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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Besuch in London am Vortag war zu seiner Zufriedenheit verlaufen. Das Frühstück war ausgezeichnet. Sie waren eben damit fertig, als die Post gebracht wurde.
    Sieben oder acht Briefe waren an Rosaleen gerichtet. Rechnungen, Bitten um Unterstützung verschiedener Wohltätigkeitsorganisationen, nichts von Bedeutung.
    David legte ein paar kleine Rechnungen beiseite und öffnete einen Umschlag, dessen Adresse in Druckbuc h staben geschrieben war. Auch der inliegende Brief war in der gleichen unpersönlichen Weise abgefasst.
     
    Sehr geehrter Mr Hunter,
    da der Inhalt dieses Briefes Ihre Schwester »Mrs Cloade« erschr e cken könnte, halte ich es für richtiger, mein Schreiben an Sie zu richten. Um mich kurz zu fassen: Ich habe Nachrichten von Captain Robert Underhay, was Ihre Schwester sicher freuen wird zu hören. Ich wohne im »Hirschen«. Falls Sie mich dort heute Abend aufsuchen wollen, werde ich Ihnen gern Näheres mitteilen.
    Mit vorzüglicher Hochachtung
    Enoch Arden
     
    Ein erstickter Laut entfloh David. Rosaleen schaute l ä chelnd auf, wurde jedoch sogleich ernst, als sie das G e sicht ihres Bruders sah, und fragte beunruhigt:
    »Was gibt’s denn, David?«
    Er hielt ihr stumm den Brief entgegen.
    Rosaleen las das Schreiben.
    »Aber David… ich verstehe nicht, was… was hat das zu bedeuten?«
    »Du kannst doch lesen, oder hast du’s verlernt?«
    »Bedeutet das, dass wir… was sollen wir tun?«
    Auf Davids Stirn hatten sich tiefe Querfalten gebildet. Nun nickte er seiner Schwester besänftigend zu.
    »Mach dir keine Sorgen. Ich werde die Sache erledigen.«
    »Ja, aber bedeutet das, dass wir – «
    »Hab nicht gleich Angst, Rosaleen. Ich werde dir sagen, was du tust. Du gehst gleich hinauf, packst ein Köffe r chen und fährst nach London. Bleib in der Wohnung dort, bis du von mir hörst. Alles Übrige überlass ruhig mir.«
    »Ja, aber – «
    »Tu, was ich dir gesagt habe, Rosaleen.«
    Er lächelte ihr zu und sprach freundlich und mit zuve r sichtlich klingender Stimme auf sie ein.
    »Geh hinauf und pack deine Siebensachen. Ich fahre dich zum Bahnhof. Du kannst den 10-Uhr-32-Zug noch erwischen. Sag dem Portier in London, dass du niema n den zu sehen wünschst. Falls jemand nach dir fragt, per Telefon oder persönlich, so lass sagen, du seiest nicht da, du seiest nicht in der Stadt. Drück dem Portier ein Trin k geld in die Hand, damit er’s nicht vergisst. Er darf ni e manden zu dir lassen außer mir.«
    »Oh!« Rosaleens Hände hoben sich in ängstlicher Ge s te.
    »Es besteht kein Grund zu Befürchtungen«, versicherte David. »Aber die Situation ist nicht einfach, und du bist ihr nicht gewachsen. Deshalb will ich dich aus dem Weg haben. Ich werde schon damit fertig, hab keine Angst.«
    »Kann ich nicht hier bleiben, David?«
    »Nein, Rosaleen, sei vernünftig. Ich muss freie Hand haben mit diesem Burschen, wer immer er sein mag.«
    »Glaubst du, dass er – «
    »Im Augenblick glaube ich überhaupt nichts«, erwiderte David nachdrücklich. »Wir müssen der Reihe nach vo r gehen. Und als Erstes musst du von der Bildfläche ve r schwinden. Dann kann ich herausfinden, wie die Dinge liegen. Sei vernünftig, Rosaleen, und beeil dich.«
    Gehorsam verließ sie den Raum.
    David musterte stirnrunzelnd den Brief in seiner Hand. Der Ton war höflich, der Inhalt nichtssagend. Irgendwe l che Schlüsse aus den Zeilen zu ziehen, war schwierig. Möglich, dass der Schreiber ehrliche Besorgtheit ausdr ü cken wollte, möglich aber auch, dass es ihm darum zu tun war, eine versteckte Drohung anzubringen. Was David etwas seltsam erschien an dem Brief, waren die Anfü h rungszeichen vor und nach dem Namen seiner Schwester. Dieses »Mrs Cloade« wirkte beunruhigend.
    Er betrachtete die Unterschrift. Enoch Arden. Eine E r innerung wurde geweckt, blieb aber verschwommen. I r gendwelche Verse hingen damit zusammen.
     
    Als David an diesem Abend die Halle des »Hirschen« betrat, war, wie üblich, niemand da. Eine Tür an der li n ken Seite trug die Aufschrift »Café«, eine Tür an der rec h ten Seite war bezeichnet mit »Salon«. Eine weiter hinten liegende Tür führte zu Räumlichkeiten, die laut Hinweis »Nur für Hotelgäste« reserviert waren. Durch einen Ko r ridor, der rechts abzweigte, kam man in die Wirtsstube, aus der gedämpftes Stimmengewirr herüberdrang. Auf die durchsichtige Vorderfront eines Glasverschlags war »B ü ro«, gemalt. Neben dem Schiebefenster stand vorsorglich eine Glocke.
    Man mußte

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