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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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hatten bei Anbruch der Dunkelheit Nieselregen gebracht, der zeitweilig in kurze, heftige Schauer überging. Die weitläufige Piazza vor dem Dom Santa Maria del Fiore, Brunelleschis atemberaubendem Wunderwerk der Architektur, das in der ganzen Christenheit, ja selbst bei den Heiden ob seiner Herrlichkeit und überragenden Baukunst gerühmt wurde, lag verwaist unter dem nasskalten Himmel.
    Die Kirchenglocken hatten schon gut zehn Minuten zuvor zur letzten Gebetsstunde des Tages geläutet, so dass mittlerweile auch die Bettler, die sonst vor dem Portal saßen, sich verzogen und in ihren Löchern Schutz vor dem Regen gesucht hatten. Aber selbst wenn sie noch da gewesen wären, hätte wohl keiner den beiden Gestalten Beachtung geschenkt, die eben in der trüben Dunkelheit über den Vorplatz eilten.
    Zwei Männer, die von Gestalt kaum unterschiedlicher hätten sein können. Der eine klein und schmächtig wie ein schlecht genährter Halbwüchsiger, der andere groß und kräftig. Letzterer trug einen kleinen Leinensack unter dem Arm. Sie hielten mit tief gesenkten Köpfen, über die sie sich die Kapuzen ihrer winterwarmen Umhänge gezogen hatten, auf Giottos schlanken Campanile zu, der sich rechts vom Domportal in die ungemütliche Nacht erhob. Wie ein riesiger Speer aus vierkantigem Marmor ragte der Glockenturm neben dem Prunkstück florentinischer Baukunst auf und reichte bis fast in die schwindelerregende Höhe der mächtigen Domkuppel.
    Selbst das Wetter spielt mir in die Hand! Es weiß eben, was es dem Todesengel schuldig ist, damit er wieder zur Tat schreiten kann, sagte sich mit höhnischem Wohlgefallen der größere der beiden Männer, den man seit dem frühen Mittag überall in der Stadt angstvoll den Todesengel von Florenz nannte. Er fand diese Tatsache äußerst amüsant und beglückwünschte sich einmal mehr zu dem Geistesblitz, dem seine Mitteilung an die florentinische Bevölkerung entsprungen war. Es war geradezu köstlich gewesen, mit anzusehen und zu hören, in welchem Maße sein Schreiben die Leute verschreckt hatte und wie viele es für bare Münze nahmen. Der Plebs wollte nun einmal betrogen und belogen werden und hatte auch nichts anderes verdient. Sterben musste jeder einmal, und für einige beschleunigte er diesen unausweichlichen Vorgang nur ein wenig.
    Fressen oder gefressen werden, so ging es im Leben nun einmal zu. Da musste jeder für sich entscheiden, ob er Amboss oder Hammer sein wollte. Er für seinen Teil hatte diese Entscheidung bereits vor Monaten getroffen.
    Niccolo Landozzi riss seinen Begleiter aus seinen höhnischen Gedanken. »Ich verstehe das alles nicht! Warum, in Gottes heiligem Namen, muss das Treffen an diesem seltsamen Ort stattfinden?«, fragte er missmutig.
    »Weil er es nun einmal so bestimmt hat«, antwortete der selbsternannte Todesengel. »Fragt mich nicht, warum. Er wird schon seine Gründe haben.«
    Der Sensale schnaubte. »Was kann es denn für Gründe geben, jemanden in den Glockenturm zu bestellen – und das zu dieser Stunde?«
    »Lasst Euren verständlichen Unwillen nicht an mir aus, werter Sensale«, gab der Todesengel in pikiertem Ton zurück. »Ich bin in dieser Sache nur der Vermittler und Bote, der Euch ausgerichtet hat, wo die Zusammenkunft stattfinden soll.«
    »Schon gut, schon gut«, murmelte Landozzi.
    »Aber wenn es Euch nicht genehm ist, steht es Euch selbstverständlich frei, umzukehren und wieder nach Hause zu gehen«, sagte der Todesengel und hatte seine Freude daran, den Ahnungslosen zu provozieren. »Das wird allerdings nicht gerade auf Wohlgefallen stoßen, wenn Ihr mir diese Warnung gestattet. Nachsicht ist nicht seine Stärke, wie Ihr vermutlich wisst. Und Ihr wollt die leidige Angelegenheit doch endlich zu einem Abschluss bringen, bei dem es Euch nachher nicht an den Kragen geht – oder sehe ich das vielleicht nicht richtig?«
    »Bei Gott, nichts wünsche ich mir mehr, als diese vertrackte Geschichte friedlich beizulegen!«, beteuerte Niccolo Landozzi hastig. »Aber hätte es nicht auch ein weniger ausgefallener Ort sein können?«
    »Gewiss, ich verstehe Euch nur zu gut, Sensale«, gab der Todesengel sich mitfühlend. Immer schön abwechselnd Peitsche und Zuckerbrot verabreichen, das zog bei diesen Schmarotzern von Maklern immer noch am besten. »Mir wäre es auch lieber gewesen, ich hätte Euch bei diesem Sauwetter in die nächste Schenke führen können, das könnt Ihr mir glauben! Aber tröstet Euch damit, dass Ihr für die Unbill, die Ihr

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