Der Tod wirft lange Schatten
Ich glaube zwar nicht, daß er meinen Namen lesen konnte, aber man weiß nie.«
»Ich habe ihm ein ordentliches Trinkgeld gegeben. Magst du ein Brioche?«
Sie saßen im Bett und frühstückten. Laurenti erzählte von dem Fest und Galvanos Streit mit Stefania Stefanopoulos. Er sagte, daß er sich Sorgen um den alten Gerichtsmediziner machte, und irgendwann berichtete er von seiner Begegnung mit den Leuten vom Geheimdienst.
»Läuft da etwas, über das du informiert bist, Živa?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Hast du in der letzten Zeit mit den Italienern zu tun?«
Živa lachte. »Bist du etwa keiner?«
»Amtlich.«
»Vermutlich betrifft es die Slowenen.«
»Das Boot fährt einen anderen Kurs.« Laurenti ließ nicht locker. Es war unwahrscheinlich, daß die Staatsanwältin, die für den kroatischen Teil der istrischen Halbinsel verantwortlich zeichnete, nicht Bescheid wußte, wenn eine gemeinsame Aktion zwischen den beiden Ländern lief. Ob sie darüber reden konnte, war eine ganz andere Sache. »Weich mir bitte nicht aus.«
»Ich weiß von nichts außer den üblichen Kontakten.« Živa goß Kaffee nach.
Laurenti glaubte ihr nicht. »Über die Ermittlungen gegen Zakinji hast du mir auch nichts gesagt. Erst von der Festnahme und den Drogen auf seinem Schiff.«
»Ich kann dir unmöglich jeden Schritt meines Tagesablaufs erzählen. Aber wenn du es willst...« Živa schaute zum Fenster hinaus.
»Und wohin hätte er wohl die Drogen gebracht, wenn ihr ihn nicht geschnappt hättet? Sicher nicht nach Albanien. Ich muß wissen, was sich da abspielt, Živa. Die fahren mehrmals in der Woche schwere wasserdichte Behälter hinüber. Sie können sie nur nach Kroatien bringen. Ich bin nicht der einzige, der das weiß. Die Küstenwache, die Kollegen von der Guardia di Finanza und andere wurden bereits vor mir zurückgepfiffen. Und wenn unser Geheimdienst davon weiß, dann weiß es auch jemand bei euch. Aber ich traue unseren Leuten nicht. Die waren in zu viele Sachen verstrickt, die nicht sauber waren.«
»Glaubst du etwa, daß dies in Kroatien anders läuft als im Rest der Welt?«
»Was ist da los?«
Živa schüttelte wild den Kopf. »Hör auf. Ich weiß es nicht.« Sie sprang auf. »Ich bin viel zu spät dran.« Živa rannte ins Bad und Laurenti hörte das Wasser in der Dusche rauschen. »Ich muß um neun Uhr im Gericht sein«, rief Živa. »Ich darf auf keinen Fall zu spät kommen. Es ist die Sache mit dem Formel-1-Papst.«
Laurenti erinnerte sich. Selbst Il Piccolo hatte in Triest darüber berichtet. »Du glaubst doch nicht, daß er selbst kommt?«
»Natürlich läßt er sich von einem Anwalt vertreten. Aber die Sache hat den Charakter einer Komödie von Goldoni«, sagte Živa, während sie sich abtrocknete. »Auch wenn es pure Zeitverschwendung ist, wenigstens gibt es etwas zu lachen.«
Die Sache war durch die Zeitungen gegangen. Bernie Ecclestone und seine in Rijeka gebürtige Gemahlin sahen sich mit der Schadensersatzklage einer Freundin der Ehefrau konfrontiert, die sich vor drei Jahren auf der Yacht des Potentaten verletzt hatte. Um an die angestrebte Million zu kommen, wurde sie von einem berühmten kroatischen Journalisten sekundiert, der von Ecclestone wiederum der Erpressung bezichtigt wurde.
Als Laurenti aus der Dusche kam, stand Živa mit gepackter Tasche vor ihm. »Es war so schön, daß du mich geweckt hast, aber jetzt muß ich los.«
»Und du verschweigst mir wirklich nichts?« fragte Laurenti.
»Bitte sei mir nicht böse. Ich kann es dir wirklich nicht sagen.«
*
Ausgerechnet Marietta lief ihm über den Weg, als er von der engen Gasse, an der das Hotel lag, auf die Via Cavana hinaustrat. Sie wohnte in der Nähe und war ganz offensichtlich auf dem Weg nach Hause.
»Was machst du hier?« fragte sie. »Übernachtest du seit neuestem im Hotel?«
»Arbeit, meine Liebe, eine Besprechung. Sonst nichts.« Laurenti nahm ihr die Sonnenbrille von der Nase. »Der Weg ins Büro geht in die andere Richtung.«
»Früher war diese Gegend auf jeden Fall voller Puffs.«
»Du riechst nach Lagerfeuer, Marietta. Hast du schon wieder eine wilde Nacht mit dem Marlboro-Mann und seinem Pferd verbracht?«
»Geräuchertes hält länger.«
»Allein dein Anblick füllt einen ganzen Roman. Diese Bluse trägst du jetzt schon den vierten Tag. Du bist braungebrannt wie ein Spanferkel und hast Ringe um die Augen, die mehr sagen als Worte. Außerdem hast du eine Fahne zum Reißaus nehmen. Dein gutgenährter Verehrer hat
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