Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Ihre schlackernden Körper schlugen auf dem Boden auf wie Granaten. Auf dem Platz vor dem Nordturm war alles für ein Mittagskonzert vorbereitet, und die Stühle waren mit Körperteilen übersät. Dutzende Schuhe lagen über die Fliesen verstreut. Im Gebäude gab es eine Kindertagesstätte, und O’Neill half, die Kinder in Sicherheit zu bringen. 43
In Afghanistan fiel es den Mitgliedern von al-Qaida schwer, das Signal des Satelliten einzufangen. Einer der Männer hielt die Schüssel hoch, aber er empfing nur ein Rauschen. Schließlich fand jemand im Radio die Frequenz der BBC in arabischer Sprache. Ein Nachrichtensprecher schloss gerade einen Bericht ab, als eine Eilmeldung hereinkam: Ein Flugzeug war mit dem World Trade Center in New York kollidiert! Die Mitglieder von al-Qaida, die dachten, dies sei bereits der ganze Anschlag gewesen, begannen vor Freude zu weinen und warfen sich zu Boden. Doch Bin Laden sagte: „Wartet, wartet.“ 44
Ali Soufan und eine Hand voll anderer Agenten befanden sich in der amerikanischen Botschaft im Jemen. Barbara Bodine war in ein anderes Land versetzt worden, und der neue Botschafter war noch nicht eingetroffen. Soufan sprach mit seiner Verlobten in den Staaten, als sie ihm plötzlich sagte, das World Trade Center sei angegriffen worden. Soufan bat den stellvertretenden Missionschef um Erlaubnis, das Büro des Botschafters betreten zu dürfen, um sich im Fernsehen über das Geschehen zu informieren. In dem Moment, als er das Gerät eingeschaltet hatte, raste das zweite Flugzeug in den Südturm.
Valerie James arrangierte gerade Blumen in ihrem Büro, als „sämtliche Telefone auf einmal zu klingeln begannen“. Es war kurz nach neun Uhr morgens. Ihre Kinder waren am Telefon und hatten panische Angst. Endlich rief O’Neill an. „Schatz, ich will nur, dass du weißt, dass ich in Ordnung bin. Mein Gott, Val, es ist entsetzlich. Überall liegen Körperteile herum. Weinst du?“Sie weinte. Er fragte sie, ob sie wisse, wovon das Gebäude getroffen worden sei. Sie sagte, ihr Sohn sei der Meinung, es sei eine 747 gewesen. John sagte: „Val, ich glaube, meine Arbeitgeber sind tot. Ich darf diesen Job einfach nicht verlieren.“
„Sie werden dich mehr als je zuvor brauchen“, sagte sie.
In Afghanistan weinte und betete Bin Laden ebenfalls. Dass es gelungen, war, die beiden Türme zu treffen, war ein überwältigendes Signal für die göttliche Gunst, aber es stand noch mehr bevor. Vor seinen ungläubigen Gefolgsleuten streckte Bin Laden drei Finger empor. 45
Um 9 Uhr 25 erhielt Anna DiBattista, die auf dem Weg zu einem Geschäftstermin in Philadelphia war, einen Anruf von O’Neill. Die Verbindung war gut, wurde dann aber schlechter. John sagte ihr, dass er in Sicherheit sei und sich außerhalb der Türme befinde. „Bist du sicher, dass du draußen bist?“, fragte sie. O’Neill antwortete, dass er sie liebe. Ihr war vollkommen klar, dass er in das Gebäude zurückkehren würde.
Der wolkenlose Morgenhimmel wurde von schwarzem Qualm und einem dichten Gestöber von Papier verdeckt: Memos, Fotos, Wertpapiertransaktionen, Versicherungspolicen, die von einer sanften Brise aus Südost meilenweit über den East River bis nach Brooklyn getragen wurden. Die Türme spuckten Schutt auf die bereits mit Leichen übersäten Straßen Manhattans. Einige Menschen waren beim Aufprall der Flugzeuge aus den Gebäuden geschleudert worden. Ein Mann trug das Bein eines anderen Menschen aus einem der Türme. Mehrere Feuerwehrmänner wurden von herabstürzenden Personen getroffen und sofort getötet.
Die Luft war vom Geheul der Sirenen erfüllt. Die Feuerwachen und Polizeistationen aus der ganzen Stadt leerten sich, als die Retter herbeieilten, von denen viele in den sicheren Tod gingen. Steve Bongardt lief auf die Türme zu. Ein Strom von Menschen wälzte sich in die entgegengesetzte Richtung. Dann hörte er die Detonation des zweiten Flugzeugs. „Da ist ein zweites Flugzeug!“, schrie jemand. Bongardt fragte sich, um was für ein Flugzeug es sich handeln mochte: vielleicht war es eine Privatmaschine, die vom Kurs abgekommen war. Dann sah er drei Straßenzüge von den Türmen entfernt eine der riesigen Turbinen liegen, die geradewegs durch den Turm geschleudert worden war. Sie war auf einer Frau gelandet, die noch lebte und sich darunter wand. In diesem Moment begriff Bongardt, dass dies Bin Ladens Werk war.
O’Neill kehrte in den Nordturm zurück, wo die Feuerwehr einen Befehlsstand eingerichtet
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