Der Todeswirbel
Personalien.
»Wo und wann lernten Sie Robert Underhay kennen?«
Major Porter bellte seine Antwort in militärischer Knappheit heraus.
»Sie haben die Leiche in Augenschein genommen?«
»Jawohl.«
»Sind Sie imstande, die Leiche zu identifizieren?«
»Jawohl. Der Tote ist Robert Underhay.«
Ein Raunen ging durch den Saal.
»Sie hegen nicht den geringsten Zweifel?«
»Nicht den geringsten Zweifel«, echote der Major.
»Ein Irrtum ist ausgeschlossen?«
»Ausgeschlossen.«
»Danke, Major Porter. Und nun Mrs Gordon Cloade, bitte.«
Rosaleen erhob sich. Als der Major und sie aneinander Vorbeigingen, würdigte sie ihn keines Blickes, während er sie neugierig betrachtete.
»Sie haben in Gegenwart von Inspektor Spence die Le i che in Augenschein genommen, Mrs Cloade?«
»Ja.«
Ein Schauder rann über Rosaleens Körper.
»Sie erklärten, der Mann sei Ihnen unbekannt.«
»Ja.«
»Möchten Sie nach Major Porters eben gemachter Au s sage Ihre Erklärung berichtigen oder zurückziehen?«
»Nein.«
»Sie bleiben dabei, dass es sich bei dem Toten nicht um Ihren ersten Mann, Robert Underhay, handelt?«
»Es war nicht mein Mann. Es war ein völlig Fremder.«
»Aber wie ist das möglich, wo Major Porter in dem T o ten seinen Freund Robert Underhay erkannt hat?«
»Major Porter irrt sich«, erwiderte Rosaleen ruhig und ohne jede sichtbare Gemütsbewegung.
»Sie stehen nicht unter Eid, Mrs Cloade, aber vorau s sichtlich werden Sie binnen kurzem vor einem anderen Gerichtshof unter Eid aussagen müssen. Sind Sie bereit zu schwören, dass es sich bei dem Ermordeten um einen Ihnen gänzlich unbekannten Mann und nicht um Ihren ersten Gatten handelt?«
»Ich bin bereit zu beschwören, dass es nicht die Leiche meines ersten Gatten, sondern die eines mir völlig unb e kannten Mannes ist«, bestätigte Rosaleen ausdruckslos.
Sie sprach klar und ohne zu zögern. Ihre Augen wichen dem Blick des Coroners nicht aus.
Mr Pebmarsh nahm die Brille von der Nase. Er hieß Rosaleen, sich wieder zu setzen, und wandte sich den Geschworenen zu.
Über die Todesart des Mannes bestand kein Zweifel. Es war weder Selbstmord noch Unfall. Hier liegt glatter Mord vor. Umstritten war nur noch die Person des T o ten. Ein Mann von untadeligem Charakter und tadell o sem Ruf, ein Mann, auf dessen Wort man sich verlassen konnte, hatte erklärt, es handle sich um Robert Underhay. Andrerseits hatten die Behörden seinerzeit den Tod R o bert Underhays als genügend bewiesen erachtet und nicht gezögert, sein Hinscheiden in die amtlichen Bücher ei n zutragen. Im Widerspruch zu Major Porters Aussage b e hauptet die Witwe Robert Underhays, die jetzige Mrs Gordon Cloade, dass der Tote ein Fremder und nicht ihr erster Ehemann sei. Aussage stand also gegen Aussage. Abgesehen von der Frage der Identität des Mannes wü r de es den Geschworenen nun obliegen, darüber zu en t scheiden, wer als Täter in Betracht kam. Man dürfe sich nicht von gefühlsmäßigen Eindrücken beeinflussen la s sen, erklärte Pebmarsh. Zu einer Anklageerhebung gehö r ten Indizien der Täterschaft, Motive und Nachweis der Gelegenheit zur Vollbringung der Tat. Falls sich weder durch Zeugenaussagen noch andere Hinweise die Schuld einer bestimmten Person erhärten ließ, müsste man zu dem Schluss kommen: Mord, begangen von einem U n bekannten. Ein so lautendes Verdikt überließ es der Pol i zei, den Täter aufzuspüren.
Nach erfolgter Belehrung zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Sie brauchten nur eine Dreivierte l stunde.
Ihr Spruch lautete: Anklage gegen David Hunter wegen vorsätzlichen Mordes.
23
N ach der Verhandlung trafen sich Inspe ktor Spence und Hercule Poirot.
»Ich weiß nicht, was ich von diesem Hunter halten soll«, gestand der Inspektor. »Ich habe schon hä u fig mit Leuten seines Schlags zu tun gehabt. Sind sie schuldig, benehmen sie sich so, dass man jeden Eid auf ihre Unschuld schw ö ren möchte, und haben sie ein reines Gewissen, führen sie sich auf, als seien sie das verkörpe r te Verbrechen.«
»Sie halten ihn für schuldig?«, erkundigte sich Poirot.
»Sie nicht?«, fragte Spence.
»Ich wüsste gern, was Sie gegen ihn in der Hand h a ben«, gab der Belgier zurück.
»Indizien meinen Sie, die einer gerichtlichen Unters u chung standhalten?«
Poirot nickte.
»Das Feuerzeug zum Beispiel.«
»Wo wurde es gefunden?«
»Unter dem Toten.«
»Fingerabdrücke.«
»Keine.«
»Ah«, machte Poirot.
»Ja, das gefällt mir auch
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