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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte, war
Überraschung geworden, die jäh in Misstrauen und Wut
umschlug, als er in Andrejs Gesicht blickte und begriff, dass er
nicht seinem Kameraden gegenüberstand. Einen Herzschlag
lang saß er reglos im Sattel und starrte auf ihn hinab, und
Andrej konnte in seinen Augen lesen, wie er ihn einzuschätzen
versuchte.
»Wer bist du?«, fragte er. Seine rechte Hand glitt zum Griff
des plumpen Schwertes, das er im Gürtel trug, und Andrej
musste sich beherrschen, um nicht dasselbe zu tun. Der Mann
unterschätzte ihn - was jedem passierte, der Andrej zum ersten
Mal sah; er war weder besonders groß noch von
außergewöhnlich kräftiger Statur. Außerdem war der Reiter
Zeuge geworden, wie Andrej ungeschickt vom Pferd gestürzt
war. Wenn er sein Pferd herumriss und davon sprengte, hatte
Andrej keine Möglichkeit, ihn einzuholen. Er stand drei oder
vier Meter entfernt, und Andrejs Knie pochte noch immer vor
Schmerz. Es würde Minuten dauern, bis er wieder in der Lage
war, zu laufen, oder auch nur normal zu gehen.
»Wer du bist, habe ich gefragt!« wiederholte der Soldat. Dann
beging er einen Fehler, der ihn das Leben kosten sollte: Er
schwang sich mit einer zornigen Bewegung aus dem Sattel, zog
das Schwert halb aus dem Gürtel und ließ den Griff dann mit
einem verächtlichen Laut wieder los, während er auf Andrej
zutrat.
Bei einem Gegner, der sich nur mühsam auf den Beinen
halten konnte und kaum halb so viel wog wie er, glaubte er
keine Waffe nötig zu haben.
»Hast du deine Zunge verschluckt, Bauerntölpel?«, fragte er.
»Wie kommst du an Hässlers Pferd? Hast es ihm gestohlen,
wie?«
»Nein, Herr«, antwortete Andrej leise. Er tat so, als ob er
eingeschüchtert den Blick senken würde und machte zugleich
einen humpelnden Schritt zurück - der keinen anderen Sinn
hatte als den, sein Knie auf die Probe zu stellen. Es tat noch
immer weh, aber er konnte sich bewegen.
»Ich habe es nicht gestohlen.«
»Wie kommst du dann an das Pferd?«, wollte der Soldat
wissen. Das Misstrauen in seinem Gesicht war mittlerweile
vollends erloschen und hatte einer boshaften Vorfreude Platz
gemacht. »Na, spielt keine Rolle. Ich werde ihn fragen. Oder
besser noch - ich hebe dich für ihn auf, damit er dich fragen
kann, wenn er zurück ist. Ich fürchte nur …«, er lachte hart, »…
dass er nicht besonders guter Laune sein wird, wenn er den
ganze Weg von der Alm hinab zu Fuß laufen musste.«
»Das muss er nicht«, antwortete Andrej.
Der Soldat blieb stehen. »Wie meinst du das?«
»Weil er tot ist«, sagte Andrej. »Und du es auch gleich sein
wirst.«
Diese Unverschämtheit verschlug dem Soldaten die Sprache.
Einen Augenblick lang starrte er Andrej mit offenem Mund an,
dann verzerrte sich sein Gesicht vor Wut, und er stürzte sich mit
hochgerissenen Fäusten auf seinen viel kleineren Gegner.
Andrej empfing ihn mit einem Fußtritt, der zwar eine neue
Woge heißer Schmerzen durch sein Knie jagte, den Burschen
aber auch stolpern und mit einem hilflosen Krächzen auf die
Knie fallen ließ, wo er sich würgend krümmte.
Vermutlich wurde ihm bereits in diesem Moment klar, dass er
seinen Gegner falsch eingeschätzt hatte. Andrej trat ruhig auf
ihn zu, wartete, bis er wieder zu Atem gekommen war und nach
dem Schwert zu greifen versuchte, und entrang ihm die Waffe
ohne die geringste Anstrengung. Mit der linken Hand
schleuderte er das Schwert über die Schulter davon, mit der
anderen schlug er dem Soldaten gleichzeitig so hart ins Gesicht,
dass dieser nach hinten geworfen wurde und endgültig auf den
Rücken fiel.
»Um deine Frage zu beantworten, mein Freund«, sagte er.
»Mein Name ist Andrej Deläny. Ich stamme nicht aus dem
Dorf. Ich bin hier nur zu Gast - genau wie du. Aber ich habe
den Eindruck …« Er sah sich um. »… dass ihr euch nicht wie
Gäste benehmt. Habt ihr das Dorf angezündet?«
Der Soldat stemmte sich stöhnend auf die Ellbogen hoch.
Sein Gesicht war grau vor Schmerz und blut-überströmt, und er
bekam immer noch nicht richtig Luft. Aber das Flackern in dem
Blick, mit dem er Andrej maß, zeugte von viel mehr Wut als
Schmerz, oder gar Angst. Der Soldat hatte keineswegs
aufgegeben, sondern betrachtete ihn mit neuem Respekt,
während er vermutlich überlegte, auf welche Weise er ihn
angreifen würde. Er beantwortete Andrejs Frage auch nicht,
sondern stellte selbst eine. »Hast du Hässler getötet?«
»Nein«, antwortete Andrej wahrheitsgemäß. »Aber ich war
dabei, als er

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