Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
Ende, der reinste Irrsinn an Blei und Stahl. Ich kann das Metall riechen, und ich höre die Projektile abprallen, höre die Querschläger jaulen und heulen und surren.
»Callie!«, rufe ich durch das Getöse und das Chaos.
Sie blickt zu mir.
Ich deute auf meine Augen. Wie viele?
Sie hebt einen Finger.
Einer.
Ich nicke und bedeute ihr, dass ich von ihr und Alan Feuerschutz will.
Sie nickt zurück. Ich sehe, wie sie Alan den Plan übermittelt. James hat sich hinter dem Pfeiler in Sicherheit gebracht, hinter dem auch Callie steht. Blut fließt aus einer Schnittwunde an seiner Stirn. Er sieht benommen aus, ist wahrscheinlich kampfunfähig.
Callie winkt mir mit erhobenem Daumen.
Ich werfe einen Blick zurück zu Tommy, packe meine Waffe und gehe in die Hocke, während ich auf die Stille warte, die irgendwann einsetzen muss.
Jeder muss mal nachladen.
Die Maschinenpistole scheint nicht zu verstummen. Ich weiß, dass es eine Illusion ist – die Zeit dehnt sich im Kampf, verliert ihre Bedeutung. Schweiß perlt mir von der Stirn, mir dröhnt der Schädel, es klirrt in meinen Ohren, und das Kordit in der Luft belegt meinen Gaumen mit einem metallischen Geschmack.
Dann, plötzlich, Stille.
Es ist wie ein Schock. Nach all dem Getöse ist die Stille selbst wie ein Geräusch.
Ich sehe, wie Callie um den Pfeiler herumwirbelt, die Waffe erhoben. Ich springe auf, blicke durch die Lobby, suche nach dem kleinen Latino mit dem grimmigen Gesicht …
Ich bleibe reglos stehen. Meine Pistole brüllt auf vor hilfloser Wut.
Der Eingangsbereich vor der Halle ist leer und verlassen.
KAPITEL 50
Ich renne zum Ausgang, springe durch die Metalldetektoren, die protestierend kreischen, vorbei an dem reglos daliegenden Sicherheitsbeamten. Ich vermag nicht zu sagen, ob er tot ist oder noch lebt.
Ich werfe mich mit der Schulter gegen die Tür und platze nach draußen auf die Stufen, schwer atmend, die Waffe in beiden Händen.
Nichts!
Ich renne die Stufen hinunter und auf den Parkplatz hinaus. Blicke nach links, nach rechts, suche nach dem Latino. Ich höre, wie hinter mir die Tür aufgestoßen wird. Dann ist Callie neben mir, gefolgt von Alan.
»Wo ist er?«, fragt Callie schwer atmend. »Er ist gerade erst durch die Tür, verdammt!«
Wir hören einen starken Motor aufheulen, dann das Quietschen von Reifen. Ich renne auf das Geräusch zu und sehe einen schwarzen Mustang, der vor mir flüchtet. Ich hebe die Pistole, will feuern – und in letzter Sekunde wird mir bewusst, dass ich nicht sicher sein kann. Ich kann nicht sicher sein, dass der Latino in diesem Wagen sitzt.
»Scheiße!«, rufe ich in hilfloser Wut.
»Kann man wohl sagen«, murmelt Alan.
Ich renne zurück ins Gebäude, drei Treppenstufen auf einmal, durch die Tür, die Detektoren. Callie und Alan folgen mir auf dem Fuß.
Die Lobby ist ein Bild der Verwüstung. Ich sehe drei Mann am Boden, die von anderen Agenten versorgt werden. Wenigstens vier weitere stehen mit gezogenen Waffen da, sichern wachsam. Mitch, der Chef der Sicherheitsleute, redet mit grimmigem Gesicht in sein Walkie-Talkie.
Ich wische mir mit zitternder Hand den Schweiß von der Stirn und versuche in die normale Raumzeit zurückzukehren. Ich denke immer noch in Sprüngen, abgehackt, stroboskopartig. Ich muss schnell denken, schnell handeln, doch ich muss auch innerlich zur Ruhe kommen.
»Sieh nach, was mit James ist«, beauftrage ich Callie.
Ich gehe zu Tommy. Sein Gesicht ist nicht mehr ganz so weiß, auch wenn er offensichtlich starke Schmerzen hat. Ichgehe neben ihm in die Hocke, nehme seine Hand in die meine.
»Du hast mir das Leben gerettet«, sage ich mit zitternder Stimme. »Du dummer, heldenhafter Trottel.«
»Ich …« Er zuckt zusammen. »Das sagst du bestimmt zu jedem Kerl, der dich vor umherfliegenden Granaten wegstößt.«
Ich will genauso schlagfertig antworten, doch mir fällt nichts ein, und ich stelle fest, dass es mir für den Moment die Sprache verschlagen hat. Ich liebe Tommy nicht, noch nicht, doch er bedeutet mir mehr als irgendein anderer Mann seit Matt. Wir sind zusammen .
»Tommy«, flüstere ich. »Ich dachte, du bist tot.« Meine Zunge fühlt sich wie betäubt an, wie unter Novocain, und mein Inneres ist aufgewühlt und nervös.
Er versucht nicht länger zu lächeln. Er sieht mir tief in die Augen. »Ich bin es nicht. Okay?«
Ich vertraue meiner Stimme nicht, deswegen nicke ich bloß.
»James ist kaum was passiert!«, ruft Callie, und ich zucke erschrocken zusammen.
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