Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
gefährlichen Orten gearbeitet. Während der irakischen Invasion Kuwaits war sie stellvertretende Missionschefin in Bagdad gewesen und hatte 137 Tage in der von irakischen Truppen belagerten amerikanischen Botschaft ausgeharrt, bis alle Amerikaner evakuiert worden waren. Und Barbara Bodine war ebenso energisch und unverblümt wie John O’Neill.
Bodine war der Meinung, es sei mit O’Neill vereinbart gewesen, dass er nicht mehr als 50 Leute mitbringen würde. Sie war wütend, als sehr viel mehr Ermittler und zusätzliches Unterstützungspersonal eintrafen. In ihren Augen war das so ähnlich, als würde ein Militärflugzeug „300 Schwerbewaffnete“absetzen, um das Dörfchen Des Moines unter Kontrolle zu bringen. (O’Neill erklärte, das Team habe lediglich 150 Mitglieder gehabt, nicht 300, und andere Agenten sowie Journalisten bestätigen seine Darstellung.) Die Botschafterin flehte O’Neill an, auf das heikle diplomatische Umfeld Rücksicht zu nehmen. O’Neill erwiderte, er sei nicht gekommen, um Diplomatie zu betreiben, sondern um ein Verbrechen aufzuklären. Genau so eine Antwort hatte Bodine nach ihren bisherigen Erfahrungen mit dem FBI erwartet. „Diese Leute kennen nur eine einzige Methode, und das ist die FBI-Methode“, meinte sie. „O’Neill war nicht einzigartig. Er war lediglich extrem.“
Sie wollte die fragile Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und dem Jemen erhalten, sie hatte hart gearbeitet, um diese Beziehung zu verbessern. Es mag sein, dass das Außenministerium und das FBI unterschiedliche Ziele verfolgten, aber in diesem Fall hatte Bodine klare Anweisungen vom Außenminister erhalten: Sie sollte für die Sicherheit der amerikanischen Ermittler sorgen und sie bei der Untersuchung unterstützen. 48 Diesen Aufgaben hatte sie Vorrang einzuräumen. Erst danach kam die Beziehung zur Regierung des Jemen. Doch anstatt die Anweisung zu befolgen, tat sie alles, um die Präsenz des Büros zu verringern, indem sie die Zahl der Agenten reduzierte und ihnen die schweren Waffen abnahm (mit dem Argument, dies diene ihrer eigenen Sicherheit). Unterdessen waren jeden Abend im Fernsehen Abgeordnete zu sehen, die im jemenitischen Parlament zum heiligen Krieg gegen die Vereinigten Staaten aufriefen.
Bodine ordnete an, das gesamte FBI-Team im Aden Hotel unterzubringen, in dem es bereits von amerikanischen Militärangehörigen und Regierungsvertretern wimmelte. Jeweils drei oder vier Beamte teilten sich ein Zimmer. „45 FBI-Mitarbeiter schliefen auf Matten im Ballsaal des Hotels“, berichtete O’Neill. Er richtete eine Befehlszentrale im achten Stock ein. 50 Marines hielten in der mit Sandsäcken verbarrikadierten Eingangshalle Wache. Rund um das Hotel waren jemenitische Soldaten mit Maschinengewehren postiert worden. Es war nicht vollkommen klar, worin ihre Aufgabe bestand - abgesehen davon, dass sie dafür sorgen sollten, die Amerikaner in dem Hotel zu halten. „Wir waren Gefangene“, erinnert sich einer der Agenten.
Am Tag nach seiner Ankunft bestieg O’Neill am frühen Morgen eine Barkasse, die ihn zur Cole brachte, die knapp einen Kilometer von der Küste entfernt vor Anker lag. Die Bergung der Toten war noch nicht abgeschlossen, und an Deck lagen in amerikanische Flaggen gehüllte Leichen. Im Bauch des Schiffes, das einst unverwundbar gewirkt hatte, hingen Fleischklumpen in einem Wust von Kabeln und Metall. Durch das Loch in der Schiffswand sah O’Neill die Taucher, die nach Leichen suchten, und im Hintergrund die Stadt, die den Hafen einrahmte wie ein antikes Freilufttheater.
Der Matrose, der für das Auftanken des Schiffes verantwortlich gewesen war, erzählte den Untersuchungsbeamten, dass es normalerweise etwa sechs Stunden dauerte, um die knapp eine Million Liter Treibstoff für das Schiff aufzunehmen. Sie waren an jenem Tag gerade erst 45 Minuten dabei gewesen, die Tanks zu füllen, als die Bombe detonierte. Der Matrose hatte anfangs geglaubt, die Treibstoffleitung sei explodiert, und hatte augenblicklich die Zufuhr gestoppt. Dann bedeckte auf einmal eine Wolke aus schwarzer Flüssigkeit das Schiff. Sie fühlte sich nicht ölig an. Sie bestand aus Rückständen der Bombe.
O’Neill verbrachte den Großteil seiner Zeit damit, die Beamten von der „Organisation für Politische Sicherheit“(OPS) - dem jemenitischen Gegenstück des FBI - dazu zu bringen, mit den amerikanischen Ermittlern zusammenzuarbeiten. Er wusste, dass eine Beweisführung erforderlich sein würde, die den
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