Der Törichte Engel
Versprechen.
»Man nennt es Krücke«, sagte der Erzähler. » Der Drogenfreak und seine Warrior-Babe-Krücke, das seid ihr zwei. «
»Halt die Klappe, er ist kein Drogenfreak«, erwiderte sie, »und ich bin nicht das Warrior Babe. «
» Da draußen auf dem Friedhof hast du es ihm aber richtig besorgt « , sagte der Erzähler. » So benimmt sich keine Frau, die noch ganz bei sich ist, so benimmt sich nur Kendra, Warrior Babe of the Outland.«
Die Erwähnung ihrer großen Rolle ließ Molly zusammenzucken. Gelegentlich war die Figur des Warrior Babe von der Leinwand in ihre Wirklichkeit geschwappt. »Er sollte nur nicht merken, dass ich vielleicht nicht hundertprozentig da bin.«
»› Vielleicht nicht hundertprozentig da bin ‹ ? Du hast einen Weihnachtsbaum durch die Gegend gefahren, der so groß war wie ein Wohnmobil. Du bist weit davon entfernt, hundertprozentig da zu sein, Süße. «
»Was weißt du denn schon? Mir geht’s gut.«
» Du redest mit mir, oder? «
»Na ja …«
» Ich glaube, mehr muss ich wohl nicht sagen. «
Sie hatte ganz vergessen, wie selbstgefällig er sein konnte.
Okay, vielleicht hatte sie ein paar schöpferische Momente mehr als sonst, aber bisher stand sie mit der Realität noch nicht auf Kriegsfuß. Und es war für einen guten Zweck. Mit dem Geld, das sie bei den Medikamenten sparte, hatte sie das Weihnachtsgeschenk für Theo bezahlt. Sie hatte es zurücklegen lassen, unten in der Glasbläsergalerie: ein mundgeblasenes, dichromatisches Glasbong im Tiffany-Stil. Sechshundert Scheine, aber Theo würde es lieben! Er hatte seine Sammlung aus Bongs und Wasserpfeifen weggeworfen, kurz nachdem sie ein Paar geworden waren, als Beweis dafür, dass er das Kiffen aufgab, aber sie wusste, wie sehr es ihm fehlte.
» Yeah « , sagte der Erzähler. » Das Bong wird er brauchen, wenn er feststellt, dass zu Hause das Warrior Babe auf ihn wartet. «
»Halt die Klappe. Theo und ich hatten nur ein kleines romantisches Abenteuer. Ich habe keinen Schub.«
Sie hielt bei Brine’s Bait, Tackle and Fine Wines, um ein Sixpack von dem dunklen, bitteren Bier zu holen, das Theo so gern mochte, und Milch für morgen früh. Der kleine Laden war ein Wunder an eklektischem Angebot, einer der wenigen Orte auf dem Planeten, an dem man einen brauchbaren Sonoma Merlot, ein Stück reifen, französischen Brie, eine Dose 10W-30er Motoröl und einen Karton Angelwürmer bekommen konnte. Robert und Jenny Masterson hatte der Laden schon gehört, bevor Molly in den Ort gezogen war. Sie sah Robert allein hinter dem Tresen stehen, hoch aufgeschossen und mit meliertem Haar. Er sah etwas zerknirscht aus, wie er da sein Wissenschaftsmagazin las und an einer Pepsi Light nuckelte. Molly mochte Robert. Er war immer nett zu ihr gewesen, auch als man sie noch allgemein für die dorfeigene Irre gehalten hatte.
»Hey, Robert«, sagte sie, als sie eintrat. Der Laden roch nach Frühlingsrollen. Die bereiteten sie hinten im Laden zu, wo sie eine Druckfriteuse stehen hatten. Molly stürmte am Tresen vorbei zur Kühltruhe, wo das Bier stand.
»Hey, Molly.« Robert blickte auf, etwas verwundert. »Äh, alles okay, Molly?«
Mist, dachte sie. Hatte sie vergessen, sich die Kiefernnadeln aus dem Haar zu kämmen? Wahrscheinlich sah sie furchtbar aus. Sie sagte: »Ja, mir geht’s gut. Theo und ich haben eben in der Kapelle den Weihnachtsbaum aufgestellt. Du kommst doch mit Jenny zur Weihnachtsfeier, oder?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Robert, aber seine Stimme klang noch immer etwas angespannt. Er gab sich Mühe, sie nicht anzusehen. »Mh, Molly, wir haben hier normalerweise so was Ähnliches wie Vorschriften.« Er tippte auf das Schild am Tresen. KEIN Hemd, Keine Schuhe, Keine Bedienung.
Molly blickte an sich herab. »Du meine Güte, hab ich ganz vergessen.«
»Ist schon okay.«
»Ich hab meine Turnschuhe im Wagen gelassen. Ich lauf schnell raus und zieh sie an.«
»Das wäre nett, Molly. Danke.«
»Kein Problem.«
»Ich weiß, es steht nicht auf dem Schild, Molly, aber wenn du schon mal dabei bist, solltest du dir vielleicht auch gleich eine Hose anziehen. Das gehört in gewisser Weise dazu.«
»Na klar«, sagte sie, huschte am Tresen entlang und zur Tür hinaus und spürte, dass es – ja –, es schien ihr jetzt doch etwas kühler geworden zu sein. Und – ja – da lagen ihre Jeans und ihr Slip auf dem Beifahrersitz, gleich neben den Turnschuhen.
» Ich hab es dir gesagt « , erklärte der Erzähler.
6
Seid guter
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