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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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zurück, um den Mann vorbeizulassen, dann sprang sie über den Zaun und rannte den Rest der Strecke.
    Rowley stand noch eine Weile in Gedanken versunken da. Eine fremde Stimme riss ihn aus seinen Träumen.
    Ein hoch gewachsener Mann mit einem Filzhut auf dem Kopf und einem lässig über die Schulter geworfenen Rucksack stand auf dem Fußweg jenseits des Gatters.
    »Ist dies der Weg nach Warmsley Vale?«, erkundigte sich der Fremde.
    »Ja, halten Sie sich nur immer an den Pfad. Quer über dieses Feld dort, dann kommen Sie zur Landstraße. Da wenden Sie sich nach rechts, und in ein paar Minuten sind Sie mitten im Dorf.«
    Hunderte von Malen hatte er die gleiche Auskunft e r teilt.
    Die nächste Frage war nicht so üblich, doch beantwo r tete Rowley sie, ohne ihr weitere Beachtung zu schenken.
    »Im ›Hirschen‹ oder im ›Glockenhof‹. Sie sind beide gleich gut – oder gleich schlecht, wie man’s nimmt. In einem von beiden Hotels kriegen Sie sicher ein Zimmer für die Nacht.«
    Rowley betrachtete sich den Fragesteller genauer. Der Mann war auffallend groß, hatte blaue Augen, ein von der Sonne gebräuntes Gesicht und einen Bart. Er sah nicht schlecht aus, wenn auch etwas derb und draufgängerisch. Er gehörte jedenfalls nicht zu den Menschen, die gleich auf den ersten Blick vorbehaltlos Sympathien erwecken.
    Wahrscheinlich kommt er von Übersee, dachte Rowley. Ihm schien, als spräche der Fremde mit einem Akzent, der ein wenig an die Kolonien erinnerte. Sonderbar, aber das Gesicht kam ihm nicht völlig fremd vor.
    »Können Sie mir sagen, ob es hier in der Nähe ein Haus namens Furrowbank gibt?«
    »Ja, dort oben auf dem Hügel«, erwiderte Rowley. »Sie müssen daran vorbeigekommen sein, wenn Sie zu Fuß vom Bahnhof hergegangen sind.«
    »Das große, neu aussehende Haus auf dem Hügel? Das ist es also.«
    Der Mann wandte sich um und schaute zu Furrowbank hinauf.
    »Es muss eine Menge kosten, so ein Anwesen zu unte r halten.«
    Allerdings, dachte Rowley, und es ist unser Geld! Ärger überflutete ihn einen Moment und ließ ihn vergessen, dass er sich in
    Gesellschaft eines Fremden befand. Als er sich wieder zusammenriss, fiel ihm der sonderbare Ausdruck in den Augen des Mannes auf, der immer noch das Haus auf dem Hügel anstarrte.
    »Wohnt dort nicht eine gewisse Mrs Cloade?«, fragte er.
    »Stimmt«, bestätigte Rowley. »Mrs Gordon Cloade.«
    Die Brauen des Fremden zogen sich erstaunt in die Höhe. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seinen Mund.
    »Ach, Mrs Gordon Cloade. Da hat sie ja Glück gehabt.« Er nickte Rowley zu. »Danke für die Auskunft«, und den Rucksack zurechtschiebend, setzte er seinen Weg nach Warmsley Vale fort.
    Rowley wandte sich langsam wieder seinem Haus zu. Wo hatte er dieses Gesicht nur schon gesehen? Der G e danke ließ ihn nicht los.
    Gegen halb zehn Uhr am Abend des gleichen Tages e r hob sich Rowley vom Tisch, der von einer Unzahl Fo r mulare bedeckt war, warf einen Blick auf Lynns Bild auf dem Kamin und verließ dann nachdenklich das Haus.
    Zehn Minuten später stieß er die Tür zur Wirtsstube des Hotels »Zum Hirschen«, auf. Beatrice Lippincott nickte ihm hinter der Theke zu. Bei einem Glas Bier tauschte Rowley die üblichen Bemerkungen über das Wetter, die Fehler der augenblicklichen Regierung und die Ernte aus. Nach einem Weilchen gelang es ihm, sich näher an Beatrice heranzupirschen und sie leise zu fragen:
    »Ist heute nicht ein Fremder angekommen? Großer Mann. Verbeulter Hut.«
    »So gegen sechs Uhr ist ein Gast gekommen. Der kön n te es sein, Mr Rowley.«
    »Den meine ich. Er kam bei mir vorbei und fragte nach dem Weg.«
    »Er scheint hier in der Gegend nicht bekannt zu sein«, bemerkte Beatrice.
    »Ich war neugierig, wer es wohl sein könnte.«
    Er lächelte Beatrice an, und Beatrice lächelte, zurück.
    »Nichts leichter als das, Mr Rowley, wenn Ihnen daran liegt, es zu wissen.«
    Sie holte unter der Theke ein großes, in braunes Leder gebundenes Buch hervor, in das die ankommenden Gäste eingeschrieben wurden. Die letzte Eintragung lautete:
    Enoch Arden. Kapstadt. Britischer Staatsangehöriger.

10
     
    E s war ein herrlicher Morgen. Die Vögel zwi t scherten, die Sonne schien, und Rosaleen, in ihrem teuren, so einfach wirkenden gestreiften Kleid zum Frühstück hinunterkommend, war mit sich und der Welt zufrieden.
    Die Ahnungen und Ängste, die sie in letzter Zeit b e drückt hatten, waren verflogen. David war ebenfalls guter Laune und zu Scherzen aufgelegt. Sein

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