Der Todesflug der Cargo 03
»Diesesmal«, flüsterte sie, »lernst du die wirkliche Felicia Collins kennen.«
Es war gegen neun Uhr abends, als sie erschöpft und glücklich voneinander abließen. Felicia war leidenschaftlicher gewesen, als es sich Daggat je hatte vorstellen können. Eine Woge von Lust und ungehemmter Sinnlichkeit war über ihnen zusammengeschlagen. Einige Minuten lang blieb er nachdenklich im Bett liegen und hörte Felicia zu, die im Badezimmer unter der Dusche stand und einen Soul-Schlager summte. Dann stand er gähnend auf, streifte sich eine Hose über, setzte sich an den Schreibtisch und blätterte in geheimen Dokumenten, die er dort bereitgelegt hatte. Wenig später kam Felicia aus dem Badezimmer. Sie war noch naß. Und sie sah hübscher aus denn je. Die Anstrengung der vergangenen Stunden war ihr nicht anzumerken.
Gefällig betrachtete sie sich in dem großen Ankleidespiegel. Sie musterte ihr gut geschnittenes, faltenloses Gesicht und ihre entblößten Brüste. Zweiunddreißig Jahre – und noch heiß wie eine Novizin im Beichtstuhl, wenn der Pfarrer hübsch und jung ist, dachte sie lächelnd, nicht unzufrieden mit dieser Selbsteinschätzung, die ihr in den vergangenen Stunden noch eindringlich bestätigt worden war. Sie hatte noch einige flotte Jahre vor sich, sinnierte sie, in denen sie die Rolle der jugendlichen Liebhaberin spielen konnte. Und das nicht nur auf der Leinwand oder auf dem Fernsehschirm, sondern auch im Bett. »Glaubst du, dass er gewinnt?« fragte Daggat. »Wer?«
»Lusana. Glaubst du, dass er die südafrikanische Regierung in die Knie zwingt?«
»Über die Chancen der schwarzafrikanischen Revolution kann ich wenig sagen«, antwortete Felicia. »Meine einzige Funktion inder ARA bestand darin, in der amerikanischen Öffentlichkeit und bei den politischen Organisationen Geld lockerzumachen.«
Daggat grinste. »Du hast dich doch auch sehr bei der Truppenbetreuung bewährt, besonders wenn das Publikum aus gewissen Generälen bestand.«
»Das habe ich immer erst nach Dienstschluß gemacht«, sagte sie und lachte. »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
Felicia schüttelte den Kopf. »Hiram Lusana könnte den Kampf gegen die südafrikanische Regierung nicht einmal mit einer Armee von einer Million Mann gewinnen«, sagte sie. »In einem offenen militärischen Konflikt hat er keine Chance. Die Franzosen und die Amerikaner haben den Krieg in Vietnam aus dem gleichen Grunde verloren, aus dem die weiße Minderheit in Rhodesien die Herrschaft verlor: wegen des Dschungels. Befreiungsarmeen, die im Schütze des Dschungels kämpfen, haben alle Vorteile auf ihrer Seite. Zum Unglück für die schwarzen Afrikaner bestehen jedoch achtzig Prozent der südafrikanischen Republik aus offener, baumloser Steppe. Ein erfolgreicher Guerillakampf ist dort nicht möglich.«
»Wie will Lusana denn dann seinen Kampf gewinnen?«
»Er zählt auf die Unterstützung der Weltöffentlichkeit und auf wirtschaftliche Sanktionen der großen Industriestaaten gegen die südafrikanische Regierung.« Daggat stützte seinen Kopf in die Hände. »Ist er Kommunist?«
Felicia warf lachend ihren Kopf nach hinten. »Hiram hat alles, was er besitzt, als Kapitalist verdient. Er ist so kommunistisch wie Rockefeller oder Paul Getty.«
»Wie erklärt sich dann die Tatsache, dass er vietnamesische Militärberater hat und Waffenhilfe von China bekommt?«
»Die Welt will betrogen werden – und das ist die Devise, nach der Lusana handelt.
Er nutzt die Vietnamesen und die Chinesen für seine Zwecke aus. Die Vietnamesen sind so revolutionssüchtig, dass sie ihre Ausbilder für den Guerillakampf auch gratis zu uns nach Florida einfliegen würden, wenn die amerikanische Regierung sie darum bäte. Was die Chinesen angeht, so sind sie etwas traurig, dass man ihnen in acht verschiedenen afrikanischen Ländern den Laufpaß gegeben hat. Sie sind bereit, jedem – auch Lusana – in den Hintern zu kriechen, wenn sie damit in Afrika ein Bein an der Erde behalten können.«
»Ist das nicht ein sehr gewagtes Spiel, was Lusana da treibt?«
»Du unterschätzt Hiram«, entgegnete Felicia. »Er schickt dieAsiaten in der Minute nach Hause, wo sie für die ARA ausgedient haben.«
»Das ist leichter gesagt als getan.«
»Lusana weiß, was er tut, versichere ich dir. Innerhalb von neun Monaten wird er Premierminister von Südafrika sein.«
»So genau hat er seine politische Karriere vorausgeplant?« fragte Daggat ungläubig. »Auf den Tag genau.«
Daggat
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