Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Hang eines lange verloschenen Vulkans, dessen eingestürzter Krater einen der großartigsten Tiefseehäfen der Welt bildet. Der Name hat seinen Ursprung in dem Glauben, an diesem Ort habe sich der Garten Eden befunden. Es wird auch erzählt, hier habe Noah seine Arche zu Wasser gelassen und es sei der Ort, an dem Kain und Abel begraben liegen. Diese uralte, sagenumwobene Stadt hatte in der britischen Ära Wohlstand genossen. Als sich die Briten im Jahr 1967 aus dem von ihnen beherrschten Südjemen zurückzogen, geriet dieser unter sowjetischen Einfluss und begann als Volksrepublik Jemen ein mühseliges sozialistisches Experiment. Im Jahr 1990 wurden der Süden und der islamisch geprägte Norden des Landes wiedervereinigt, doch es kam zu einem Bürgerkrieg, der bis 1994 dauerte. Die Bruchlinien des Konflikts waren immer noch sichtbar, und vom kosmopolitischen Charakter der Hafenstadt Aden war nach Jahrzehnten der Gewalt und Instabilität nicht viel geblieben.
An einer Tankboje im Hafen hatte die USS Cole angedockt, ein eine Milliarde Dollar teurer, mit Lenkwaffen ausgerüsteter Zerstörer, der dank modernster Tarnkappentechnologie für den Radar schwer zu erfassen war. 47 Aber im Hafen von Aden war die Cole nicht zu übersehen: Sie war mehr als 150 Meter lang und verdrängte 8300 Tonnen. Auf ihrem Deck erhoben sich gewaltige Antennen, die unentwegt kreisten, um den Himmel nach möglichen Bedrohungen abzusuchen. Die Cole zählte zu den „überlebensfähigsten“Schiffen der amerikanischen Kriegsmarine: Ihre lebenswichtigen Elemente waren durch 70 Tonnen schwere Panzerschilde geschützt, sie verfügte über passive Schutzmechanismen gegen chemische, biologische und nukleare Attacken, und ihre Außenhülle konnte einer Explosion von fast 23 000 Kilo pro Quadratzoll widerstehen. Neben den Tomahawk-Marschflugkörpern, von denen sie im Rahmen der Operation „Infinite Reach“einige abgefeuert hatte, war die Cole mit Antischiff- und Boden-Luft-Raketen, einer 120-Millimeter-Kanone sowie dem Phalanx Close-In Weapons System ausgestattet, das 50 20-Millimeter-Geschosse pro Sekunde abfeuern kann. Das AEGIS-Netz von Computern und Radaren konnte gleichzeitig hunderte nahende Geschosse oder Flugzeuge in einer Entfernung von mehr als 300 Kilometern erfassen. Die Cole war gut gerüstet für den Kampf gegen die sowjetische Kriegsmarine.
Am 12. Oktober 2000 um 11 Uhr 15 vormittags, als sich das Schiff gerade anschickte, wieder in See zu stechen, näherte sich ein kleines Fischerboot. Ein Teil der Seeleute stand an Deck, aber viele hielten sich unter Deck auf oder standen in der Bordkantine Schlange, um Essen zu fassen. Zwei Männer brachten das winzige Boot mittschiffs zum Stillstand, winkten den Matrosen an Deck lächelnd zu und nahmen stramme Haltung an. Die symbolische Wirkung und die Asymmetrie des Augenblicks waren genau so, wie Bin Laden es sich vorgestellt hatte. „Der Zerstörer stand für die Hauptstadt des Westens“, sagte er, „und das kleine Boot stand für Mohammed.“
Die Schockwelle der gewaltigen Explosion im Hafen warf Autos am Ufer um. In drei Kilometern Entfernung dachten die Leute zunächst an ein Erdbeben. In einem Taxi in der Stadt wurde Fahd al-Quso von der Detonation durchgeschüttelt. Er gehörte dem Unterstützungsteam von al-Qaida an und hätte den Angriff auf Video aufzeichnen sollen, war jedoch zu spät gekommen, weil er das telefonische Signal für den Angriff verschlafen hatte.
Ein Feuerball stieg von der Wasseroberfläche auf und verschlang einen Matrosen, der sich über die Reling gelehnt hatte, um zu schauen, was die Männer in dem Boot taten. Die Explosion öffnete ein 12 mal 6 Meter großes Loch in der Backbordseite des Schiffs und zerfetzte mehrere Seeleute, die auf das Mittagessen warteten. 17 Besatzungsmitglieder starben, 39 weitere wurden verletzt. Einige Seeleute sprangen durch das Loch ins Wasser, um den Flammen zu entkommen. Die Eingeweide des großartigen Kriegsschiffs lagen frei, als handelte es sich um ein ausgeweidetes Schlachttier.
WENIGE STUNDEN nach dem Angriff auf die Cole rief Barry Mawn in der FBI-Zentrale an und verlangte, dem New Yorker Büro die Leitung der Untersuchung zu übertragen. „Das war al-Qaida“, sagte er zum Stellvertreter des Chefs, Tom Pickard. Die Ermittlungen vor Ort sollte O’Neill leiten.
Wie bereits bei den Anschlägen auf die Botschaften lehnte Pickard mit dem Hinweis ab, es gebe keinen Beweis für eine Beteiligung von al-Qaida. Er wollte
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