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Der Törichte Engel

Der Törichte Engel

Titel: Der Törichte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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die Drogenfahndung.« Tuck rutschte ein Stück näher an sie heran.
    »Dann bist du Drogenfahnder?« Er sah nicht wie ein Bulle aus. Ein Golfprofi vielleicht, mit blondem Haar und Falten um die Augen von zu viel Sonne, aber kein Bulle. Ein Fernsehbulle vielleicht – der eitle, böse Cop, der was mit der Staatsanwältin laufen hat.
    »Nein, ich bin Hubschrauberpilot. Die nehmen Selbständige unter Vertrag, die ihre Leute in Marihuana-Anbaugebiete wie Big Sur fliegen sollen, um die Felder im Wald per Infrarot aufzuspüren. Ich bin nur für ein paar Monate hier.«
    »Und nach den paar Monaten?« Lena konnte nicht fassen, dass sie von diesem Kerl eine verbindliche Zusage erwartete.
    »Suche ich mir einen anderen Job.«
    »Dann gehst du also weg.«
    »Nicht unbedingt. Ich könnte auch bleiben.«
    Lena rückte wieder näher heran und suchte in seinem Gesicht nach einem süffisanten Grinsen. Das Problem war, dass er sie eigentlich ständig mit süffisantem Grinsen ansah. Es stand ihm gut. »Warum solltest du bleiben?«, sagte sie. »Du kennst mich ja nicht mal.«
    »Nun, vielleicht hat es gar nichts mit dir zu tun.« Er lächelte.
    Sie erwiderte sein Lächeln. Es hatte mit ihr zu tun. »Es hat mit mir zu tun.«
    »Ja.«
    Er beugte sich vor, und jeden Augenblick würde es zu einem Kuss kommen, und das wäre auch okay, dachte sie, wenn nur dieser Abend nicht so grauenvoll gewesen wäre. Es wäre okay, wenn sich nicht in so kurzer Zeit so viel Gemeinsamkeit entwickelt hätte. Es wäre okay, wenn … wenn …
    Er küsste sie.
    Okay, sie täuschte sich. Es war okay. Sie schlang die Arme um ihn und erwiderte den Kuss.
    Zehn Minuten später trug sie nur noch ihren Sweater und den Slip, hatte Tucker Case so weit in die Couchecke getrieben, dass er Kissen um die Ohren hatte und sie nicht hören konnte, als sie zurückwich und sagte: »Das heißt aber nicht, dass ich mit dir ins Bett gehe.«
    »Ich auch«, sagte Tuck und zog sie näher heran.
    Wieder wich sie zurück. »Du kannst nicht einfach davon ausgehen, dass es passiert.«
    »Ich glaub, ich hab noch eins in meiner Brieftasche«, sagte er und versuchte, ihr den Sweater über den Kopf zu ziehen.
    »So was tu ich nicht«, sagte sie, während sie mit seiner Gürtelschnalle kämpfte.
    »Ich bin erst letzten Monat für meinen Pilotenschein getestet worden«, sagte er, als er ihre Brüste aus dem Joch gekämmter Baumwolle befreite. »Zum Blasen freigegeben.«
    »Du hörst mir überhaupt nicht zu!«
    »Du bist wunderschön in diesem Licht.«
    »Meinst du, wenn wir es tun, du weißt schon … so kurz nachdem … bin ich deshalb schlecht?«
    »Klar darfst du ihn ›Hecht‹ nennen.«
    Und mit derart zarter Ehrlichkeit und offenherzigem Bekenntnis vertrieben die beiden Verschwörer ihre Einsamkeit, während der Raum vom romantischen Duft nach Totengräberschweiß durchweht war, als sie sich ineinander verliebten. Zumindest ein bisschen.
     
    Entgegen Theos Sorge war Molly nicht in der alten Kapelle, denn sie hatte Besuch von einem alten Freund. Kein echter Freund, eher eine Stimme aus der Vergangenheit.
    » Also, das war doch irre « , sagte er. » Damit kann es dir doch unmöglich gut gehen! «
    »Halt die Klappe«, entgegnete Molly. »Ich versuch, hier zu fahren.«
    Nach dem DSH-1V, dem Diagnostisch-Statistischen Handbuch für Geistige Störungen, waren mindestens zwei von mehreren Symptomen nötig, damit von einer »psychotischen Episode« die Rede sein konnte, oder – wie Molly es gern sah – einem »schöpferischen« Moment. Allerdings gab es eine Ausnahme, ein einzelnes Symptom, mit dem man auf der Stelle bei den Geisteskranken landete, und zwar »eine oder mehrere Stimmen, die Aktivitäten des täglichen Lebens kommentieren«. Molly nannte ihn den »Erzähler«, und sie hatte seit fünf Jahren nichts mehr von ihm gehört – seit sie ihre Medikamente regelmäßig nahm, wie sie es Theo versprochen hatte. Das war die Abmachung gewesen. Wenn sie ihre Medikamente nahm, würde Theo seine absetzen – nun, genauer gesagt: Theo würde die Finger von seiner Lieblingsdroge lassen – Marihuana. Als sie sich kennen lernten, war er seit zwanzig Jahren ziemlich drauf.
    Molly hatte sich an die Abmachung gehalten. Sie war sogar offiziell wieder für zurechnungsfähig erklärt worden und bekam mittlerweile keine finanzielle Unterstützung mehr. Ein Wiederaufleben der Tantiemen für ihre alten Filme hatte die Kosten gedeckt, aber in letzter Zeit hielt sie sich nicht immer an ihr

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