Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
den heiligen Krieg auszurufen, stärkten die wahhabitischen Geistlichen ihre Stellung als Schiedsrichter zwischen den verschiedenen Mächten in dieser stark religiös bestimmten Gesellschaft. Der König besiegte schließlich die Kamelreiter der Ichwan mit Hilfe von Motorrädern, Maschinengewehren und britischen Bombern. Doch die Spannung zwischen der Königsfamilie und religiösen Eiferern war von Anfang an Teil der sozialen Dynamik des modernen Saudi-Arabiens.
Die meisten Saudis lehnen die Bezeichnung Wahhabiten ab; sie nennen sich entweder muwahhidun - Unitarier -, denn den Kern ihres Glaubens bildet die Einheit Gottes, oder Salafisten, was sich auf ihre Vorbilder ( salaf ) bezieht, die verehrten Weggefährten des Propheten. Der Gründer der Bewegung, Mohammed Ibn Abdul Wahhab, wollte das 18. Jahrhundert wieder aufleben lassen und glaubte, dass sich die Muslime von der wahren Religion entfernt hätten, die im Goldenen Zeitalter des Propheten und seinen direkten Nachfolgern begründet worden war. Neben anderen theologischen Neuerungen 13 glaubte Abdul Wahhab auch daran, dass Gott in Menschengestalt erscheine; er lehnte die Fürsprache von Heiligen und die Verehrung von Toten ab und verlangte, dass sich muslimische Männer den Bart nicht schneiden dürften. Er verbot Feiertage, sogar das Feiern des Geburtstags des Propheten, und seine Anhänger zerstörten viele heilige Stätten, die er als Götzentempel betrachtete. Er kritisierte die Kunst als gotteslästerlich und gefährlich. Seinen Anhängern erlaubte er, all jene zu töten, zu schänden oder zu berauben, die sich weigerten, seinen Verfügungen Folge zu leisten. 14
Andere arabische Muslime betrachteten Abdul Wahhab dagegen als einen gefährlichen Ketzer. Als er 1744 aus dem Nadschd vertrieben wurde, dem Zentrum der arabischen Halbinsel, begab er sich unter den Schutz von Mohammed Ibn Saud, des Gründers des ersten saudi-arabischen Staates. Obwohl die Osmanen die Saudis bald niederwarfen, blieb die Partnerschaft, die Abdul Wahhab mit der Familie Saud geknüpft hatte, bestehen. Den Kern ihres Bündnisses bildete die Überzeugung, dass es keinen Unterschied zwischen Religion und Staat gebe. Abdul Wahhabs extreme Ansichten sollten dauerhaft eine tragende Säule der Herrschaft der Saudis bilden.
Im 19. Jahrhundert entstand ein zweiter saudi-arabischer Staat, der jedoch nach Auseinandersetzungen innerhalb der Familie rasch wieder zerfiel. Als Ibn Saud im 20. Jahrhundert seine Familie zum dritten Mal an die Macht brachte, wurden die Lehren von Abdul Wahhab zur Staatsreligion erhoben und alle anderen Formen der islamischen Religionsausübung verboten. Dies geschah im Namen des Propheten, der verfügt hatte, dass es in Arabien nur eine Religion geben dürfe. In der voreingenommenen Sichtweise der Wahhabiten gab es auch nur eine rechtmäßige Auslegung des Islams - den Salafismus -, alle übrigen muslimischen Denkschulen galten als Abweichler.
IN MOHAMMED BIN LADENS Karriere spiegelte sich das zunächst langsame, dann explosive Wirtschaftswachstum Saudi-Arabiens. Bei seiner Ankunft 1931 befand sich das junge Königreich im wirtschaftlichen Niedergang. Haupteinnahmequelle waren die Pilger, die jedes Jahr während der Hadsch zu den heiligen Stätten in Mekka und Medina strömten, doch infolge der Weltwirtschaftskrise waren die Pilgerströme abgeebbt, und sogar der Export von Datteln, der für bescheidene Einnahmen gesorgt hatte, war zurückgegangen. Die Zukunft des Landes versprach im besten Fall ähnlich trostlos zu werden wie seine Vergangenheit. Auf Einladung des verzweifelten Königs war im April jenes Jahres der amerikanische Geologe Karl Twitchell nach Saudi-Arabien gekommen, um nach Wasser und Gold zu suchen. 15 In dieser Hinsicht wurde er zwar nicht fündig, doch er glaubte, es könnte Erdölvorkommen geben.
Twitchells Entdeckung schuf die Grundlage für die Entwicklung eines Gemeinschaftsprojekts, das als Arabian American Oil Company bekannt wurde, abgekürzt Aramco. Im Lauf der folgenden Jahre baute eine kleine Gruppe von Ingenieuren und Bohrarbeitern in der Ostprovinz ein Ölförderunternehmen auf. Aramco war anfänglich eine kleine Firma, doch da das Wirtschaftsleben im Land weitgehend darniederlag, stieg sie bald zum führenden Unternehmen des Landes auf. Mohammed Bin Laden, der als Hafenarbeiter in Dschidda begonnen hatte, fand eine Anstellung bei Aramco und arbeitete als Maurer in Dhahran. 16
Der erste große Ölboom in den fünfziger Jahren setzte die
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