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Der Törichte Engel

Der Törichte Engel

Titel: Der Törichte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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keine Dimensionsverschiebung. Die Gesetze von Zeit und Raum gelten weiter, selbst wenn man seine Freunde tatsächlich gemieden hat. Also versuch nicht, die Expansion des Universums als Ausrede vorzuschieben – als hättest du eigentlich mal reinschauen wollen, aber ihr Haus war plötzlich immer weiter weg. So ’n Scheiß funktioniert nicht. Sag einfach: »Tut mir Leid, dass ich nicht angerufen habe. Frohe Weihnachten.« Dann hol dein Geschenk raus. Das Protokoll der Weihnachtsamnestie diktiert, dass dein Freund sagt: »Ist schon okay«, und dich ohne weiteren Kommentar reinlässt. So wurde es schon immer gemacht.)
    »Scheiße, wo warst du die ganze Zeit?«, sagte Gabe Fenton, als er die Tür aufmachte und seinen alten Freund Theophilus Crowe dort stehen sah, mit einem Geschenk in der Hand. Gabe war fünfundvierzig, klein und drahtig, unrasiert und schon leicht kahl. Er trug Khakis, die aussahen, als hätte er eine Woche darin geschlafen.
    »Fröhliche Weihnachten, Gabe«, sagte Theo und hielt ihm das Geschenk hin, mit einer großen, roten Schleife daran – schwenkte den Karton irgendwie so hin und her, als wollte er sagen: Hey, ich hab hier ein Geschenk, du darfst mich nicht anmachen, weil ich mich drei Jahre nicht gemeldet habe.
    »Ja, nett«, sagte Gabe. »Aber du hättest ruhig mal anrufen können.«
    »Tut mir Leid. Ich wollte ja, aber du warst mit Val beschäftigt, und da wollte ich nicht stören.«
    »Sie hat mich sitzen lassen.« Gabe war mit Valerie Riordan, der einzigen Psychiaterin am Ort, zusammen gewesen, jahrelang. Seit dem letzten Monat allerdings nicht mehr.
    »Ja, das hab ich schon gehört.« Theo hatte gehört, dass Val sich jemanden wünschte, der etwas mehr an der menschlichen Kultur Anteil nahm.
    Gabe war Verhaltensbiologe und beobachtete wilde Nagetiere oder Meeressäuger, je nachdem, wer die Forschung finanzierte. Er wohnte beim Leuchtturm, mit Skinner, seinem zentnerschweren, schwarzen Labrador, in einem kleinen Häuschen, das dem Staat gehörte.
    »Du hast es gehört und nicht angerufen?«
    Es war fast Mittag, und Theos Dröhnbirne ging es schon viel besser, aber er fühlte sich noch immer etwas angeschlagen. Männer sollten nicht über die mangelnde Unterstützung ihrer Freunde lamentieren, sofern es nicht um eine Kneipenschlägerei oder Hilfe beim Schleppen schwerer Gegenstände ging. Das jetzt war kein normales Verhalten. Vielleicht sollte Gabe tatsächlich mehr Zeit in Gesellschaft menschlicher Wesen verbringen.
    »Hier, Gabe, ich hab dir was mitgebracht«, sagte Theo. »Guck mal, wie sich Skinner freut, mich zu sehen!«
    Skinner freute sich wirklich. Er drängelte sich mit Gabe im Eingang. Wie eine Indianertrommel schlug sein dicker Schwanz gegen die offene Tür. Er assoziierte Theo mit Hamburgern und Pizza und hatte in ihm früher den Notfall-Futtermann gesehen (wobei Gabe der Haupt-Futtermann war).
    »Na, wahrscheinlich solltest du reinkommen«, sagte Gabe. Der Biologe trat von der Tür zurück und ließ Theo ins Haus. Skinner sagte Hi, indem er Theo seine Nase zwischen die Beine schob.
    »Ich arbeite. Deshalb sieht es hier etwas unordentlich aus.«
    Etwas unordentlich? Eine Untertreibung, als wollte man den Todesmarsch von Bataan mit einem Sonntagsspaziergang vergleichen – es sah aus, als hätte jemand Gabes gesamte Habe in eine Kanone gestopft und mitten durch die Mauer ins Zimmer geschossen. Alles war voll mit schmutziger Wäsche und Geschirr, bis auf Gabes Arbeitsplatz, der war – von den Ratten abgesehen – tadellos.
    »Hübsche Ratten«, sagte Theo. »Was machst du mit denen?«
    »Ich studiere sie.«
    Gabe setzte sich vor eine Reihe leerer 20-Liter-Aquarien, die im Sternmuster um einen zentralen Tank gruppiert und durch kleine Pforten über ein Röhrenlaufsystem miteinander verbunden waren, durch das die Ratten von einer Kammer in die nächste gelangen konnten. Am Rücken jeder Ratte klebte eine Silberscheibe von der Größe eines Vierteldollars.
    Theo sah, wie Gabe eine Pforte öffnete und eine der Ratten in den mittleren Tank wetzte, um postwendend deren Bewohnerin zu besteigen. Gabe nahm eine kleine Fernbedienung und drückte den Knopf. Die männliche Ratte machte fast einen Rückwärtssalto, als sie sich zurückzog.
    »Ha! Das wird ihm eine Lehre sein«, rief Gabe. »Das Weibchen im mittleren Käfig ist rollig.«
    Zögernd wich die Ratte zurück und schnüffelte etwas herum, dann versuchte sie wieder, das Weibchen zu besteigen. Gabe drückte den Knopf. Das Männchen

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