Der Todeskanal
drehten sich einfach um und gingen. Diesmal wurde ihr Abgang jedoch unterbrochen. Ein Mann trat ein, und die fünf Erdendiplomaten traten beiseite, um ihm Platz zu machen. Er war größer als die anderen Erdenmänner und trug seine Uniform mit der Selbstverständlichkeit langer Gewohnheit. Sein Gesicht war rund, und er hatte kluge, kalte Augen. Sein schwarzes Haar war ziemlich dünn, zeigte aber noch keine Spur von Grau. Eine Narbe lief von seiner Kinnspitze den Hals hinab bis in den hohen lederbraunen Kragen. Eine Wunde, die vielleicht von einer Strahlwaffe stammte, die irgendein Feind dem Mann in irgendeinem der fünf Kriege zugefügt hatte, an denen er aktiv teilgenommen hatte.
»Meine Herren«, sagte der Chef der menschlichen Diplomatendelegation, »darf ich Ihnen den Verteidigungsminister vorstellen?«
Die Diaboli waren etwas erschrocken. Obwohl ihr Gesichtsausdruck undurchdringlich war, vibrierte ihre Hirnhaut erregt. Ihr strenger Sinn für Hierarchie war durcheinandergebracht worden. Der Minister war zwar nur ein Zweibeiner, aber vom Standpunkt der Zweibeiner aus gesehen, war er ranghöher als sie. Sie konnten keine Geschäfte mit ihm abwickeln.
Der Minister war sich ihrer Gefühle bewußt, aber in diesem Fall hatte er keine andere Wahl. Für wenigstens zehn Minuten mußten die Diaboli noch aufgehalten werden, und eine gewöhnliche Unterbrechung hätte das nicht vermocht.
»Meine Herren«, sagte er, »ich muß Sie um die Gefälligkeit bitten, diesmal etwas länger zu bleiben.«
Der Führer der Diaboli antwortete mit größtmöglicher Annäherung an die englische Sprache, der ein Diabolus fähig war. Ein Diabolus hatte zwei Münder. Einer saß an der äußersten Stelle seiner Kinnbacken und wurde zum Essen benutzt. Wie dies vor sich ging, hatte noch kein menschliches Wesen gesehen, denn die Diaboli zogen es vor, ganz exklusiv in der Gesellschaft ihrer Artgenossen zu speisen. Eine kleinere Mundöffnung, etwa zwei Zoll breit, diente zum Sprechen. Wenn sie sich auseinanderzog, enthüllte sie ein gummiartiges Loch, denn die Diaboli hatten keine Zähne. Dieser Mund blieb während des Sprechens offen, denn die Konsonanten wurden am Gaumen geformt. Die Worte kamen heiser und verschwommen, aber man konnte sie verstehen.
»Sie werden uns entschuldigen«, sagte der Diabolus. »Wir leiden bereits.« Und seine Stirn signalisierte, unhörbar für die Menschen: »Sollen wir denn in ihrer schrecklichen Atmosphäre ersticken? Wir müssen um größere Absorbier-Zylinder bitten.«
Der Verteidigungsminister sagte: »Ich kann Ihre Gefühle verstehen, aber dies ist für mich die einzige Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen. Vielleicht könnten Sie uns die Ehre geben, mit uns zu essen.«
Der Erdenmann, der neben dem Minister stand, konnte ein Stirnrunzeln nicht unterdrücken. Hastig zog er ein Blatt Papier aus der Tasche, kritzelte etwas darauf und reichte es dem Minister.
Dieser las: »Nein! Sie essen geschwefeltes Heu. Stinkt unerträglich.«
Der Minister zerknüllte das Papier und ließ es zu Boden fallen.
»Die Ehre ist auf unserer Seite«, sagte der Diabolus, »wenn wir physisch imstande wären, Ihre fremde Atmosphäre für eine so lange Zeitspanne zu ertragen, würden wir Ihre Einladung gern annehmen.« Und via Stirn sagte er verärgert: »Sie können uns doch nicht zumuten, mit Ihnen zu essen und mitanzusehen, wie sie die Tierleichen verschlingen. Da wäre mein Wiedergekäutes ja für alle Zeit sauer.«
»Wir respektieren Ihre Gründe«, sagte der Minister. »Dann wollen wir unsere Probleme also jetzt gleich besprechen. In den bisherigen Verhandlungen ist es uns nicht gelungen, von Ihrer Regierung, die Sie repräsentieren, irgendeinen klaren Hinweis zu erhalten, wo und wie sie sich die Grenzen ihrer Einflußsphäre vorstellt. Wir haben Ihnen in dieser Beziehung schon mehrere Vorschläge unterbreitet.«
»Was das Erdenterritorium betrifft, so sind wir doch zu einer Definition gekommen.«
»Aber Sie werden doch einsehen, daß das für uns unbefriedigend ist. Die Grenzen der Erde und die Grenzen Ihres Gebietes berühren sich nirgends. Diese Tatsache haben Sie als einzige festgestellt. Aber auch das ist unbefriedigend.«
»Wir verstehen nicht ganz. Wollen Sie über die Grenzen zwischen uns und beispielsweise dem unabhängigen Königreich Wega diskutieren?«
»Allerdings.«
»Das ist nicht möglich, Sir. Sie werden einsehen, daß die Beziehungen zwischen uns und der souveränen politischen Einheit Wega nicht
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