Der Törichte Engel
›Vive la Krieg gegen Drogen!‹, sage ich. Aber … nein, ich bin kein Cop.«
»Hab ich mir gedacht.«
»Das Komische ist, dass ich gelernt habe, das richtige Grün vom Himmel aus zu erkennen, und normalerweise bestätigt das Infrarot meinen Verdacht. Heute Morgen habe ich einen ganzen Acker voller Marihuanapflanzen nördlich der Beer-Bar-Ranch gesichtet. Wissen Sie, wo das ist?«
Theo hatte einen Kloß im Hals, so groß wie eine von Gabes toten Ratten. »Ja.«
»Mann, das ist eine Menge Gras, selbst für kommerzielle Pflanzer. Kein Kavaliersdelikt mehr. Ich hab den Hubschrauber gewendet, bin abgedreht, ohne den Agenten darauf hinzuweisen, und wegen der Witterung mussten wir dann umkehren. Sie wissen, dass ein Sturm aufkommt? Heute Nachmittag bin ich mit Roberto hingefahren, um sicherzugehen. Ich schätze, den Agenten kann ich auch morgen noch Bescheid geben.« Tucker Case stellte seinen Kaffee ab, stützte sich auf die Ellbogen und neigte den Kopf wie ein süßes Kind aus einer Cornflakes-Werbung kurz vor dem Zucker-Schock.
»Sie sind ein ausgesprochen unsympathischer Mann, Mr. Case.«
»Oh, mein Gott, Sie hätten mich mal sehen sollen, bevor ich meine Erscheinung hatte. Früher war ich ein echtes Arschloch. Im Grunde bin ich jetzt wirklich charmant. Übrigens habe ich Ihre Frau gesehen, als sie hinter Ihrem Haus trainiert hat – sehr hübsch. Das ganze Schwert-Ding ist mir ein bisschen unheimlich, aber ansonsten sehr hübsch.«
Theo kam auf die Beine, fühlte sich etwas benommen, als er stand, so als hätte man ihm eine Sandsocke an den Kopf geballert. »Ich sollte lieber gehen.«
Tucker Case legte eine Hand auf Theos Schulter, als er ihn zur Tür begleitete. »Wahrscheinlich werden Sie es nicht glauben, Theo, aber unter anderen Umständen wären wir bestimmt Freunde geworden. Und eines müssen Sie verstehen: Ich wünsche mir wirklich, dass es mit Lena klappt. Es ist, als wären wir uns genau im richtigen Augenblick begegnet, in exakt der richtigen Sekunde, als ich meine Scheidung überwunden hatte und bereit war, mich wieder zu verlieben. Und es ist so nett, wenn man jemanden hat, den man unterm Weihnachtsbaum vögeln kann, finden Sie nicht auch? Sie ist eine tolle Frau.«
»Ich mag Lena«, sagte Theo. »Aber Sie sind ein Psychopath.«
»Meinen Sie?«, erwiderte Tucker. »Ich versuche wirklich nur zu helfen.«
10
Liebe im Rinnstein
»Du hast was? « , fragte Lena und fügte hinzu: »Und nimm diese Fledermaus von deinem Kopf. Es ist wirklich irritierend, wenn mich deine Mütze dauernd so ansieht.«
»Wie so? «
»Lenk nicht vom Thema ab. Du hast Theo Crowe erpresst?«
Sie lief in ihrer Küche auf und ab. Tuck saß am Tresen, trug ein goldenes Hemd, das zu der Fledermaus auf seinem Kopf passte und dabei das Wasserblau seiner Augen hervorhob. Wenigstens trug die Fledermaus im Moment keine Sonnenbrille.
»Eigentlich nicht. Es war nur so eine Andeutung. Er hat rausgefunden, dass ich im Wagen von deinem Exmann war. Er wusste Bescheid. Jetzt wird er die ganze Sache einfach vergessen.«
»Vielleicht auch nicht. Vielleicht besitzt er noch so etwas wie Integrität, im Gegensatz zu anderen Leuten.«
»Hey, hey, hey. Zeigen wir lieber nicht mit nacktem Finger auf angezogene Leute. Meine Ex lebt auf den Cayman Islands und erfreut sich an dem Geld, das ich rechtmäßig einem Arzt geklaut habe, der Organe geschmuggelt hat, wohingegen dein Ex, wie ich dir vielleicht in Erinnerung rufen sollte …«
»Dales Tod war ein Unfall. Alles, was seitdem passiert ist, der ganze Wahnsinn, war dein Werk. Du kommst zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt in mein Leben, als hättest du das alles von vornherein geplant, und inzwischen ist die Lage vollends außer Kontrolle geraten. Mittlerweile erpresst du meine Freunde. Tucker, bist du irre?«
»Klar.«
»Klar? Einfach so? Klar – du bist irre?«
»Klar, alle sind irre. Wenn du glaubst, jemand ist bei Sinnen, weißt du einfach nicht genug über ihn. Der Schlüssel – und das ist in unserem Fall ausgesprochen relevant – liegt darin, jemanden zu finden, dessen Irrsinn mit deinem eigenen zusammenpasst. Wie bei uns.« Er ließ etwas aufblitzen, von dem Lena vermutete, dass es ein bezauberndes Lächeln sein sollte, das jedoch etwas aus dem Ruder lief, als er versuchte, eine von Robertos Flügelkrallen aus seinen Haaren zu streichen.
Lena wandte sich ab und lehnte sich gegen den Geschirrspüler, in der Hoffnung, sich für etwas wappnen zu können, was nun zu tun war.
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