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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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die anschließend die Meldung über die Islamische Revolution verbreitet werden sollte, die im gesamten Land, so hoffte er, einen Volksaufstand auslösen würde. 36 Wie Sawahiri später einräumte, sei dies „ein sehr hochtrabender, künstlicher Plan“gewesen.
    Ein anderes führendes Mitglied von Sawahiris Zelle war ein Panzerkommandeur namens Essam al-Kamari. Aufgrund seiner Tapferkeit und seiner Intelligenz war Major Kamari schon mehrmals schneller befördert worden als seine Kameraden. Sawahiri beschrieb ihn als „einen edlen Menschen im wahren Sinn des Wortes. Dass er die Leiden meist bereitwillig und still ertrug und so viele Opfer brachte, entsprang seinem ehrbaren Wesen.“ 37 Obwohl Sawahiri formell die Zelle leitete, trat er häufig hinter Kamari zurück, der ein geborener Befehlshaber war - eine Eigenschaft, die Sawahiri eindeutig fehlte. Einmal mahnte Kamari ihn: „Wenn du Mitglied einer Gruppe bist, kannst du nicht deren Führer sein.“ 38
    Kamari begann Waffen und Munition aus Armeelagern herauszuschmuggeln und versteckte sie in Sawahiris Praxis in Maadi, die in einem Untergeschoss des Zweifamilienhauses untergebracht war, in dem seine Eltern lebten. Als die Waffen im Februar 1981 von der Praxis zu einem Lagerhaus gebracht werden sollten, verhaftete die Polizei einen jungen Mann, der eine Tasche mit Schusswaffen, Militärbulletins und Karten bei sich hatte, auf denen sämtliche Panzerstandorte in Kairo eingezeichnet waren. Kamari begriff, dass man ihm nun bald auf die Spur kommen würde, und tauchte unter, aber mehrere seiner Offizierskollegen wurden verhaftet. Sawahiri blieb unerklärlicherweise unbehelligt.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die ägyptische Regierung angenommen, den islamistischen Untergrund ausgelöscht zu haben. Im September dieses Jahres ordnete Sadat die Verhaftung von mehr als 1500 Personen an, darunter auch viele bekannte Persönlichkeiten, nicht nur Islamisten, sondern auch Intellektuelle ohne religiöse Ambitionen, Marxisten, Kopten, Christen, Studentenführer, Journalisten und Ärzte, die der Muslimbruderschaft angehörten - eine bunte Mischung von Dissidenten aus den unterschiedlichsten Bereichen. Sawahiri fiel durch die Maschen des Fangnetzes, doch die meisten übrigen Führer von al-Dschihad wurden festgenommen. Unterdessen hatte eine militärische Dschihad-Zelle in großer Eile einen Plan entwickelt, um eine sich in Kürze bietende günstige Gelegenheit zu nutzen. Der 23-jährige Leutnant Chaled Islambouli hatte sich bereit erklärt, Sadat bei einer Militärparade im folgenden Monat zu töten.
     
    SAWAHIRI sagte später, er habe von diesem Plan erst am 6. Oktober 1981 gegen neun Uhr früh erfahren, wenige Stunden vor dem Anschlag. Ein Mitglied seiner Zelle, ein Apotheker, überbrachte ihm die Nachricht. „Ich war überrascht und erschüttert“, erklärte er im Verhör. Der Apotheker drängte darauf, etwas zu unternehmen, um den Verschwörern zu helfen. „Aber ich sagte zu ihm ‚Was können wir tun? Sollen wir auf den Straßen herumschießen und uns von der Polizei einsperren lassen? Wir können gar nichts tun.‘“Sawahiri begab sich wieder zu seinen Patienten. Als er einige Stunden später erfuhr, dass die Militärparade noch im Gang war, nahm er an, dass das Unternehmen fehlgeschlagen sei und alle Beteiligten verhaftet worden seien. Er ging zu einer seiner Schwestern, die ihm mitteilte, dass die Parade abgebrochen und der Präsident unversehrt weggebracht worden sei. Die Wahrheit sollte erst später bekannt werden.
    Sadat hatte den 8. Jahrestag des Krieges von 1973 gefeiert. Umgeben von politischen Würdenträgern, darunter auch mehrere amerikanische Diplomaten sowie Boutros Boutros-Ghali, der spätere UNO-Generalsekretär, hatte Sadat das Defilee der Truppen abgenommen, als plötzlich ein Militärfahrzeug auf die Tribüne zuraste. Leutnant Islambouli und drei weitere Verschwörer sprangen heraus und schleuderten Handgranaten auf die Tribüne. „Ich habe den Pharao getötet!“, schrie Islambouli, nachdem er das Magazin seiner Maschinenpistole auf den Präsidenten abgefeuert hatte, der trotzig aufrecht stehen blieb, bis sein Körper von Kugeln durchsiebt war.
    Die Nachricht von Sadats Tod, die später am Nachmittag verbreitet wurde, rief in der arabischen Welt nur wenig Trauer hervor, da Sadat wegen seines Friedensschlusses mit Israel von vielen als Verräter betrachtet wurde. Nach Sawahiris Auffassung hatte das Attentat nichts dazu beigetragen, der Errichtung

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