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Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Kollegen haben ihn angehalten. Er war ziemlich alkoholisiert, aber sie haben auf einen Test verzichtet. Die Männer kannten ihn. Dafür bestanden sie darauf, daß er seinen Wagen stehenließ, und brachten ihn nach Hause. Er wurde erwartet. Vor dem Haus stand eine junge Frau und versuchte, sich dem Doktor in Gebärdensprache verständlich zu machen. Mitte Zwanzig, kurze blonde Haare, einfache Kleidung. Galvano hat sie mit hinaufgenommen.«
    »Sagen Sie Ihren Leuten bitte, sie mögen ein Auge auf das Haus werfen. Vielleicht können sie öfter vorbeifahren und schauen, ob Licht brennt. Und falls die Frau rauskommt, sollen sie sie überprüfen.«
    Was hatte die Taubstumme bei Galvano zu suchen? Unmöglich, daß der alte Zyniker sich eine Geliebte leistete, selbst wenn sie nicht in der Lage war, ihm lautstark zu widersprechen. Der Hund reichte ihm doch völlig. Laurenti wählte Galvanos Nummer. Als er bereits beunruhigt auflegen wollte, nahm der Alte endlich ab.
    »Ich wollte nur wissen, ob Sie gut nach Hause gekommen sind«, entschuldigte er sich.
    »Natürlich. Warum denn nicht?«
    »Sie haben sich nicht einmal verabschiedet. Ich war etwas besorgt, weil Sie zuviel getrunken haben. Es wäre nicht das erste Mal, daß Sie ein Verkehrsschild umlegen und sich aus dem Staub machen.«
    »Keine Sorge, Laurenti. Ich glaube kaum, daß du noch so fit sein wirst, falls du je mein Alter erreichst. Und deine Gäste sind schrecklich langweilig und schlecht erzogen. Irgend jemand muß es dir sagen. Unter Freunden. Paß auf deinen Sohn auf, er steht unter schlechtem Einfluß. Ist sonst noch etwas?«
    »Ist denn bei Ihnen alles in Ordnung?«
    »Natürlich. Was soll die Frage?«
    »Dann gute Nacht, Doc. Sie haben ja meine Nummer.«

Hört das denn nie auf?
    »Du solltest das Zimmer immer abschließen«, flüsterte er ihr ins Ohr und küßte sie. Sie zog die leichte Decke über den Kopf und drehte sich mit einem Grummeln um. Nach einem weiteren Kuß öffnete sie langsam die Augen und lächelte, als sie Laurenti erkannte.
    Er hatte kaum geschlafen. Um halb fünf war er ans Meer hinuntergegangen, um ein kurzes Stück zu schwimmen und die Schatten des Alkohols vom gestrigen Abend abzustreifen. Nachdem die letzten Gäste sich gegen zwei Uhr verabschiedet hatten, hatten er und Laura noch das Nötigste aufgeräumt und Scherze über den Abend gemacht. Laura hatte ihn samt Kleidung unter die kalte Dusche geschubst, als sie ihn im Badezimmer beim Zähneputzen antraf. Laut lachend waren sie übereinander hergefallen. Laurenti erinnerte sich nicht, wie spät es war, als sie das Licht im Schlafzimmer löschten.
    Das Bad im Meer erfrischte ihn und er bemerkte, daß er während der letzten Tage ganz gegen seine Gewohnheit zum Frühaufsteher geworden war. Ohne Kaffee zu trinken ging er schließlich aus dem Haus und staunte nicht schlecht, alser seinem Sohn begegnete, der soeben seinen Motorroller abstellte und sich mit einem verlegenen Gruß an ihm vorbeischleichen wollte.
    »Ich dachte, du seist nach solch einem Tag längst im Bett«, sagte Laurenti und hielt ihn am Arm fest. »Das Abendessen war ein voller Erfolg. Gut gemacht. Aber du solltest nicht trinken, wenn du mit dem Roller fährst.« Dann fiel sein Blick auf den Arm des Jungen. »Was hast du da?« fragte Laurenti.
    »Wo?« fragte Marco verwundert.
    »Ist das Autolack?«
    »Ich habe einem Freund geholfen. Wir haben seine Karre neu lackiert.«
    »Mitten in der Nacht?« Laurenti schüttelte den Kopf.
    »Es ging nicht anders. Er hatte einen Unfall. Es war das Auto seines Vaters.«
    »Hoffentlich geht das Zeug ab. Versuchs mit Alkohol.«
    »Mach ich, Papà. Gehst du jetzt schon ins Büro?«
    Laurenti verabschiedete ihn mit einem Klaps auf die Schulter. Eine Viertelstunde später klingelte er den Nachtportier des Hotels »James Joyce« in der Città vecchia heraus und sagte, daß er erwartet würde. Erst als der Mann seine Dienstmarke sah, ließ er Laurenti durch und unfreundlich nahm er die Anweisungen für das Frühstück entgegen, das Laurenti für sieben Uhr aufs Zimmer bestellte.
    »Weshalb bist du so blaß?« fragte Živa und fuhr im zärtlich mit der Hand über die unrasierte Wange.
    Er erwachte vom Geruch des Kaffees und dem Klappern des Geschirrs.
    »Der Mann hat vielleicht Augen gemacht«, kicherte Živa und reichte ihm die Tasse.
    »Weshalb?«
    »Er sah dich im Bett liegen, als er das Frühstück brachte und sagte, er dachte, du seist dienstlich hier.«
    »Hoffentlich hält er den Mund.

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