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Der Todesbote

Der Todesbote

Titel: Der Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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seines Gesichtes weggerissen. Ich habe mich wirklich sehr gewundert.«
    Dabei dreht sich Onoprienko zu dem anwesenden Staatsanwalt und zeigt ihm am Beispiel seines Kopfes, wie man sich die Wirkung des Schusses vorzustellen habe. Der Staatsanwalt hat der Obduktion des Leichnames selbst beigewohnt und die unvorstellbaren Verletzungen des Kindes mit eigenen Augen gesehen. Selbst dem erfahrenen Pathologen war ein solcher Fall von grauenhafter Verstümmelung eines Kindes noch nicht untergekommen. Oberhalb des Halses war nur noch eine Hälfte des Kinderkopfes vorhanden. Ein Auge war weit aufgerissen. »Ein schrecklicher Anblick«, erinnert sich der Pathologe nur ungern.
    Unwirsch fährt der Staatsanwalt Onoprienko an: »Berichten Sie gefälligst weiter!«
    Ohne Zögern fährt Onoprienko mit seinen Ausführungen fort: »Der Junge sah mich mit seinem nur einen Auge an. Er fiel nicht um, er ist sogar lange Zeit auf den Beinen geblieben.
    Ich glaube, er hat geweint. Er gab immer so unverständliche Laute von sich. Sicher bin ich mir, dass er nicht nach seiner Mutter gerufen hat, sondern nach seinem Vater. Ich glaube, ich habe das Wort ›Papa‹ verstanden, als er so unverständlich schrie. Ich hätte nie gedacht, dass ein Erwachsener solche Verletzungen überleben kann, geschweige denn ein Kind. Aber das Kind stand ganz lebendig vor mir. Das hat mich doch sehr gewundert.«
    Man unterbricht Onoprienko mit der Frage: »Positiv gewundert?«
    »Nein. Ich war nur sehr erstaunt, dass so etwas möglich ist.
    So ein kleiner Mensch steht noch auf den Beinen, obwohl der halbe Kopf fehlt. Und ich habe ihn wirklich nicht verfehlt. Die Hälfte war wirklich weg, das müssen Sie mir glauben.«
    Onoprienko sieht den Staatsanwalt fragend an, als wolle er eine Bestätigung von ihm, dass sein Bericht über die Tat richtig ist.
    »Wie lange hat das Kind denn noch auf seinen Beinen gestanden?«
    »Sie werden es nicht glauben, Herr Staatsanwalt, aber es war sehr lange. Mindestens fünf, wenn nicht zehn Minuten sind vergangen, bis er vornüber zu Boden fiel und sich nicht mehr rührte.«
    »Haben Sie dann das Haus verlassen?«, will der Staatsanwalt wissen.
    »Nein, natürlich nicht. Ich musste doch erst meine Studie fortsetzen. Ich habe den Jungen auf den Rücken gedreht und mir sehr lange die Verletzungen angesehen. Immer wieder fragte ich mich, wie dies alles möglich sei. Und dann war da noch die Mutter des Jungen. Sie war noch ziemlich jung. Ich fasste sie an, und sie war noch warm. Da habe ich sie ausgezogen und benutzt. Dann habe ich die Bettwäsche in Brand gesetzt und das Zimmer angezündet.«
    Wenige Tage nach dieser Aussage Onoprienkos, die in den Berichten der Presse zu lesen war, ist das kleine Dorf noch einmal in heller Aufregung. Man erinnert sich zurück an den schwersten Tag in der Geschichte dieses Dorfes.

    Ein Bewohner erzählt: »Überall im Dorf konnte man das Bild sehen mit den drei aufgebahrten Leichen vor einem Wandteppich im Wohnzimmer der Familie. Das ganze Dorf war fassungslos über diese Bluttat. Wenige Tage nach der Tat zog ein riesiger Trauerzug zum Friedhof, der außerhalb des Ortes liegt. Nicht nur das ganze Dorf war auf den Beinen.
    Viele Menschen kamen aus den Nachbarorten und wollten dieser Familie die letzte Ehre erweisen. Alle tief gebeugt in Schmerz und Trauer.«
    »Sie haben sicher gelesen, dass man auf eine Tatortrekonstruktion in dem Hause, in dem das Verbrechen geschah, verzichtete, da das Risiko für Onoprienko zu groß gewesen wäre?«
    Diese Frage an die Bewohner des Dorfes bringt die umstehenden Menschen in Rage.
    »Ich bin außer mir vor Wut, wenn ich nur daran denke«, sagt eine ältere Dame, und sie vertritt offensichtlich die Meinung fast aller Umstehenden. »Unsere Regierung und die Justiz des Landes hätte sich viel Geld gespart, wenn sie dieses Ungeheuer in unser Dorf gebracht hätten. Ich kann Ihnen sagen, nicht nur die Männer hätten ihre Sensen gewetzt für dieses Schwein. Die Beamten hätten keine Angst zu haben brauchen. Sie hätten diesen Onoprienko nur zu dem Grundstück führen und uns dann mit diesem Dämon allein lassen müssen. Wir hätten alles auf saubere Art und Weise erledigt. Man hätte keine monatelangen Gerichtstermine gebraucht. Er hätte niemals mehr auf unsere Kosten im Gefängnis gesessen.«
    »Wissen Sie«, versucht ein junger Mann zu erklären, »ich habe auch ein Jagdgewehr. Ich hätte ihm auch eine Hälfte des Kopfes weggeschossen, wie er es bei dem kleinen Jungen

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