Der Todschlaeger
doch so nett
und holen Sie einen Eimer heißes Wasser für
Madame Lantier, die es eilig hat.«
Der Gehilfe nahm den Eimer und brachte ihn
voll zurück. Gervaise bezahlte, der Eimer
kostete einen Sou. Sie goß das heiße Wasser in
den Zuber und seifte die Wäsche zum
letztenmal mit den Händen ein, wobei sie sich
inmitten einer Dampfwolke, die graue
Dunstschwaden in ihr blondes Haar hängte,
über das Waschbrett beugte.
»Da, nehmen Sie doch Soda, ich habe welches
da«, sagte die Concierge zuvorkommend. Und
sie schüttete den Rest einer Tüte Soda, die sie
mitgebracht hatte, in Gervaises Zuber. Sie bot
ihr auch Bleichlauge an, aber die junge Frau
lehnte ab; das sei gut für Fett und Weinflecke.
»Er ist wohl etwas hinter den Schürzen her«,
begann Frau Boche wieder, auf Lantier
zurückkommend, ohne seinen Namen zu
nennen.
Kreuzlahm, die krampfhaft zuckenden Hände
tief in die Wäsche gesteckt, begnügte sich
Gervaise damit, den Kopf zu schütteln.
»Ja, ja«, fuhr die andere fort, »ich habe
mehrere Kleinigkeiten bemerkt ...« Aber bei
der jähen Bewegung Gervaises, die sich ganz
bleich wieder aufgerichtet hatte und sie scharf
ansah, schrie sie laut los: »O nein, ich weiß
nichts! – Er lacht gern, glaube ich, das ist
alles ... Also, die beiden Mädchen, die bei uns
wohnen, Adèle und Virginie – Sie kennen sie
ja –, na, mit denen scherzt er, und weiter ist da
nichts, dessen bin ich sicher.«
Die junge Frau, die mit schweißüberströmten
Gesicht und triefenden Armen aufrecht vor ihr
stand, sah sie immer noch mit starrem und
durchdringendem Blick an.
Da wurde die Concierge ärgerlich, versetzte
sich einen Faustschlag auf die Brust und gab
ihr Ehrenwort. Sie rief:
»Ich weiß wirklich nichts, wenn ich es Ihnen
doch sage!« Dann beruhigte sie sich und setzte
mit zuckersüßer Stimme hinzu, wie man zu
jemandem spricht, dem die Wahrheit schlecht
bekommen könnte: »Ich, ich finde, er hat
aufrichtige Augen ... Er wird Sie heiraten,
meine Kleine, das versichere ich Ihnen!«
Gervaise wischte sich mit der nassen Hand die
Stirn ab. Dann zog sie ein anderes
Wäschestück aus dem Wasser, wobei sie
erneut den Kopf schüttelte. Einen Augenblick
wahrten beide Schweigen.
Rings um sie war das Waschhaus ruhiger
geworden. Es schlug elf Uhr. Die Hälfte der
Wäscherinnen saßen mit einem Schenkel auf
dem Rand ihrer Zuber, eine entkorkte
Literflasche Wein zu ihren Füßen, und aßen
Würstchen, die in eingeschnittenen Stücken
Brot steckten. Nur die Hausfrauen, die
hergekommen waren, um ihre kleinen Bündel
Wäsche zu waschen, beeilten sich und sahen
auf die über dem Büro hängende runde
Wanduhr. Einige Schläge mit dem
Wäschebleuel knallten noch vereinzelt
inmitten des gedämpften Gelächters, der
Gespräche, die in dem gierig schlingenden
Geräusch der Kinnladen wie in Teig
versanken, während die Dampfmaschine, die
ohne Rast und Ruh weiterarbeitete, vibrierend,
ratternd, den unermeßlichen Saal füllend, die
Stimme lauter zu erheben schien. Aber nicht
eine der Frauen hörte sie; das war gleichsam
das Atmen des Waschhauses selbst, ein
glühender Atem, der den ständig in der Luft
schwebenden Wrasen unter dem
Deckengebälk staute. Die Hitze wurde
unerträglich. Sonnenstrahlen drangen links
durch die hohen Fenster und entzündeten die
rauchenden Dämpfe der weiten opalisierenden
Flächen von ganz zartem Graurosa und
Graublau. Und als Klagen laut wurden, ging
der Gehilfe Charles von einem Fenster zum
anderen und zog grobe Leinenvorhänge vor;
darauf ging er auf die andere Seite, die
Schattenseite, hinüber und öffnete
Klappfenster. Man spendete ihm Beifall und
klatschte in die Hände; ungeheure Heiterkeit
donnerte. Bald verstummten selbst die letzten
Wäschebleuel. Mit vollem Munde fuchtelten
die Wäscherinnen nur noch mit den
aufgeklappten Messern, die sie in der Faust
hielten. Die Stille wurde so groß, daß man
ganz hinten regelmäßig die Schaufel des
Heizers knirschen hörte, der Steinkohle nahm
und sie ins Feuerloch der Maschine warf.
Inzwischen wusch Gervaise ihre Buntwäsche
in dem von Seife fettigen heißen Wasser, das
sie aufgehoben hatte. Als sie fertig war, rückte
sie einen Bock heran und warf alle Stücke, die
auf dem Fußhoden bläuliche Lachen entstehen
ließen, quer darüber. Und sie begann zu
spülen. Hinter ihr lief der Kaltwasserhahn über
einem großen, auf dem Boden befestigten
Zuber, an dem zwei
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