Der Todesflieger
Fläche, deren Glanz in der Ferne verdämmerte, bis er am Horizont mit dem Himmel verschmolz. Eine Zeitlang stand Pitt nur da und nahm die friedliche Stimmung in sich auf. Dann ging er langsam ins Wasser und schwamm hinaus.
So oft Pitt so allein im Meer schwamm, überkam ihn jedesmal ein eigenartiges Gefühl. Ihm war, als ob sein Körper auf einmal zu existieren aufhörte und er nur noch ein schwereloses, geisterhaft« Wesen sei. Seine Sinne nahmen die Umwelt nur noch undeutlich wahr, und alles, was er tat, war zu hören: Er lauschte in die Stille In seinem Inneren fühlte er dann völlige Ruhe und Klarheit. E dachte an nichts mehr; was ihn sonst bedrückte und beschäftigte, war vergessen; alles löste sich in der unendlichen Weite des Meeres auf. Beinahe eine volle Stunde trieb er so im Wasser. Da schlug ein kleine Welle über sein Gesicht, und er verschluckte sich. Er mußt husten und merkte auf einmal wieder, wo er war. Langsam, und ohne sich anzustrengen, kraulte er zum Strand zurück. Als sein Hände den Boden berührten, ließ er sich das letzte Stück ans Ufer treiben.
Er legte sich mit dem Oberkörper auf den Sand, ließ das Wasser um seine Beine plätschern und seine Haut umschmeicheln und nickte endlich ein.
Die Sterne verblaßten schon im fahlen Licht der Morgendämmerung, als er plötzlich aufschreckte. Er spürte, daß jemand in der Nähe war. Sofort war er hellwach. Er blieb reglos liegen und öffnet die Augen einen Spalt. Undeutlich konnte er über sich eine Gestalt ausmachen. Er kniff die Augen zusammen. Langsam nahm de Schatten Formen an. Es war eine Frau.
»Guten Morgen«, sagte er und setzte sich auf.
»Oh, mein Gott«, ächzte die Frau. Sie schlug die Hand vor den Mund, als wollte sie gleich losschreien.
Ihr Gesicht war in der Dunkelheit kaum zu erkennen, doch Pitt konnte sich vorstellen, wie entgeistert sie ihn anstarrte.
»Entschuldigen Sie«, sagte er mit sanfter Stimme. »Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
Die Hand sank langsam herab. Die Frau blieb reglos stehen und starrte ihn unverwandt an. Endlich fand sie ihre Sprache wieder. »Ich… ich dachte schon, Sie wären tot«, stammelte sie leise.
»Ich kann es Ihnen nachfühlen. Wenn ich über jemanden stolperte, der um diese Zeit in der Brandung schläft, würde ich das gleiche denken.«
»Sie haben mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt, als Sie sich so einfach aufgesetzt und mit einemmal gesprochen haben.«
»Bitte entschuldigen Sie.« Plötzlich stutzte Pitt. Die Frau sprach Englisch! Und zwar ein reines Oxford-Englisch, mit einem ganz leichten deutschen Akzent. Er erhob sich. »Wenn ich mich vorstellen darf: Mein Name ist Dirk Pitt.«
»Ich heiße Teri«, erwiderte sie. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, Sie gesund und munter zu sehen, Mr. Pitt.« Ihren Nachnamen hatte sie unterschlagen, aber Pitt war auch gar nicht so erpicht darauf, ihn zu erfahren.
»Sie können mir glauben, Teri, das Vergnügen ist ganz meinerseits.« Er deutete auf den Sand.
»Wollen Sie mir nicht ein bißchen Gesellschaft leisten und der Sonne beim Aufgehen helfen?«
Sie lachte. »Danke, gern. Aber ob wir uns je wiedersehen dürfen? Nach allem, was ich von Ihnen gehört habe, könnten Sie irgendein Seeungeheuer sein. Kann ich Ihnen überhaupt trauen?« fragte sie mit einem spöttischen Unterton.
»Wenn ich ehrlich sein soll, nein. Fairerweise muß ich Sie vor mir warnen. Ich habe an diesem Platz hier schon über zweihundert unschuldige Jungfrauen verschlungen.« Pitts Humor mochte etwas dick aufgetragen sein. Doch das war die beste Methode, einer Frau auf den Zahn zu fühlen.
»Schade. Ich wäre zu gern die Nummer zweihunderteins gewesen. Aber ich bin leider keine unschuldige Jungfrau mehr.«
Pitt sah das Weiß ihrer Zähne schimmern, als sie lächelnd fortfuhr: »Ich hoffe, Sie machen mir das nicht zum Vorwurf.«
»Aber nein. In dieser Sache bin ich nicht kleinlich. Aber ich muß Sie bitten, die Tatsache, daß Nummer zweihunderteins keine unbefleckte Unschuld mehr war, unbedingt geheimzuhalten. Denn würde das bekannt, wäre mein Ruf als Seeungeheuer dahin.«
Beide lachten, und sie ließ sich auf Pitts Handtuch nieder. Die Sonne stieg langsam aus dem Meer empor. Schon nach kurzer Zeit warf der orangefarbene Feuerball seine ersten goldenen Strahlen über die See. Pitt sah die Frau neben sich an und betrachtete sie in dem neuen Licht.
Er schätzte sie auf etwa dreißig. Sie trug einen ziemlich knapp sitzenden Bikini und
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