Der Todesengel von Florenz
auf schwere Reibsteine aus Porphyr, auf deren Marmorplatte grobkörnige Erdbrocken zu feinsten Farbpigmenten zerrieben wurden; auf glattgeschliffene Tafeln aus Eiche oder Pappelholz; auf Leinwandballen, abgegriffene Skizzenbücher und Stapel großer Bögen Cartone; auf mit Wasser gefüllte Glaskugeln und Spiegel aus Silberblech, die bei nächtlicher Arbeit das Licht von Kerzen und Ölleuchten bündelten und verstärkten – und auf vieles andere mehr.
An einem dieser vollgestellten Werktische war Pater Angelico damit beschäftigt, in einem großen Bronzemörser eine Handvoll Gesteinsbrocken zu Mineralpulver zu zermahlen, um am Ende ein kostbares Farbpigment zu gewinnen. Nun ließ er den schweren Stößel kurz ruhen und blickte zu den beiden Männern hinüber, die Glut für die drei schmiedeeisernen Kohlenbecken in seiner Bottega brachten.
Dass der Konverse, der als Fuhrknecht und Handlanger des cellerarius – des für die gesamte Vorratshaltung zuständigen Kellermeisters – körperlich hart zu arbeiten gewöhnt war, bei Bruder Bartolos Klage die Augen verdrehte, bekam er gerade noch mit. Eigentlich hätte er den Laienbruder dafür rügen müssen, doch er verzichtete darauf.
Respekt hatte man sich zu verdienen; nur weil man einen höheren gesellschaftlichen Rang einnahm, hatte man noch keinen Anspruch darauf. Jedenfalls war das seine Überzeugung, von der er auch nicht abrückte, selbst wenn er damit aneckte. Und gerade seinem Prior stieß diese Haltung immer wieder sauer auf.
Bartolo war von freundlichem, einnehmendem Wesen; er hatte gute Anlagen und einen willigen Geist, musste aber noch einiges lernen, das über Theologie und das Malhandwerk hinausging.
»Wenn es dir lieber ist, frierend und mit steifen Fingern Pinsel oder Zeichenstift zu führen, wie ich das bei meinem Meister noch gelernt habe, so können wir das gern versuchen«, schlug Pater Angelico vor. »Nur sollst du nicht glauben, dann könntest du dir mehr Fehler erlauben.«
Bruder Bartolo machte ein bestürztes Gesicht und versicherte hastig: »Bei Gott, es besteht wirklich kein Grund, dass Ihr Eure Unterrichtsmethoden ändert, Meister! Es sieht schlimmer aus, als es ist, glaubt mir!«
»Komisch, irgendwie überrascht mich das nicht«, erwiderte Pater Angelico trocken.
»Was sind schon ein bisschen Schlepperei, Schwitzen und Muskelschmerz, wenn es zum Ruhme Gottes geschieht!« Und noch während Bruder Bartolo das beteuerte, nahm er eilfertig den Deckel von einem der Eimer, wuchtete den schweren Behälter mit stoischer Miene hoch und ließ die halb durchgeglühten Kohlen vorsichtig in das gusseiserne Becken rutschen.
»So, du meinst also, du plagst dich zum Ruhme Gottes.« Ein spöttisches Lächeln huschte über Pater Angelicos Gesicht. »Du solltest aber das Füllen der Kohlenbecken mit Glut nicht mit einem divinum officium verwechseln. Es ist weder Gottesdienst noch ein Lobpreis des Herrn, sondern geschieht einzig und allein zu unserer persönlichen Annehmlichkeit«, sagte er und hielt damit dem Novizen das Unsinnige seiner Bemerkung vor Augen.
»Das … äh … das war wohl etwas ungeschickt ausgedrückt, Meister«, erwiderte Bruder Bartolo verlegen und klapperte mit den Eimerdeckeln.
Pater Angelico nickte. »Danke für die Bestätigung des Offensichtlichen. Das wenigste von dem, was wir tun, gereicht uns zur Ehre oder geschieht gar zum Ruhme Gottes. Irgendwie liegt das nicht in der Natur des Menschen. Aber es ist doch immer wieder Balsam für die Seele, wenn wir uns zumindest einreden können, dass unser Tun einem höheren Zweck dient«, fügte er bissig hinzu und rammte den Stößel in den Mörser.
Dem Novizen schoss das Blut ins Gesicht. »Wie recht Ihr habt, Meister.«
Auch diesen Allgemeinplatz ließ Pater Angelico ihm nicht ungestraft durchgehen. »Natürlich habe ich recht – selbst wenn ich unrecht habe, das bringt das Amt des Novizenmeisters mit sich«, sagte er und verkniff sich ein Schmunzeln. »Weißt du, warum Gott dafür gesorgt hat, dass die Gurgel geringelt ist?«
Verwirrt über diese Frage, die mit nichts von dem eben Gesagten in Zusammenhang zu stehen schien, blickte Bruder Bartolo seinen Meister an und schüttelte den Lockenkopf.
»Damit das Wort nicht zu schnell aus ihr herauskommt!«, beschied ihn Pater Angelico.
Der Novize seufzte und blickte beschämt zu Boden. Nun hatte seine gequälte Miene ganz und gar nichts Erzwungenes mehr an sich.
Der Konverse Gregorio grinste, während er seine Eimer geräuschvoll
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