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Der Todesflieger

Der Todesflieger

Titel: Der Todesflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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konnte sich das auch durchaus leisten. Ihre Figur vereinte auf entzückende Weise einen kräftigen Körperbau um mädchenhafte Anmut; ihr Bauch war makellos glatt und der Busen von vollkommener Form, weder zu klein noch zu üppig.
    Ihre langen Beine waren gleichmäßig gebräunt, höchstens, daß sie etwas zu dünn waren. Doch Pitt beschloß, über dieses winzige Manko hinwegzusehen. Ihr Gesicht war von klassischem Schnitt. Pitt fühlte sich an die geheimnisvolle Schönheit einer griechischen Statue erinnert. Einzig eine Pockennarbe unter der rechten Schläfe störte das Ebenmaß ihrer Züge ein bißchen. Normalerweise blieb die Narbe unter ihrem schulterlangen, schwarzen Haar verborgen; doch sie hatte den Kopf zurückgeworfen, um den Sonnenaufgang zu beobachten, und so wurde der kleine Schönheitsfehler sichtbar.
    Plötzlich wandte sie den Kopf. Sie hatte Pitts prüfe nde Blicke gespürt. »Sie wollten sich den Sonnenaufgang anschauen«, sagte sie mit einem leisen Lachen.
    »Sonnenaufgänge habe ich genug gesehen. Aber das ist das erste Mal, daß ich Seite an Seite mit einer reizenden, griechischen Aphrodite zusammensitze.«
    Ihre braunen Augen blitzten vergnügt auf.
    »Sehr schmeichelhaft. Aber Aphrodite war die griechische Göttin der Schönheit und Liebe, und ich bin nur zur Hälfte Griechin.«
    »Und die andere Hälfte?«
    »Meine Mutter war Deutsche.«
    »Und was machen Sie hier?«
    »Ich bin zu Besuch bei meinem Onkel. Er lebt hier, ist aber auch ein Deutscher.«
    »So genau will ich es gar nicht wissen. Leben Sie bei ihm?«
    »Nein, ich sagte Ihnen ja, daß ich zu Besuch bin. Ich wurde zwar in Griechenland geboren, bin aber in England aufgewachsen und auch dort zur Schule gegangen. Mit achtzehn habe ich mich in einen Autohändler verliebt, der in seiner Freizeit Rennen fuhr, und habe in geheiratet.«
    »Ich hätte nicht gedacht, daß Autohändler auch Rennen fahren.«
    Sie überhörte seinen spöttischen Unterton. »Er ist leidenschaftlich gern gefahren, und er war sehr begabt«, setzte sie hinzu. »Er hat viele Rallyes und Bergrennen gewonnen.« Sie zuckte die Achseln und nahe mit dem Finger kleine Kreise in den Sand. Ihre Stimme wurde auf einmal heiser. »Und dann hat es ihn eben eines Tages erwischt. Es regnete, er kam von der Fahrbahn ab und prallte frontal gegen einen Baum. Er war sofort tot.«
    Pitt saß eine Weile schweigend da und sah sie von der Seite an. »Wie lang ist das her?« fragte er dann.
    »Das war vor achteinhalb Jahren«, erwiderte sie leise.
    Zorn stieg in Pitt auf. Was für eine Vergeudung, dachte er.
    Was für eine elende Vergeudung, wenn eine so hübsche Frau fast neun Jahre lang einem Mann nachtrauert. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr wuchs seine Empörung. Er sah, wie ihr die Erinnerung an ihren Mann die Tränen in die Augen trieb.
    Das war kein Anblick für ihn. Er vergaß sich. Er beugte sich zu ihr hinüber und schlug ihr mit dem Handrücken hart ins Gesicht.
    Entsetzt riß sie die Augen auf. Es dauerte eine Weile, bis sie den Schock verdaut hatte.
    »Warum schlagen Sie mich?« stieß sie endlich hervor.
    »Weil Sie es nötig haben, dringend nötig«, fauchte er. »Es wundert mich, daß nicht schon längst jemand Sie übers Knie gelegt hat, um Ihnen dieses Gejammer auszutreiben. Ihr Mann ist also Rennen gefahren. Na und? Er ist tot und begraben, und davon, daß Sie jahrelang darüber heulen, wird er auch nicht wieder lebendig. Vergessen Sie ihn endlich! Sie sind eine schöne Frau – Sie können sich doch nicht Ihr ganzes Leben lang an einen Toten ketten!« Pitts Worte schienen ihr Eindruck zu machen. »Denken Sie darüber nach. Es ist Ihr Leben. Werfen Sie es nicht einfach weg, und spielen Sie nicht die trauernde Witwe, bis Sie alt und grau sind.«
    Sie sah ihn gequält an. Die Tränen rannen ihr über die Wangen. Pitt ließ ihr Zeit, sich auszuweinen. Als sie endlich wieder zu ihm aufsah, tat sie es mit dem sanften und zugleich verschüchterten Blick eines kleinen Mädchens. Er nahm sie in die Arme und küßte sie. Ihre Lippen waren feucht und warm.
    »Wann hattest du zum letzten Mal einen Mann?« fragte er.
    »Keinen mehr, seit…« Die Stimme versagte ihr.
    Ihre Körper vereinigten sich. Eine Formation Strandläufer schwirrte über sie hin und ließ sich auf dem feuchten Sand nahe der Brandung nieder. Geschäftig huschten sie durcheinander. Ab und zu warf einer der Vögel dem Liebespaar im Sand einen kurzen Blick zu, wandte sich dann desinteressiert wieder der

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