Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
kann’s kaum abwarten, bis du es siehst, Sarah.«
Sarah brannte vor Neugier.
»Ist der Kuchen fertig?«, fragte Desiree.
»Hab gerade die letzte Kerze draufgesteckt.«
»Gut. Ich wasch mir nur eben durchs Gesicht und kühl mich ein bisschen ab, dann feiern wir Geburtstag!«
Sarah lächelte, nickte und schaute Desiree hinterher, die Ned im Schlepp mit sich zog. Dann schloss sie die Augen. Es war ein gutes Jahr gewesen. Ned und Desiree waren wunderbar. Sie hatten sie von Anfang an geliebt, und nach einem oder zwei Monaten hatte Sarah den letzten Rest von Misstrauen überwunden und ihre Liebe erwidert.
Sie öffnete die Augen, schaute den Kuchen an, sah die Geschenke auf dem Tisch und das große Paket an der Wand.
Ich könnte hier glücklich sein. Ich bin hier glücklich.
Nicht alles war perfekt. Noch immer wurde Sarah von gelegentlichen Albträumen geplagt. An manchen Tagen wachte sie morgens auf und war erfüllt von tiefer Traurigkeit, die wie aus dem Nichts kam. Und obwohl sie die Schule mochte, hatte sie bisher keine Freundschaften geschlossen. Nicht, weil Sarah sie abgelehnt hätte; sie hatte sich einfach nicht darum bemüht. Sie war noch nicht bereit dazu.
Die alte Wachtel Watson hatte sich zu Anfang oft sehen lassen, doch in den letzten neun Monaten war sie nur ein einziges Mal da gewesen – was Sarah nur recht war. Cathy Jones war ein paar Mal zu Besuch gekommen und schien sich aufrichtig zu freuen, dass es Sarah besser ging.
Sarah hatte längst einen Platz in Desirees Armen akzeptiert, wenn Trost nötig war. Nur ihre Geschichte über den Fremden hatte Sarah noch nicht erzählt. Desiree würde ihr sowie nicht glauben. Manchmal wusste Sarah nicht einmal, ob sie selbst es glaubte. Vielleicht hatte Cathy ja recht. Vielleicht hatte sie unter einem Schock gestanden und war verwirrt.
Sarah vertrieb diese Zweifel mit einem energischen Kopfschütteln. Heute war ihr Geburtstag, und sie wollte diesen Tag genießen.
Ned und Desiree kamen zurück.
»Können wir die Kerzen anzünden, Sarah?«, fragte Desiree.
»Na klar!«, rief Sarah.
Ned nahm ein Feuerzeug und zündete jede Kerze an. Danach sangen sie ein ziemlich misstönendes »Happy Birthday«.
»Wünsch dir was, kleines, und dann puste sie alle aus!«, sagte Desiree.
Sarah schloss die Augen.
Ich wünsche mir … dass ich für immer hierbleiben kann.
Sie holte tief Luft, öffnete die Augen und blies sämtliche Kerzen auf einmal aus.
Ned und Desiree klatschten in die Hände.
»Ich wusste schon immer, dass du innen nur aus Luft bestehst!«, witzelte Ned.
»Was nun?«, fragte Desiree. »Möchtest du zuerst Kuchen essen oder deine Geschenke auspacken?«
Sarah konnte Desiree ansehen, wie sehr sie darauf brannte, dass Sarah das geheimnisvolle Geschenk auspackte.
»Zuerst die Geschenke!«
Hastig drehte Desiree sich um, ergriff das flache große Paket, das an der Wand gelehnt hatte, und reichte es Sarah.
Sarah wog es prüfend in den Händen. Es war groß, aber nicht sehr schwer. Ein Gemälde vielleicht? Oder ein Foto? Sie riss das Papier weg. Als sie den oberen Rand des Rahmens erblickte, machte ihr Herz einen Satz.
Ist das etwa …?
Sie riss das restliche Papier herunter, so schnell ihre kleinen Hände es ihr erlaubten. Dann sah sie, was es war, und ihr stockte der Atem.
Es war das Bild, das ihre Mutter für sie gemalt hatte. Das Baby im Wald, das Gesicht in den Wolken. Sarah blickte sprachlos zu Desiree hoch.
»Ich habe gespürt, wie sehr du dieses Bild liebst, als du mir davon erzählt hast, Sarah. Und weißt du was? Wie sich herausgestellt hat, hat Cathy Jones ein paar Sachen aus deinem Kinderzimmer weggepackt, nachdem sie … nachdem die Polizei fertig war. Ein paar Fotos und Spielsachen und so. Sie hat die Sachen für dich aufbewahrt, damit sie nicht verloren gehen. Das ist das Bild, nicht wahr?«
Sarah nickte. Sie war immer noch sprachlos. Das Herz pochte laut in ihrer Brust. Ihre Augen brannten.
»Danke«, hauchte sie schließlich. »Danke. Danke, danke, danke, danke! Ich weiß gar nicht …« Sie sah Desiree an, die sie anstrahle, und dann Ned, dessen Augen weich wurden. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Desiree strich mit der Hand über Sarahs Haar, zupfte ihreine Locke aus der Stirn und klemmte sie ihr hinters Ohr. »Schon gut, Liebes. Gern geschehen.« Desiree strahlte.
Ned hüstelte und hielt Sarah einen Umschlag hin. »Das hier ist der andere Teil des Geschenks, Sarah. Es ist … na ja, eine Art Gutschein.«
Sarah wischte
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