBI-Ermittler zu der Stelle zu bringen, an der die Attentäter ihr Boot zu Wasser gelassen hatten. Die Polizei hatte einen zwölfjährigen Jungen namens Hani ausfindig gemacht, der am Pier geangelt hatte, als die Terroristen das Boot abgeladen hatten. Einer der Männer hatte ihm hundert jemenitische Rial - etwa 60 Cent - gegeben, um auf seinen Nissan-Geländewagen und den Bootsanhänger aufzupassen, aber er war nie zurückgekehrt. Die Polizei hatte das Kind in Gewahrsam genommen, um sicherzustellen, dass es nicht verschwand, und anschließend auch seinen Vater eingesperrt, damit er
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