Der Todesflug der Cargo 03
übereinander fiel. Die wie gespannte Mautbrücke über den Kanal lag ganz am Anfang seiner gewohnten Fahrtroute, die er immer schon vor Sonnenaufgang begann. Weniger gewöhnlich war das Hindernis, vor dem er so plötzlich hatte bremsen müssen. Es sah aus, als ob ein Flugzeug gegen die hochaufragenden Pfeiler der Hängebrücke geflogen und mitten auf die Fahrbahn der Brücke abgestürzt sei. Im Licht der Wagenscheinwerfer erkannte Howard McDonald ein unentwirrbares Chaos von Trümmern. Er stieg aus seinem Wagen und ging vorsichtig an die Unfallstelle heran. Er war sicher, dass inmitten der Trümmer irgendwo die Leiche des Piloten liegen mußte.
Alles, was er bei näherer Betrachtung des Trü mmerhaufens entdeckte, war grau gestrichenes, zersplittertes Holz. Seine erste Reaktion auf die seltsame Beobachtung war ein Blick hinauf in den bewölkten Nachthimmel. Vielleicht, so dachte er, kurvte der Rest der Formation noch dort oben herum. Flugzeuge waren jedoch am Himmel nicht zu sehen. Alles, was er entdeckte, waren die Blinklichter von der Spitze der beiden Brückenpfeiler, die ihre stumme Warnung in die Finsternis abstrahlten, so als ob nichts geschehen wäre. McDonald ging zum Brückengeländer und sah hinab.
Er entdeckte ein großes, nur undeutlich erkennbares Schiff, das in einiger Entfernung in ruhiger Fahrt gen Norden tuckerte. Abgesehen davon war der Kanal leer.
57
Pitt, Steiger und Admiral Sandecker standen vor dem Zeichentisch in Pitts Flugzeughalle am Inlandsflughafen von Washington und betrachteten eine großformatige Karte der Wasserwege dieses Landesteiles. »Fawkes hat schon gewusst, warum er die ›Iowa‹ so brutal abgespeckt hat«, sagte Pitt. »Die Leute von der Werft sagen, er hat sie um Tausende von Tonnen leichter gemacht!«
»Sind Sie sicher, dass diese Angaben der Werft stimmen?« fragte Admiral Sandecker. Er schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Schiff mit so wenig Gewicht und entsprechend geringem Tiefgang noch sicher navigieren kann.«
»Ich bin sicher, dass die Angaben der Werft stimmen«, antwortete Pitt.
»Während Jarvis mit dem Nationalen Sicherheitsdienst telefonierte, habe ich Metz, den Boss der Werft angerufen. Die technischen Angaben stammen von ihm, und er schwört Stein und Bein darauf, dass sie stimmen.«
»Ich verstehe trotzdem nicht, warum Fawkes das gemacht hat«, sagte Steiger. »Durch den Ausbau der Geschütze ist die ›Iowa‹ als Kriegsschiff nutzlos geworden!«
»Wie kommst du denn darauf, dass er alle Geschütze ausgebaut hat?« entgegnete Pitt. »Der Geschützturm Nummer zwei ist noch voll funktionsfähig, Fawkes hat ihn nur mit einem Tarnverschlag aus Holz umkleidet. Wie Metz sagt, kann die ›Iowa‹ mit den Geschützen, die ihr bleiben, schwere Vierzigzentimeter-Granaten abschießen. Die Zieloptik von Geschützturm Nummer zwei funktioniert noch so gut, dass die Burschen auf dreißig Kilometer Entfernung einen fahrenden Möbelwagen treffen können.«
Sandecker war angelegentlich dabei, sich eine seiner großen Zigarren anzustecken. Als die wichtige Operation gelungen war, trat er vor, legte seine linke Hand auf die ausgebreitete Karte, blies drei blaue Ringe in die Luft und begann mit den Fingerknöcheln der Rechten auf den Tisch zu klopfen. »Es ist vollkommen verrückt, Pitt, wenn wir uns bei dem Stand der Dinge noch einmischen. Die Sache ist uns über den Kopf gewachsen. Jetzt kann nur noch die Regierung die Kohlen aus dem Feuer holen!«
»Wir können einfach nicht zusehen, wie der Karren vor die Wand fährt«, widersprach ihm Pitt. »Ich weiß jetzt schon, wie es laufen wird. Die Strategen vom Pentagon werden dem Präsidenten in den Ohren hängen, dass er die ›Iowa‹ in die Luft sprengt. Oder aber sie kriegen ihn rum, dass er seine Genehmigung für ein Himmelfahrtkommando gibt, das die ›Iowa‹ entert und die Giftgasgranaten mit den tödlichen ST-Bakterien rettet. ›Rettung‹ im Sinne des Pentagons heißt, dass sie das entsetzliche Zeug für den alsbaldigen Gebrauch in den Waffenarsenalen der Armee einlagern.«
»Aber die ST-Giftorganismen sind militärisch doch gar nicht kontrolliert einsetzbar«, wandte Steiger ein.
»Du kennst doch die Wissenschaftler«, sagte Pitt. »Die werden so lange herumexperimentieren, bis sie ein Gegenmittel gegen die ST-Bakterien gefunden haben. Damit wäre der Einsatz dieser fürchterlichen Waffe vorprogrammiert. Denn dann kann sie ohne Gefahr für die eigene Seite auf den Gegner abgeworfen
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