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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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aufwuchs. Im 12. Jahrhundert entwickelte sich ein Kult um ihr vermutetes Grabmal, in dem die Überreste ihres riesenhaften, fast 150 Meter langen Körpers liegen sollen und über dem sich an der Stelle, wo sich angeblich ihr Nabel befand, ein Kuppelschrein erhebt. Der berühmte britische Reisende und Orientalist Sir Richard Francis Burton besuchte das Grab 1853, vermaß es und bemerkte dazu: „Wenn unsere Urahnin 120 Schritte maß vom Kopf bis zum Fuß und 80 Schritte von der Hüfte zu den Fersen, muss sie stark einer Ente geähnelt haben.“ 6 Die Wahhabiten, die Anhänger der in Saudi-Arabien vorherrschenden islamischen Glaubensrichtung, die eine Verehrung von Gräbern ablehnen, zerstörten die Stätte 1928, nachdem der Hedschas und mit ihm Dschidda 1925 von Ibn Saud erobert und zum Königreich Hedschas und Nadschd erklärt worden war (seit 1932 Saudi-Arabien). Heute ist an dieser Stelle ein gewöhnlicher wahhabitischer Friedhof mit langen Reihen einförmiger, nicht markierter Gräber, die aussehen wie unbepflanzte Blumenbeete. Der Vater von Osama Bin Laden wurde hier beerdigt 7 , nachdem er 1967 im Alter von 59 Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. 8
    Welch brennenden Ehrgeiz der Sohn entwickelte, lässt sich nur ermessen, wenn man die Leistungen des Vaters berücksichtigt. Unnahbar, einflussreich, aber bescheiden im Auftreten, war Mohammed Bin Awad Bin Laden schon vor der Geburt Osamas zu einer lebenden Legende geworden. Er stellte ein mächtiges Vorbild dar für einen jungen Mann, der ihn verehrte und hoffte, es ihm zumindest gleich tun zu können, wenn er ihn schon nicht zu überflügeln vermochte. Mohammed war in einem entlegenen Tal im Zentraljemen zur Welt gekommen. Diese Region, die den Namen Hadramaut trägt, ist für ihre filigranen, aus Lehmziegeln errichteten Häuser bekannt, die aussehen wie Sandburgen und bis zu zwölf Stockwerke hoch aufragen. Durch diese fantasievollen Bauwerke machten sich die Bewohner des Hadramaut einen Namen als Baumeister und Architekten. 9 Doch in erster Linie ist das Hadramaut bekannt geworden durch die Menschen, die es verlassen haben. Über Jahrtausende haben sie ihren Weg gesucht durch die große Sandwüste im Süden der arabischen Halbinsel und dann entlang der Berge, die sich an der Ostküste des Roten Meeres erheben und sich in den Hedschas erstrecken, jenen Landstrich, in dem der Islam geboren wurde. Von dort zogen viele von ihnen hinaus in die Levante und nach Südostasien, manche gingen sogar auf die Philippinen, und bildeten eine weitläufige Bruderschaft von Kaufmännern, Geschäftsleuten und Bauunternehmern. Eine verheerende Dürre trieb Anfang der dreißiger Jahre Tausende Bewohner Hadramauts aus dem Land und zwang sie, sich anderswo durchzuschlagen. Zu ihnen gehörte auch Mohammed Bin Laden. Nach einem kurzen Aufenthalt in Äthiopien 10 fuhr er mit dem Schiff nach Dschisan an der südarabischen Küste 11 und schloss sich dort einer Kamelkarawane nach Dschidda an. Bei seiner Ankunft in der Stadt 1931 war er 23 Jahre alt.
    Anfang der dreißiger Jahre war Arabien eine der ärmsten, rückständigsten Regionen der Welt. Es war noch nicht vereinigt - das Königreich Saudi-Arabien entstand erst 1932. Der Herrscher über dieses zersplitterte Wüstenreich war Abdul Asis Bin Abdul Rahman Bin Faisal al-Saud, im Westen besser bekannt unter dem Namen Ibn Saud, der in Riad in einem bescheidenen Palast aus Lehmziegeln residierte. Er hatte gerade einen Aufstand der Ichwan niedergeschlagen, einer Gruppe religiöser Fanatiker, eine Art Vorläufer von al-Qaida. Sie hatten einst die Sturmtruppen von Ibn Saud gebildet und bei ihrem Feldzug zur „Reinigung“der arabischen Halbinsel im Namen des Islam Tausende unschuldiger und unbewaffneter Menschen massakriert. 12 Der König wollte die Ichwan stärker unter Kontrolle bringen und verhindern, dass sie auf ihren Raubzügen in Nachbarländer vorstießen. Die Ichwan lehnten das Bündnis des Königs mit Großbritannien ab und verurteilten seinen ausschweifenden Lebensstil und seine Vielweiberei, doch der ausschlaggebende Grund für ihre Revolte war sein Versuch, den heiligen Krieg einzudämmen, der nach ihrem Verständnis unbegrenzbar war und eine Pflicht gegenüber Gott darstellte.
    Ibn Saud hatte sich von den geistlichen Führern die Erlaubnis beschafft, die mordlustigen Eiferer in die Schranken zu weisen. Dies war der Geburtsstunde des modernen Saudi-Arabien. Indem sie dem König das alleinige Recht zugestanden,

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