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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Kerker zu einem gewaltbereiten und unversöhnlichen Extremisten wurde. Sajat und andere Zeugen verweisen auf die Entwicklung seiner Beziehung zu Essam al-Kamari, mit dem er eng befreundet gewesen war und den er sehr verehrt hatte. Unmittelbar nach Sawahiris Verhaftung begannen Leute aus dem Innenministerium, ihn nach Major Kamari auszufragen, der ihnen noch immer nicht ins Netz gegangen war. Kamari war mittlerweile der meistgesuchte Mann in Ägypten. Er hatte bereits ein Feuergefecht mit Granaten und automatischen Waffen unversehrt überstanden, bei dem zahlreiche Polizisten verletzt oder getötet worden waren. Bei ihrer erbarmungslosen Suche nach Kamari scheuchten die Sicherheitsbeamten die angesehene Familie Sawahiri aus ihrem Haus, rissen die Böden auf und entfernten die Tapeten von den Wänden, um Beweismittel zu finden. Sie überwachten auch das Telefon, weil sie erwarteten, dass sich der Gesuchte irgendwann melden würde. Zwei Wochen später kam dieser Anruf schließlich. 41 Der Anrufer nannte sich „Dr. Essam“und wollte mit Sawahiri ein Treffen vereinbaren. Kamari wusste nicht, dass sich Sawahiri bereits in Polizeigewahrsam befand, da die Verhaftung nicht bekannt gegeben worden war. Ein Polizeibeamter, der sich als Familienmitglied ausgab, teilte „Dr. Essam“mit, dass Sawahiri nicht da sei. Der Anrufer erklärte, er wolle mit ihm in einer Moschee, die sie beide kannten, das maghreb sprechen, das Gebet zum Sonnenuntergang. 42
    „Kamari hatte ihm eine Adresse an der Straße nach Maadi genannt, doch er bemerkte die Polizisten und entkam abermals“, erzählte Fouad Allam, der damalige Leiter der Abteilung für Terrorismusbekämpfung im Innenministerium. Er ist eine onkelhafte Figur mit einer tiefen Bassstimme und hat seit 1965, als er Sajid Qutb vernahm, nahezu jeden bekannten islamischen Extremisten verhört. „Ich ließ Ajman al-Sawahiri in mein Büro bringen, um ihm einen Vorschlag zu machen.“Nach Allams Eindruck wirkte Sawahiri „scheu und distanziert. Er sieht einen nicht an, wenn man mit ihm spricht, was in der arabischen Welt ein Zeichen von Höflichkeit ist.“Nach Aussage von Sawahiris Onkel Mahfous war Sawahiri bereits grausam gefoltert worden und hatte wegen einer Verletzung am Fuß nur einen Schuh an, als er in Allams Büro kam. Allam ließ sich Sawahiris Telefonanschluss in sein Büro schalten und hielt Sawahiri dort fest, bis Kamari erneut anrief. Diesmal meldete sich Sawahiri und vereinbarte mit ihm ein Treffen in der Sawja-Moschee in Embaba. Wie geplant, begab sich Sawahiri zu dieser Moschee und verriet somit seinen Freund. 43
    Sawahiri gesteht dies in seinen Erinnerungen nicht ein, sondern äußert sich nur indirekt über die „Demütigungen“in der Haft. „Am schlimmsten ist es, dass der Mudschahid in der Gefangenschaft unter der Folter gezwungen wird, über seine Kameraden auszusagen, seine Bewegung eigenhändig zu zerstören und seine und die Geheimnisse seiner Kameraden dem Feind preiszugeben.“ 44
    Sadistischerweise steckten die Behörden Kamari in dieselbe Zelle, in der auch Sawahiri saß, nachdem dieser gegen ihn und 13 weitere Islamisten ausgesagt hatte. Kamari wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt. „Wie üblich nahm er die Nachricht mit seiner einzigartigen Ruhe und Gefasstheit entgegen“, berichtete Sawahiri. „Er versuchte sogar, mich zu trösten und sagte: ‚Ich bemitleide dich wegen der Last, die du zu tragen hast.‘Im Jahr 1988 wurde Kamari von der Polizei erschossen, nachdem er aus dem Gefängnis geflohen war. 45
     
    SAWAHIRI war der Angeklagte Nr. 113 von insgesamt 302 Beschuldigten, denen die Planung oder Beteiligung an dem Attentat sowie andere Vergehen zur Last gelegt wurden (im Fall von Sawahiri war es Waffenhandel). Gegen Leutnant Islambouli und 23 weitere Angeklagte, die den Anschlag ausgeführt hatten, wurde getrennt verhandelt. Islambouli und vier Mitverschwörer wurden zum Tod durch den Strang verurteilt. Nahezu jeder bekannte Islamist in Ägypten wurde mit der Verschwörung in Verbindung gebracht. So wurde zum Beispiel Sawahiris Bruder Mohammed in Abwesenheit verurteilt, später wurden die Beschuldigungen gegen ihn allerdings fallen gelassen. Sein jüngerer Bruder Hussein verbrachte 13 Monate im Gefängnis, bevor auch gegen ihn das Verfahren eingestellt wurde.
    Die übrigen Angeklagten, bei denen es sich teilweise um Jugendliche handelte, wurden in einem Käfig zusammengepfercht, der sich quer durch den großen provisorischen Gerichtssaal im Kairoer

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