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Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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ist gratis. Ich erwarte, daß Sie herausfinden, ob und wie die beiden Fälle zusammenhängen.« Laurenti wies auf die Akten, die sich Popeya auflud und dabei den Bizeps anspannte, daß fast die Haut platzte. Dann schloß er hinter ihr die Tür, ließ sich auf seinen Stuhl fallen und legte die Füße auf den Tisch. Was für eine Überraschung! Was für ein dummer Tag! Wenn in der Ferne ein Gewitter aufzieht, sind die Menschen komisch in den Stunden davor. Und wenn Marietta endlich vom Mittagessen zurückkäme, gäbe es einiges zu besprechen. Was fiel ihr ein, diesen Muskelfloh unbeaufsichtigt in sein Büro zu setzen? Und weshalb war er nicht davon unterrichtet, daß die Neue heute eintreffen sollte? Und daß es eine Frau war, die vermutlich bei jedem Dopingtest disqualifiziert würde? Dieser fürchterliche Maiausbruch in Mariettas Gefühlsgarten richtete viel Schaden an. Und wo war eigentlich Sgubin? In ein paar Minuten würde auch noch Calisto auftauchen.
    »Es wartet viel Arbeit auf dich«, sagte Laura, die ihn auf dem Mobiltelefon gerade in dem Moment anrief, als er Sgubins Nummer am Tischgerät gewählt hatte. »Die Müllabfuhr kommt leider nicht bis ans Haus herunter. Ich habe heute morgen die ganzen Trümmer von gestern abend beseitigt. Vier große Müllsäcke voll, dazu die ganzen Weinflaschen für den Glascontainer.«
    Laurenti schimpfte in sich hinein, daß Marco sie in den letzten Wochen auch noch dazu abgerichtet hatte, die Flaschen nicht mehr in die allgemeine Mülltonne zu werfen. Jedesmal mußte er sie bis nach Barcola fahren und dort entsorgen, nur weil an der ganzen Küste kein einziger Glascontainer stand. Sein Sohn mochte vielleicht recht haben, aber eine Last war es dennoch. Und Marco hatte schon mit der zweiten Stufe seines Umerziehungsprogramms begonnen: Inzwischen sammelten die Laurentis auch das Altpapier.
    »Ich bin seit halb fünf auf den Beinen. Wo sind all die brillanten Liebhaber unserer Töchter?«
    »Die Kinder haben Ferien, Proteo«, flötete Laura. »Außerdem habe ich heute noch niemand von ihnen gesehen, und Marco ist schon wieder bei der Arbeit.«
    »Schick diesen Haarabschneider hinauf! Er langweilt sich sowieso. Der liest nicht einmal ein Buch«, sagte Laurenti.
    »Ich muß heute nachmittag auch ins Büro. Angeblich will jemand ein Tagebuch von Goethe versteigern lassen. Ich glaube zwar nicht, daß es wahr ist, aber man weiß nie. Wenn es stimmt, ist es ein gutes Geschäft. Übrigens haben sich alle für das Fest gestern abend bedankt. Bis auf Galvano natürlich. Selbst die Griechin rief an und zerschmolz fast am Telefon. Und Stella, Elisabetta, Cristina, Daniela! Es muß ein schönes Fest gewesen sein.«
    »Ich weiß noch nicht, wann ich nach Hause komme«, log Proteo Laurenti, der sich vorgenommen hatte, sich so früh wie möglich aus dem Staub zu machen und einen zweiten Versuch mit   Moby Dick   zu starten. Wenn am eigenen Strand niemand war, würde er sich gerne auch einmal ungestört dort breitmachen. Und da Laura in ihr Versteigerungshaus mußte, stand die Chance gut, von ihren Freundinnen und der anschließenden Čevapćići-Grillerei verschont zu bleiben.
    Durch die geschlossene Tür des Vorzimmers vernahm er lautes Reden. Doch bevor Laurenti nachsehen konnte, kam bereits Marietta herein. Das schwarze Ledertop hatte sie wegen der Hitze um einen weiteren Knopf geöffnet, und der weiße Stoffstreifen, der ihr Rock sein sollte, hatte sich seit dem Morgen einige Falten eingehandelt, die ihn nicht länger machten. Overdressed war sie wirklich nicht.
    »Warum hast du die Neue zu mir ins Büro gesetzt?« fragte sie aufgebracht, bevor er den Mund öffnen konnte. »Es ist so schon eng genug.«
    »In Sachen Mode kann sie einiges von dir lernen.« Er ließ seinen Blick über Marietta streifen. »Haben dir die Kollegen in der Kantine wenigstens hinterhergepfiffen? Und warum war ich nicht darüber informiert, daß die Neue heute kommt?« Laurenti konnte sehr schnell sprechen, wenn er sauer war.
    »Ich habe es dir gesagt.« Marietta zog mit beiden Händen den Rock glatt.
    »Es wird Zeit, daß hier wieder Ordnung einkehrt. Ab morgen möchte ich, daß wieder mit festen Zeiten gearbeitet wird. Von halb neun bis siebzehn Uhr dreißig. Fünfundvierzig Minuten Mittagspause. Pünktlich, sonst ruf ich die Polizei. Das kannst du auch Sgubin sagen und all den anderen. Ferner erwarte ich, wie üblich morgens als erstes den Bericht über die Geschehnisse des Vortags zu bekommen. Alles, Polizia di

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