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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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wird!“Die Amerikaner konnten beinahe hören, wie am anderen Ende der Leitung die Hacken zusammengeschlagen wurden. Als Nächstes rief der General beim Flughafen an und verlangte, zum Piloten der Maschine durchgestellt zu werden. „Sie werden erst abheben, wenn mein Gefangener an Bord ist!“, befahl er.
    Um Mitternacht saß Quso im Büro der OPS. Er war in gereizter Stimmung. „Sie brauchen nicht mit mir zu reden, nur weil etwas in New York oder Washington passiert ist“, sagte er. Soufan zeigte ihm drei Überwachungsfotos, auf denen die Selbstmordattentäter Mihdhar und Hasmi zu sehen waren, aber Quso stritt ab, auf einer der Aufnahmen zu sehen zu sein.
    Am nächsten Tag überließ die CIA Soufan endlich das vierte Foto von dem Treffen in Malaysia, das bisher nie aufgetaucht war. Quso identifizierte die Person auf dem Foto widerwillig als Challad. Allerdings wusste Soufan bereits, wer dieser Mann war. Er war der Drahtzieher des Anschlags auf die Cole . Das Foto stellte erstmals einen Zusammenhang zwischen al-Qaida und dem Angriff am 11. September her.
    Soufan befragte Quso drei Nächte lang. Tagsüber schrieb er Berichte und stellte Nachforschungen an. In der vierten Nacht brach er vor Erschöpfung zusammen und wurde ins Krankenhaus gebracht. Doch am Morgen saß er wieder im Büro der OPS. Quso identifizierte Marwan al-Schehhi, den Todespiloten des United Airlines-Flugs 175, jener Maschine, die in den zweiten Turm eingeschlagen war. Er hatte Schehhi in einem Gästehaus in Kandahar getroffen. Er erinnerte sich daran, dass Schehhi während des Ramadan krank gewesen war und dass sich der Emir des Gästehauses um ihn gekümmert hatte. Der Name des Emirs war Abu Dschandal, der sich ebenfalls in Gewahrsam der jemenitischen Behörden befand. 1
    Abu Dschandal war für einen Jemeniten sehr groß gewachsen, kräftig, mit einem vollen dunklen Bart. Allerdings hatten ihn die Monate im Gefängnis zermürbt. Soufan erkannte sofort Bin Ladens Leibwächter in ihm.
    Abu Dschandal warf den Amerikanern einen finsteren Blick zu. „Was tun diese Ungläubigen hier?“, fragte er wütend. Er nahm einen der Plastikstühle, die am Verhörtisch standen, drehte ihn um, und setzte sich mit verschränkten Armen darauf, um den Ermittlern den Rücken zu kehren.
    Schließlich bewegte der FBI-Beamte Abu Dschandal dazu, sich ihm gegenüberzusetzen, aber der Häftling weigerte sich noch immer, Soufan anzusehen. Doch Abu Dschandal wollte durchaus reden: In rasantem Hidschasi-Dialekt gab er eine ausufernde Schimpftirade gegen Amerika von sich. Und er beklagte sich darüber, dass nie ein konkreter Vorwurf gegen ihn erhoben worden sei.
    „Warum hat man mich ins Gefängnis gesteckt?“, fragte er immer wieder.
    „Warum ist er in Haft?“, fragten die Amerikaner ihre jemenitischen Kollegen in einer Pause.
    „Er wird verdächtigt.“
    „Wessen wird er verdächtigt?“
    „Sie wissen schon, verdächtigt“ , antwortete der jemenitische Beamte.
    Soufan stellte fest, dass der Gefangene die Techniken zur Täuschung von Verhörspezialisten sehr gut beherrschte. Dinge, die Soufan bereits wusste, gab er bereitwillig zu, so etwa, dass er in Bosnien, Somalia und Afghanistan gekämpft hatte. Doch alles andere leugnete er. Mit seinen Antworten versuchte er, die Ermittler dazu zu bewegen, ihre Annahmen in Frage zu stellen. Abu Dschandal beschrieb sich als guten Muslim, der mit dem Dschihad geliebäugelt habe, jedoch davon enttäuscht sei. Er betrachtete sich nicht als einen Killer, sondern als einen Revolutionär, der versuchte, die Welt vom Bösen zu befreien, das seiner Meinung nach hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten kam, aus einem Land, über das er praktisch überhaupt nichts wusste.
    Im Lauf der folgenden Nächte fand Abu Dschandal wachsenden Gefallen an den Verhören. Er war Anfang Dreißig und damit älter als die meisten Dschihadis. Er war in Bin Ladens Heimatstadt Dschidda aufgewachsen und in religiösen Dingen bewandert. Er genoss es, Tee zu trinken und den Amerikanern Vorträge über die radikalislamische Deutung der Geschichte zu halten. Seine Geselligkeit war seine Schwachstelle. Soufan schmeichelte ihm und verwickelte ihn in eine theologische Debatte. Mit seinen Hetztiraden lieferte Abu Dschandal dem Ermittler einige nützliche Details: Er war des Kämpfens überdrüssig, er war beunruhigt darüber, dass Bin Laden ein Treuegelübde gegenüber Mullah Omar abgelegt hatte, er machte sich Sorgen um seine beiden Kinder, von denen eines unter

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