Der Todeswirbel
nicht«, gestand Spence.
»Außerdem war die Uhr des Toten um zehn Minuten nach neun stehen geblieben. Das stimmt mit den Auss a gen der Ärzte hinsichtlich der Todeszeit überein. Dazu kommt Rowley Cloades Erklärung, Arden habe noch Besuch erwartet.«
Poirot nickte.
»Ja, es fügt sich alles sehr schön zueinander.«
»Was mir nicht aus dem Kopf will, Monsieur Poirot, ist, dass Hunter – und seine Schwester – die einzigen sind, die ein Motiv haben. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat David Hunter diesen Underhay ermordet, oder die Tat ist von jemandem begangen worden, der ihm hierher gefolgt ist und ihm auflauerte aus einem Grund, von dem wir nichts ahnen. Aber diese zweite Möglichkeit erscheint mir sehr weit hergeholt.«
»Das ist auch meine Meinung.«
»Wer in Warmsley Vale sollte irgendeinen Groll gegen Robert Underhay hegen? Nur David Hunter und seine Schwester kannten ihn überhaupt. Es sei denn, es gibt jemanden in der Nachbarschaft, der mit Underhay in Verbindung stand. Das wäre ein Zufall, und völlig darf man auch Zufälle nicht ausschließen. Doch bis jetzt hat sich nicht die kleinste Andeutung für das Bestehen so l cher Beziehungen entdecken lassen. Für die Familie Cl o ade musste dieser Underhay ein mit aller erdenklicher Rücksicht zu behandelnder Zeuge sein. Der lebende U n derhay bedeutete für die Cloades ein Riesenvermögen.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, mon ami«, versicherte Po i rot. »Die Familie Cloade braucht Robert Underhay, den lebenden Robert Underhay.«
»Was die Aussage von Beatrice Lippincott betrifft, so kann man sich, meiner Meinung nach, darauf verlassen«, fuhr der Inspektor fort. »Sie hat vermutlich dieses und jenes dazugedichtet, aber im Großen und Ganzen wird die Unterhaltung zwischen den beiden Männern so ve r laufen sein, wie sie es gehört zu haben behauptet. Schlie ß lich wusste sie doch von den erwähnten Dingen nichts. Wie soll sie sich das alles ausgedacht haben? Nein, ich traue eher ihrer Aussage als der David Hunters.«
»Auch in diesem Punkt gebe ich Ihnen Recht.«
»Außerdem haben wir eine Bestätigung für Beatrice Lippincotts Behauptung. Was meinen Sie, weshalb Hu n ter und seine Schwester so schnell nach London fuhren, nachdem der Fremde im Dorf aufgetaucht war?«
»Das ist eine der Fragen, die mich am meisten intere s sieren.«
»Die finanzielle Lage Mrs Cloades ist so, dass sie das Kapital ihres verstorbenen Mannes nicht anrühren darf, nur die Nutznießung steht ihr zu, darüber hinaus höch s tens tausend Pfund oder so. Aber sie hat viel wertvollen Schmuck. Und das Erste, was sie nach ihrer Ankunft in London tat, war, in die Bond Street laufen und ihre Juw e len verkaufen. Sie brauchte also schnell eine größere Summe Geld. Anders gesagt: Sie musste einem Erpresser den Mund stopfen.«
»Und Sie betrachten diese Tatsache als Beweis?«, fragte Poirot.
»Natürlich. Sie etwa nicht?«
»Nein.« Poirot schüttelte den Kopf. »Eine Erpressung lag offensichtlich vor. Den Beweis dafür sehe ich als e r bracht an. Aber der Vorsatz, einen Mord zu begehen? Nein, mon ami. Sie können entweder das eine annehmen oder das andere. Beides zusammen widerspricht sich. Entweder war der junge Mann bereit, dem Erpresser das verlangte Geld zu zahlen, oder er fasste den Entschluss, den Mann unschädlich zu machen. Ihre Nachforschu n gen haben den Beweis dafür geliefert, dass er zu zahlen bereit war.«
»Das stimmt, aber vielleicht hat er seine Absicht geä n dert.«
Poirot zuckte zweifelnd die Achseln.
»Sie nehmen großes Interesse an diesem Fall, Monsieur Poirot«, meinte der Inspektor. »Darf ich fragen, wieso?«
»Ehrlich gesagt – « Poirot streckte seine Arme in einer etwas pathetischen Geste aus – »weiß ich das selbst nicht so genau. Sie erinnern sich, dass ich Ihnen erzählte, wie ich in einem Club zufällig anwesend war, als Major Porter die Cloades und diesen Robert Underhay erwähnte?«
Spence nickte.
»Damals dachte ich: eine interessante Situation. Wer weiß, ob daraus nicht eines Tages etwas entsteht.«
»Und das Unerwartete ist eingetroffen, wie?«, fügte der Inspektor hinzu.
»Nein, das Erwartete«, verbesserte Poirot ihn.
»Haben Sie denn einen Mord erwartet?«, forschte Spe n ce ungläubig.
»Nein, nein, natürlich keinen Mord«, wehrte Poirot ab. »Aber nehmen Sie die Tatsachen: Eine Frau heiratet zum zweiten Mal. Die Möglichkeit besteht, dass der erste Mann noch lebt. Und voilà – er lebt. Die Möglichkeit
Weitere Kostenlose Bücher