Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
SWAT-Commanders. »Lieutenant Dawes hat deinen Namen schon mal gehört und jemanden beauftragt, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Ich bin hergekommen, habe mir ein Bild von der Lage gemacht und dich angerufen.«
Ich drehe mich zu Dawes um und betrachte ihn eingehend. Ich sehe einen durchtrainierten, wachsamen Profi mit kaltenAugen und brünettem Kurzhaarschnitt. Er ist allenfalls mittelgroß, unter eins achtzig, drahtig und hellwach. Er strahlt gelassene Zuversicht aus. Dawes ist ein typischer SWAT-Mann, was ich immer wieder tröstlich finde, wenn ich es sehe.
»Was meinen Sie, Lieutenant?«
Er mustert mich sekundenlang; dann zuckt er die Schultern. »Sie ist sechzehn, Ma’am. Eine Schusswaffe ist eine Schusswaffe, aber …«, wieder zuckt er die Schultern, »sie ist erst sechzehn.«
Zu jung zum Sterben , soll das heißen. Viel zu jung, als dass ich sie erschießen könnte, ohne mir den Tag zu versauen.
»Haben Sie einen Vermittler vor Ort?«, frage ich.
Ich meine damit einen Geiselvermittler. Jemanden, der ausgebildet ist, mit Leuten zu reden, die psychisch aus dem Gleichgewicht sind und schlimmstenfalls auch noch Waffen tragen.
»Leider nicht, Ma’am«, antwortet Dawes. »Wir haben zurzeit drei Geiselvermittler in L.A. Irgendjemand hat sich gesagt, dass heute der beste Tag sei, vom Dach des Roosevelt Hotels in Hollywood zu springen – da ist Nummer eins. Dann gibt es einen Vater, der möglicherweise das Sorgerecht für seine Kinder verliert und beschlossen hat, sich eine Schrotflinte an den Kopf zu halten – da ist Nummer zwei. Nummer drei wurde heute Morgen auf dem Weg zu einem Ausbildungsseminar auf einer Kreuzung von einem Laster erwischt, ob Sie’s glauben oder nicht.« Er schüttelt den Kopf. »Er liegt im Krankenhaus. Wir sind auf uns allein gestellt.« Er zögert. »Ich hätte verschiedene Mittel, um die Sache hier zu beenden, Ma’am. Tränengas, Hartgummigeschosse … Tränengas würde allerdings den Tatort durcheinanderbringen, und Gummigeschosse … Selbst wenn wir sie damit treffen, könnte das Mädchen sich immer noch eine Kugel in den Kopf jagen.« Er zuckt die Schultern. »Sieht so aus, als wäre es der beste Plan, wenn Sie reingehen und mit diesem verrückten Teenager reden.«
Ich antworte mit einem limonensauren Lächeln. »Danke.«
Er sieht mich mit schief gelegtem Kopf an, und in seinenAugen erwacht Interesse. »Sie sind eine Art Superschützin, habe ich gehört.«
»Annie Oakley ist eine Niete gegen mich«, antworte ich.
Er sieht mich zweifelnd an.
»Sie kann Kerzenflammen ausschießen und Löcher durch Vierteldollars ballern, Zuckerschnäuzchen«, sagt Callie zu ihm. »Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen.«
»Ich auch«, sagt Alan.
Das stimmt. Ich habe eine einzigartige Begabung für Handfeuerwaffen. Ich kann tatsächlich Kerzenflammen ausschießen, und ich habe wirklich schon Löcher in Vierteldollarmünzen geschossen, die jemand in die Luft geworfen hat. Keine Ahnung, woher ich das Talent habe.
»Okay«, sagt Dawes skeptisch. »Haben Sie denn schon mal auf Menschen geschossen?«
Es macht mir nichts aus, dass er mir diese Frage stellt. Ich verstehe es, denn ich habe bereits auf Menschen geschossen und einige sogar getötet. Ich weiß, dass es richtig ist, diese Frage zu stellen. Es ist ein Unterschied, ob man auf ein lebendes oder ein totes Ziel schießt, und man weiß erst, wie riesengroß dieser Unterschied ist, wenn man es selbst erlebt hat.
»Ja«, antworte ich schlicht.
Dass ich mich nicht in Einzelheiten ergehe, überzeugt Dawes wahrscheinlich mehr, als alle Worte es getan hätten. Auch er hat schon getötet, und er weiß, dass kein normaler Mensch sich damit brüsten würde. Oder mehr als nötig darüber reden würde. Oder auch nur darüber nachdenken würde, wenn es nicht unbedingt sein muss.
»Also gut. Sie werden eine Schussweste tragen und die Waffe im Anschlag halten. Und falls es zur Entscheidung kommt, ob Sie oder die kleine … tun Sie, was Sie tun müssen. Ich hoffe, Sie können dem Mädchen diesen Scheiß ausreden.«
»Das hoffe ich auch.« Ich sehe Alan an. »Hast du eine Idee, warum sie nach mir gefragt hat?«
Er schüttelt den Kopf.
»Kannst du mir irgendetwas über das Mädchen sagen?«
»Nicht viel. Die Kingsleys halten sich offenbar sehr für sich. Aber dieser alte Bursche, Jenkins, hat gesagt, das Mädchen sei von den Kingsleys adoptiert worden.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Vor ungefähr einem Jahr. Jenkins ist nicht mit der Familie
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