Der Todeswirbel
erzähle ich Ihnen gerne Näheres. Wir alle hier haben uns damals empört, als Ihr Onkel starb und sein Geld an Fremde fiel. Ich hoffe, Sie nehmen mir meine Zeilen nicht übel, aber ich hielt es für sehr wichtig mich an Sie zu wenden.
Mit bestem Gruß,
Beatrice Lippincott
Ratlos starrte Rowley auf den Bogen in seiner Hand. Was sollte das heißen? Wie ließen sich diese Zeilen auslegen? Die gute Bee! Sie kannten sich seit ihrer Kindheit. Seinen ersten Tabak hatte er im Laden ihres Vaters gekauft und später manche Stunde mit ihr hinterm Ladentisch vertr ö delt. Sie war ein hübsches Mädchen gewesen. Während einer fast einjährigen Abwesenheit Bees von Warmsley Vale hatten böse Zungen behauptet, sie habe irgendwo ein uneheliches Kind zur Welt gebracht. Vielleicht war es nur Gerede, vielleicht entsprach es der Wahrheit. Heute jedoch genoss sie allgemeines Ansehen.
Rowley warf einen Blick auf die Uhr. Er zog es vor, sich unverzüglich auf den Weg zum »Hirschen« zu machen. Er wollte wissen, was hinter diesen Andeutungen Beatr i ces steckte.
Es war kurz nach acht Uhr, als er die Tür zur Wirtsst u be aufstieß. Rowley grüßte diesen und jenen Gast, ging aber geradewegs zur Theke, wo er sich ein Glas Bier b e stellte. Beatrice lächelte ihm zu. »Guten Abend, Mr Ro w ley.«
»Guten Abend, Beatrice. Vielen Dank für Ihren Brief.«
»Ich habe gleich Zeit für Sie. Nur einen Moment.« Rowley nickte und trank dann langsam sein Bier, wä h rend Beatrice die bestellten Getränke ausgab. Sie rief über die Schulter nach Lilly, und bald darauf kam das Mädchen und löste sie ab. »Wollen Sie bitte mit mir kommen, Mr Rowley?« Sie führte ihn durch einen Korridor zu einer Tür, auf der »Privat« stand. Das kleine Zimmer dahinter war mit Plüschmöbeln und Porzellanfigürchen voll g e pfropft. Auf einer Sessellehne thronte neckisch ein bereits ziemlich mitgenommener Pierrot aus buntem Seidenstoff.
Beatrice stellte das plärrende Radio ab und deutete auf einen Sessel.
»Ich bin sehr froh, dass Sie meiner Aufforderung g e folgt sind, Mr Rowley, und ich hoffe wirklich, Sie nehmen mir mein Schreiben nicht übel. Das ganze Wochenende habe ich mir den Kopf zerbrochen und überlegt, was ich tun soll, aber ich habe das Gefühl, Sie müssen einfach wissen, was hier los war.«
Beatrice fühlte sich glücklich und völlig in ihrem El e ment. Außerdem kam sie sich sehr wichtig vor.
Rowley fragte mit sanftem Drängen:
»Und was war los?«
»Sie erinnern sich doch an Mr Arden, nicht wahr? Den Herrn, nach dem Sie sich neulich erkundigt haben, Mr Rowley.«
»Ja, natürlich.«
»Am nächsten Abend kam Mr Hunter und fragte nach ihm.«
»Mr Hunter?«
Rowley richtete sich interessiert auf.
»Ja, Mr Rowley. ›Nummer 5 im ersten Stock‹, sagte ich, und Mr Hunter ging gleich die Treppe hinauf. Ich war etwas überrascht, wenn ich ehrlich sein soll, denn dieser Mr Arden hatte kein Wort davon erwähnt, dass er irgen d jemanden in Warmsley Vale kenne, und ich war übe r zeugt gewesen, er sei hier in der Gegend völlig fremd. Mr Hunter machte einen ziemlich nervösen Eindruck, so, als sei ihm eine Laus über die Leber gelaufen, aber ich acht e te noch nicht weiter darauf.«
Sie schaltete eine Pause zum Atemholen ein, und Ro w ley ließ ihr Zeit. Er drängte sie nicht. Das war nicht seine Art.
Würde in ihre Worte legend, fuhr Beatrice fort:
»Kurz darauf musste ich im Zimmer Nummer 4 die Bettwäsche und die Handtücher wechseln. Zwischen Nummer 4 und Nummer 5 gibt es eine Verbindungstür, aber in Nummer 5 steht ein großer Schrank davor, so dass man die Tür nicht sieht. Im Allgemeinen ist diese Tür geschlossen, aber zufällig war sie an jenem Abend ein kleines bisschen offen, wieso und warum und wer sie geöffnet hat, ist mir allerdings schleierhaft.«
Wieder verzichtete Rowley darauf, etwas zu sagen; er nickte nur.
Er zweifelte nicht daran, dass die gute Beatrice hinau f gegangen war und die Tür geöffnet hatte, um zu la u schen.
»Und so konnte ich einfach nicht anders als hören, was nebenan gesprochen wurde. Ich sage Ihnen, Mr. Rowley, ich fiel aus allen Wolken. Sie hätten mich mit einer Feder umwerfen können – «
Dazu wäre schon eine Feder von einigen Kilo Gewicht nötig gewesen, dachte Rowley amüsiert.
Er lauschte mit unbeteiligtem, beinahe ausdruckslosem Gesicht Beatrices Wiederholung des Gesprächs zwischen den beiden Männern. Als sie ihren Bericht beendet hatte, sah sie ihn erwartungsvoll an.
Doch
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