Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
lassen. Sarah war ihr dankbar dafür. Sie war noch nicht bereit, sich in die Arme einer Erwachsenen zu begeben und sich dort auszuweinen. Es war gut, dass Desiree bei ihr war. Pumpkin zeigte sein Mitgefühl auf andere Weise. Er hatte aufgehört zu betteln und leckte hingebungsvoll Sarahs Knie.
Desiree sagte nichts, bis Sarah aufgehört hatte zu weinen.
»Okay. Jetzt hast du Pumpkin kennengelernt. Möchtest du dein Zimmer sehen?«
Sarah nickte und brachte ein Lächeln zustande. »Ja, bitte. Ich bin wirklich müde.«
Mir ist klar geworden, dass Hunde wirklich die besten Freunde des Menschen sind.
Solange man ihnen zu fressen gibt und sie liebt, erwidern sie diese Liebe. Sie stehlen nicht, sie betrügen nicht, sie schlagen einen nicht. Sie sind aufrichtig. Was man von außen sieht, ist genau das, was in ihnen steckt.
Ganz anders als bei Menschen.
»Wir sind da«, sagt Alan und reißt mich aus meinen Gedanken und Sarahs Tagebuch.
Ich falte die Blätter in der Mitte und stecke sie zögernd wieder in meine Tasche.
Sarahs Erfahrungen haben einen gewissen Geschmack für die Gewalt in ihr erweckt. Doch sie hat noch Hoffnung.
War es für den Künstler auch so? Eine langsame Erosion der Seele? An welchem Punkt wurde aus dem Geschmack an der Gewalt ein Hunger?
Hat auch er noch einen Rest Hoffnung in sich?
KAPITEL 37
Terry Gibbs, der Anwalt, der die Sarah-Langstrom-Stiftung verwaltet, hat seine Kanzlei in Moorpark. Ich kenne Moorpark mehr oder weniger zufällig: Callies Tochter und Enkelkind leben hier.
Das Geheimnis, eine Tochter zu haben, hat Callie jahrelang verfolgt. Ein Killer hatte es herausgefunden und versucht, dieses Wissen zu seinem Vorteil zu nutzen. Das Resultat? Callie und ich durchbrachen förmlich die Schallmauer, als wir zur Wohnung ihrer Tochter rasten und an ihre Tür hämmerten. Wir rechneten mit dem Schlimmsten.
Marilyn geht es gut, der Killer ist tot, und anstatt heimlichen Bedauerns hat Callie inzwischen eine Beziehung zu ihrer Tochter. Dies stellt sowohl meinen Sinn für Gerechtigkeit als auch den für Ironie zufrieden – eine Zufriedenheit, die auch eine sehr hässliche Seite hat: Der Tod des Killers durch meine Hand bereitet mir nicht die geringsten Schuldgefühle.
Moorpark ist eine dünn besiedelte Gegend, die an das alte Kalifornien erinnert. Wenn man den Freeway hinunter nach Moorpark fährt, passiert man Meilen um Meilen unbewohnter Hügellandschaft. Manchmal findet man sogar kühe.
Moorpark war früher eine ländliche Gemeinde. Heute ist es eine wachsende Vorstadt, besiedelt von mittlerer und oberer Mittelschicht, und es gehört zu einer der am schnellsten wachsenden Wohngegenden im gesamten südlichen Kalifornien.
Alan blickt aus dem Fenster nach draußen. »Noch zwanzig Jahre, und es ist eine Großstadt und ein heruntergekommenes Drecksloch«, murmelt er, ein zynisches Echo meiner eigenen Gedanken, was Moorparks Zukunft angeht.
»Vielleicht auch nicht«, widerspreche ich. »Simi Valley, die Nachbargegend, ist immer noch hübsch.«
Alan zuckt die Schultern. Er glaubt mir kein Wort. Wir verlassen den Freeway und biegen auf die Los Angeles Avenue ab.
»Da vorne rechts«, sagt Alan. »Das Gewerbegebiet.«
Wir fahren durch eine Ansammlung vier- und fünfstöckigerBürogebäude, genauso neu wie der Rest von Moorpark, mit viel Glas, das in der Sonne glänzt.
»Wir sind da«, sagt Alan und lenkt den Wagen an den Straßenrand. Mein Handy summt.
»Spreche ich mit Smoky Barrett?«, fragt eine forsche Frauenstimme.
»Ja. Wer ist da?«
»Ich bin Kirby. Kirby Mitchell.«
»Kenne ich Sie?«
»Tommy hat Ihnen meinen Namen nicht gesagt, der Blödmann. Sie haben ihn um Hilfe gebeten. Um Personenschutz, nicht wahr? Ich bin Ihre Leibwächterin.«
Der Groschen fällt. Es ist meine »loyale und absolut tödliche« Exkillerin im Staatsdienst.
»Ach, richtig … Sorry«, stammle ich. »Tommy hat mir keinen Namen genannt.«
Kirby kichert. Es ist ein kichern, das zum Rest ihrer Stimme passt. Munter, melodisch. Ein kichern wie von jemandem, der absolut keine Sorgen hat, der sich am Leben erfreut, der morgens keinen Kaffee braucht, der wahrscheinlich aus dem Bett springt und einen Zehn-Kilometer-Lauf absolviert und dabei ununterbrochen lächelt.
Ich überlege, ob ich sie mag oder nicht – aber das ist bei allen fröhlichen Menschen mein Problem. Man fühlt sich verpflichtet, ihnen eine Chance zu geben. Abgesehen davon bin ich neugierig. Die Vorstellung einer ewig gut gelaunten, fröhlichen
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