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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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hatte. 46 In der Eingangshalle stank es nach Kerosin, das durch die Aufzugschächte gelaufen war, die sich in hochexplosive Brunnenschächte verwandelt hatten. Schwer beladene Feuerwehrmänner kämpften sich durch das Treppenhaus hinauf. Sie waren an Katastrophen gewöhnt, aber in ihren Augen stand Fassungslosigkeit und Unsicherheit. Die Retter zwängten sich an einem Strom von Menschen vorbei, die sich langsam und wie in Trance abwärts bewegten. Sie waren durchnässt und mit Schleim überzogen. Einige kamen aus den oberen Stockwerken und waren nackt und schwer verbrannt. Die Polizei schleuste sie zu den unterirdischen Tunneln, damit sie nicht von den Springern getroffen wurden. Es verbreitete sich das Gerücht, ein drittes Flugzeug steuere auf das World Trade Center zu. Plötzlich sprang einer der Aufzüge auf, der beim Aufprall des ersten Flugzeugs steckengeblieben war. Er gab ein Dutzend benommener Menschen frei, die seit dem Einschlag des Flugzeugs darin gefangen gewesen waren und keine Ahnung hatten, was geschehen war.
    Wesley Wong, ein Kommunikationsexperte des FBI, sprang durch ein geborstenes Fenster in die Eingangshalle und entging knapp dem herabstürzenden Körper eines Mannes mittleren Alters in blauen Hosen und weißem Hemd. Wong und O’Neill kannten einander seit mehr als 20 Jahren. Selbst in dieser Konfusion wirkte O’Neill ruhig und adrett im gewohnten dunklen Anzug mit weißem Taschentuch in der Brusttasche. Nur etwas verschmierte Asche auf dem Rücken seines Sakkos verriet, dass seine Welt zusammengebrochen war. O’Neill fragte Wong, ob er ihm irgendwelche Informationen geben könne, da er als jetzt Außenstehender nicht mehr in die Details eingeweiht sei. „Ist es wahr, dass das Pentagon getroffen wurde?“, fragte er. 47 „Ich habe keine Ahnung, John“, antwortete Wong. „Aber ich werde versuchen, es herauszubekommen.“O’Neill hatte Schwierigkeiten mit dem Empfang seines Mobiltelefons und begann sich zu entfernen. „Wir sprechen später darüber“, sagte er. Als Wong O’Neill zum letzten Mal sah, ging dieser in Richtung des Tunnels, der zum Südturm führte.
    Um 9 Uhr 38 war das dritte Flugzeug in das Hauptquartier des amerikanischen Militärs und das Symbol seiner Macht gerast. Als die Nachricht vom Schlag gegen das Pentagon hereinkam, signalisierte Bin Laden seinen fassungslosen Gefolgsleuten mit vier empor gestreckten Fingern, dass ein weiterer Coup bevorstünde. Doch der Anschlag auf das Kapitol in Washington sollte fehlschlagen.
    Ali Soufan versuchte vom Jemen aus, O’Neill zu erreichen, aber er kam nicht durch.
    Stephen Gaudin, der gerade aus der Sprachschule in Vermont zurückgekehrt war, hob an der Ecke Church Street und Vesey Street ein Stück von einem Flugzeug auf und dachte hilflos: „Ich habe einfach nicht genug Fragen gestellt.“Nur ein paar Schritte entfernt eilte Barry Mawn auf der Vesey Street in westliche Richtung. Er war auf dem Weg zur Noteinsatzzentrale der Polizei. Auf der Straße lag der Fuß einer Frau, der in einem rosafarbenen Socken in einem weißen Tennisschuh steckte. Plötzlich begann die Erde zu beben. Er hob den Kopf und sah, wie der Südturm mit wachsender Geschwindigkeit in sich zusammenstürzte und eine riesige graue Wolke zermalmten Betons ausspie, die in einer gewaltigen Kaskade über die Bürogebäude in der Umgebung hereinbrach. Es hörte sich an wie ein Schnellzug, der durch einen Bahnhof rast und einen gewaltigen Luftwirbel hinter sich her zieht. Mawn, der unter einem Bandscheibenschaden litt, humpelte hinter zwei Feuerwehmännern her, die durch die glaslosen Fenster des Gebäudes WTC 7 rannten. In der Eingangshalle hatten sechs oder sieben Männer Schutz hinter einer Säule gesucht. Einer der Feuerwehrmänner schrie ihnen zu, sie sollten sich aneinander festhalten. In diesem Augenblick flog der Schutt wie Bombensplitter herein. Hätten die Männer nicht hinter der Säule gestanden, wären sie zerfetzt worden. Der Raum wurde schlagartig dunkel und füllte sich mit ätzendem Staub, die Männer konnten in der dunklen Wolke kaum noch atmen. Draußen stand alles in Flammen.
    Einen halben Block entfernt hielten sich Debbie Doran und Abby Perkins, die der Einheit I-49 angehörten, im Keller eines Gebäudes an der Ecke Church und Vesey auf. Sie erinnerten sich an Rosie, die verschüttete Frau, die die Helfer nach dem Bombenanschlag in Nairobi im Jahr 1998 zu spät erreicht hatten. Sie war an Dehydrierung gestorben. Nun rechneten sie damit, selbst

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