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Der Todesbote

Der Todesbote

Titel: Der Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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macht er den Eindruck eines niedlichen Kindes. Aber seine Augen sind außergewöhnlich böse. Kollegen haben dies schon des Öfteren betont.« Weinend verlässt sie das Zimmer.
    Dimitrij ist kaum noch zu Hause. Jede freie Minute trifft er sich mit seinen Freunden in der Stadt. Das örtliche Spielkasino mit den unzähligen Geräten, bei denen man Feinde abschießen, mit dem Schwert überwältigen oder mit der Faust erledigen kann, fasziniert ihn. Videospiele sind seine große Leidenschaft.
    »Keiner schießt so schnell und geschickt wie er«, erzählt einer seiner Freunde. »Er ist der wahre Champ!«
    Noch einmal trifft man sich mit ihm in dem Hause seiner Pflegemutter. In der Küche sitzt Dimitrij alleine am Tisch, mit demselben unnahbaren Blick seines Vaters. Sicher hat er gehört, was seine Pflegemutter von ihm erzählt hat. Die Worte dieser Frau, die alles für ihn tat, scheinen ihn nicht zu beeindrucken. Seelenruhig blättert er in einem Magazin und wartet offensichtlich darauf, selbst zu Wort kommen zu können.
    »Hallo Dimitrij, wie geht es dir?«, wird er gefragt.
    »Danke, gut«, seine karge Antwort. Argwöhnisch hebt er seinen Blick von dem Magazin. »Mir geht es wirklich gut. Ich gehe oft zum Videospielen. Sie wissen schon, wo man Krieg spielen kann. Da bin ich der Beste«, berichtet er voller Stolz.
    Und man merkt, dass er längst nicht mehr der kleine Junge ist, der er gewesen sein mag. Er wirkt unnahbar, so erwachsen.
    Erst als man ihn nach den Taten seines Vaters fragt, taut er auf und gibt spontan zur Antwort: »Sie können ruhig mit mir darüber reden, ich habe alles im Fernsehen gesehen, was mein Vater gemacht hat.«
    »Und wie denkst du darüber?«, die spontane Frage.
    Dimitrij steht vom Tisch auf und stellt mit fester Stimme fest: »Einen Menschen mit einem Messer umzubringen, das ist doch langweilig. Das kann man doch gleich mit bloßen Händen machen. Aber jemanden mit einer Kugel zu treffen, ist doch noch viel spannender.«
    Auf die Frage, wie er darauf komme, antwortet der 13-Jährige mit einer unglaublichen Kaltschnäuzigkeit: »Ich glaube, es ist sehr viel interessanter zu sehen, wie eine Kugel fliegt und wie sie den Körper auf große Entfernung trifft.«
    Diese Antwort schlägt ein wie eine Bombe in die Gemüter der Anwesenden. Selbst dem hart gesottensten Journalisten, der schon vielen Serienmördern in die Augen gesehen hat, verschlägt es dabei die Sprache. Alle, die seinen Ausführungen folgen, sind zutiefst geschockt.
    Das Kind eines Serienmörders berichtet, wie es sich das Töten von Menschen vorstellt. Seine Freunde beschreiben ihn als »cool«. Doch es sind nur wenige Freunde, die er hat.
    Unbeschreiblich ist seine Selbstsicherheit, und eiskalt sind seine Augen.
    Der Junge kann nicht verstehen, warum die Unterredung zu Ende ist. Niemand stellt weitere Fragen. Sein erstes Interview hat nur wenige Minuten gedauert.
    Niemand spricht ein Wort, als man das Haus verlässt. Man hat nur einen Wunsch, diesen Raum und dieses Kind zu verlassen, in dessen Geist der Henker der Ukraine Einzug gehalten hat und dessen Vater achthundert Kilometer entfernt in der Todeszelle sitzt und auf die Vollstreckung des Urteils wartet.

    Der Serienkiller kehrt zurück an den
Platz seiner Kindheit
    In dem großen Park des Waisenhauses, in dem auch Anatolij Onoprienko aufwuchs, steht noch immer auf einer von Hand gemauerten Backsteinsäule die Statue des jungen Lenin.
    Jahrzehnte sind inzwischen vergangen, und die Statue ist mittlerweile schon ein wenig vom Rost angefressen. Die elternlosen Kinder spielen auch heute noch in der gepflegten Anlage. Sie sind froh, ein ordentliches Zuhause und genügend Essen zu bekommen, in dieser verwirrten Zeit. Das ehemalige Verwalterehepaar Furmanski bewohnt noch immer eine kleine Wohnung im Seitenflügel des weiß getünchten Flachbaus.
    Von diesem Waisenhaus fühlt sich Anatolij Onoprienko sein ganzes Leben lang magisch angezogen – auch in der Zeit von 1989 bis 1996. Es ist die Zeit, in der Onoprienko 52 Morde verübt. Immer wieder kehrt er an die Stätte seiner Kindheit zurück. Doch anders als früher, als er dem alten Ehepaar Geschenke und Geschichten von seinen Reisen rund um die Welt mitbrachte, nähert er sich dem Ort in aller Heimlichkeit.
    Von diesen heimlichen Besuchen Onoprienkos bemerkte das Heimleiter-Ehepaar zunächst nichts. Denn nur nachts besucht er diesen Ort, der ihn an seine Kinderzeit erinnert.
    Aufgefallen ist dieses sonderbare Verhalten dem

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