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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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nicht dem geistigen Stand angehört«, wandte Scalvetti ein. »Und der Hass scheint sich ja speziell gegen Ordensleute zu richten.«
    »Ein berechtigter Einwand, dem ich nichts entgegenzusetzen habe.«
    »Vielleicht gibt es dennoch eine Verbindung, die wir nur noch nicht sehen, aber hoffentlich noch erkennen, falls Jacopo Forlani doch unser Mann ist. Nun zu den Signori Brancoletti! Wirklich bezeichnend, was Ihr da berichtet habt – sowohl von Matteo als auch von Galeotto!«
    Pater Angelico gab ein zorniges Schnauben von sich. »Grausam und einfach widerlich, was die beiden der armen Kreatur angetan haben«, empörte er sich noch im Nachhinein. »Am liebsten hätte ich mir die beiden vorgeknöpft und ihnen den Stahl meines Dolches zu schmecken gegeben!«
    Der Commissario lachte. »Und verdient hätten sie es, bei Gott! Aber was Ihr da erzählt, überrascht mich ganz und gar nicht.«
    »Wie das?«
    »Ihr müsst wissen, dass die Brancoletti erst im vergangenen Jahrzehnt zu Reichtum und Ansehen gekommen sind, was ohne jede Frage dem Willen und Geschäftssinn des Matteo zu verdanken ist«, erklärte Scalvetti. »In die Wiege gelegt war ihm dieser Aufstieg nicht gerade, denn sein Vater hat ihm nichts hinterlassen als eine mehr schlecht als recht gehende kleine tavola am Mercato Nuovo. Mit einer unbedeutenden Wechselstube, die nur gelegentlich kleinere Kredite vergab, konnte und wollte Matteo sich allerdings nicht abfinden. Er erwies bei einigen Investitionen eine überaus glückliche Hand, das will ich vorwegschicken. Aber vor allem kurbelte er sein Geschäft an, indem er kräftig auf die Kreditvergabe setzte und bald mehr Außenstände hatte, als er es sich eigentlich leisten konnte. Hinzu kam, dass er die großen Bankhäuser mit seinen Konditionen unterbot, was ihm naturgemäß eine Menge neuer Kunden einbrachte.«
    »Ein riskantes Spiel.«
    »In der Tat«, bestätigte Scalvetti. »Das wohl auch bei fast jedem anderen ein böses Ende genommen hätte. Denn vor morosi, saumseligen Schuldnern, die mit ihren Zahlungen nicht nachkommen, ist kein Bankherr gefeit.«
    Pater Angelico war gespannt, worauf die Rede des Commissario hinauslief.
    »In diesen Fällen ist es ja üblich, dass der Gläubiger den Schuldner nach ein, zwei erfolglosen Ermahnungen ins specchio einschreiben lässt«, fuhr dieser fort. »Und im öffentlichen Schuldbuch der Kommune zu stehen ist alles andere als eine Freude. Ganz abgesehen davon, dass ein Bürger, der dort eingetragen ist, nicht mehr zur Wahl in irgendwelche Ämter zugelassen wird. Und Ihr wisst, wie versessen unsere Bürger darauf sind, sich mit einem Titel schmücken zu können, am besten mit dem eines Prioren oder gar des Gonfaloniere.«
    »Vanitas vanitatum, omnia vanitas«, bestätigte der Mönch. Eitelkeit der Eitelkeiten. Alles ist Eitelkeit.
    »Wer nach dem Eintrag ins Specchio nicht spurt, bekommt schnell die noch viel üblere Art zu spüren, einen Schuldner zum Zahlen zu bewegen: Er wandert in die stinche. Und der Schuldturm ist nun wahrlich nicht der Ort, an dem man frohen Mutes sitzt, bis der Gläubiger sich auf einen Schuldenschnitt einlässt!«
    »Was dem läuternden Zweck der Stinche auch eher abträglich wäre«, sagte Pater Angelico. »Aber so weit erzählt Ihr mir nichts Neues, Commissario. Wie hat Matteo Brancoletti es denn nun vermeiden können, von Morosi in den Ruin gestürzt zu werden?«
    »Hier kommt Galeotto ins Spiel, sein hündisch ergebener Bruder, der eine merkwürdig zwiegespaltene Seele haben muss, hat er doch eine Zeitlang einer Geißlerbewegung angehört«, sagte Scalvetti und verzog das Gesicht. »Jedenfalls hat Matteo sich den zeitintensiven Umweg über den Schuldturm gespart und stattdessen seinen Schuldnern Galeotto auf den Hals gehetzt, der sie mit seinen ganz eigenen, buchstäblich schlagkräftigen Argumenten dazu bewegen sollte, ihre Außenstände unverzüglich zu begleichen. Und Galeotto hat seine Sache so gut gemacht, dass er sich seinen Beinamen Il Brutto regelrecht verdient hat. Immerhin sind bei den sogenannten Gesprächen, die er geführt hat, nicht selten Knochen zu Bruch gegangen und schmerzhafte Schnittwunden zurückgeblieben.«
    Pater Angelico hob die Brauen, schienen doch hier in dem Rätsel um den Mörder einige Teile zusammenzupassen. »Heilige Dreifaltigkeit! Und niemand hat gegen ihn Anklage erhoben?«
    »Selbstverständlich nicht! Wessen hätte er denn verklagt werden sollen? Denen, die so traktiert worden waren, sind seltsamerweise

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