Der Todschlaeger
verstellte Tor. Sie
kannte die Besitzerin des Waschhauses bereits,
eine kleine, schwächliche Frau mit kranken
Augen, die in einem verglasten Gelaß saß,
Geschäftsbücher vor sich, Seifenriegel auf
Regalen, Waschblaukugeln in Glaskruken und
Soda in Pfundpaketen. Und im Vorbeigehen
bat sie sie um ihren Wäschebleuel und ihre
Bürste, die sie ihr bei ihrer letzten Wäsche zur
Aufbewahrung gegeben hatte. Nachdem sie
dann ihre Nummer genommen hatte, trat sie
ein.
Es war ein riesiger Schuppen mit niedriger
Decke und mächtigen Balken, der auf
gußeisernen Pfeilern ruhte und von breiten,
hellen Fenstern abgeschlossen wurde. Volles
fahles Tageslicht drang ungehindert in den
heißen Wrasen, der wie milchiger Nebel in der
Luft hing. Aus einigen Ecken stiegen
Dampfwolken auf, die sich ausbreiteten, den
Hintergrund in einem bläulichen Schleier
ertränkten. Es regnete schwere Nässe, in der
Seifengeruch lastete, ein fader, feuchter,
anhaltender Geruch; und dann und wann
herrschte ein kräftiger Hauch von Bleichlauge
vor. Längs der Waschtische zu beiden Seiten
des Mittelganges standen Reihen von Frauen
mit bis zu den Schultern nackten Armen,
nacktem Hals und hochgeschürzten Röcken,
die farbige Strümpfe und derbe Schnürschuhe
sehen ließen. Sie schlugen wild drauflos,
lachten, lehnten sich zurück, um ein Wort in
den Krach hineinzuschreien, und beugten sich
tief über ihre Zuber, unflätig, roh, schlaksig,
gleichsam von einem Platzregen
durchgeweicht, mit geröteter und dampfender
Haut. Rings um sie, unter ihnen floß großes
Geriesel: die Eimer mit heißem Wasser, die
umhergetragen und mit einem Schwung
ausgeleert wurden, die offenen
Kaltwasserhähne, die von oben herabpißten,
die Schmutzspritzer von den Wäschebleueln,
das aus der gespülten Wäsche tropfende
Wasser, die Lachen, in denen sie
herumpatschten und die über die abschüssigen
Fliesen in kleinen Bächen dahinliefen. Und
inmitten des Geschreis, der taktmäßigen
Schläge, des plätschernden Regengeräusches,
dieses Gewitterlärms, der unter der nassen
Decke erstickte, keuchte und ratterte rechts die
von feinem Tau ganz weiße Dampfmaschine
unablässig mit dem tanzenden Beben ihres
Schwungrades, das das ungeheure Ausmaß des
Lärms zu bestimmen schien.
Blicke nach rechts und links werfend, ging
Gervaise inzwischen mit kleinen Schritten den
Gang entlang. Mit hochgezogener Hüfte trug
sie ihr Wäschebündel über dem Arm und
hinkte stärker in dem Hin und Her der
Wäscherinnen, die sie anrempelten.
»He! Hierher, meine Kleine!« schrie Frau
Boches derbe Stimme.
Als die junge Frau sie dann ganz am Ende
links erreicht hatte, begann die Concierge, die
wild eine Socke rieb, in kurzen Sätzen zu
sprechen, ohne von ihrer Arbeit abzulassen:
»Stellen Sie sich da hin, ich habe Ihnen Ihren
Platz aufgehoben ... Oh, ich habe nicht mehr
lange zu tun. Mein Mann macht seine Wäsche
fast gar nicht schmutzig ... Und Sie? Das wird
sich wohl auch nicht lange hinziehen, was? Ihr
Bündel ist ja ganz klein. Das haben wir noch
vor Mittag geschafft, und dann können wir
essen gehen ... Ich, ich habe meine Wäsche
immer zu einer Waschfrau in der Rue Poulet
gebracht, aber sie hat mir mit ihrem Chlor und
ihren Bürsten alles verdorben. Jetzt wasche ich
selber. Das ist gewonnenes Geld. Das kostet
nur die Seife ... Hören Sie, die Hemden da
hätten Sie einweichen müssen. Also wirklich,
die Kinder, diese Rumtreiber, so was hat ja
Ruß am Hintern.«
Gervaise packte ihr Bündel aus, legte die
Hemden der Kleinen auseinander. Und als
Frau Boche ihr riet, einen Eimer Lauge zu
nehmen, antwortete sie:
»O nein, heißes Wasser genügt ... Darin kenne
ich mich aus.«
Sie hatte die Wäsche sortiert, die wenigen
bunten Stücke beiseite gelegt. Nachdem sie
ihren Zuber dann mit vier Eimern kaltem
Wasser gefüllt hatte, das sie aus dem Hahn
hinter sich genommen, tauchte sie den Haufen
Weiß wasche hinein. Sie raffte ihren Rock
hoch, zog ihn zwischen ihren Schenkeln
hindurch und trat in einen aufrecht
hingestellten Kasten, der ihr bis zum Bauch
reichte.
»Darin kennen Sie sich aus, was?« wiederholte
Frau Boche. »Sie waren Wäscherin in Ihrer
Heimat, nicht wahr, meine Kleine?«
Gervaise, die die Ärmel hochgekrempelt hatte,
ließ ihre schönen Arme, die Arme einer
Blondine, sehen, die noch jung und an den
Ellbogen kaum blaßrot waren, und begann den
Dreck aus ihrer Wäsche zu reiben. Eben hatte
sie
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