Der Törichte Engel
dass seine Mom hinten im Laden war, bei Mr. Masterson, dem Besitzer.
»Ob ich das da mit dem hier kriege?«, fragte der Mann. Er hielt drei Schokoladenriegel in der einen Hand und eine kleine Silbermünze in der anderen. Die Münze sah sehr alt aus.
»Das ist ausländisches Geld. Ich glaube nicht, dass sie es nehmen.«
Der Mann nickte nachdenklich und sah sehr traurig aus, als er das hörte.
»Aber Nestlé Crunch ist eine gute Wahl«, sagte Sam in dem Versuch, Zeit zu schinden und zu verhindern, dass der Typ über ihn herfiel. »Ein wenig schlicht, aber ein Unterbau aus Amber und Walnuss verleiht ihm eine tiefe Seele.«
Sam sah sich erneut nach seiner Mutter um. Sie unterhielt sich nach wie vor mit Mr. Masterson, flirtete dabei – Sam könnte klein gehackt und in Gefrierbeutel verpackt werden, und sie würde es nicht mal merken. Vielleicht konnte er den Typen dazu bewegen, dass er verschwand.
»Sehen Sie, die beiden gucken nicht her! Stecken Sie es doch einfach ein.«
»Ich kann nicht«, sagte der blonde Mann.
»Wieso nicht?«
»Weil mir keiner gesagt hat, dass ich es tun soll.«
Oh nein. Dieser Typ sah aus wie ein Erwachsener und hatte den Verstand eines Kleinkinds. Wie dieser Typ in Sling Blade – oder der Präsident.
»Dann sage ich es Ihnen, okay?«, sagte Sam. »Machen Sie schon! Nehmen Sie! Aber dann gehen Sie lieber. Angeblich soll es Regen geben.« Sam konnte sich nicht erinnern, jemals mit einem Erwachsenen so gesprochen zu haben.
Der blonde Mann betrachtete erst seine Schokoladenriegel und dann Sam. »Danke schön. Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Frohe Weihnachten.«
»Ich bin Jude, schon vergessen? Wir feiern Weihnachten nicht. Wir feiern Chanukka, das Wunder des Lichts.«
»Oh, das war kein Wunder.«
»Klar war es das.«
»Nein, ich weiß es noch genau. Irgendwer hat sich reingeschlichen und das Öl in der Lampe nachgefüllt. Aber für morgen verspreche ich dir ein Weihnachtswunder. Ich muss los.« Mit diesen Worten wich der blonde Mann zurück, drückte die Schokoladenriegel an seine Brust. »Schalom, Kleiner.«
Und einen Augenblick später war er verschwunden.
»Toll!«, sagte Sam. »Ganz toll. Jetzt kommt er mir auch noch damit!«
Kendra – Warrior Babe of the Outland, Meisterkriegerin der Bratfettarena, Bezwingerin von Monstern, Schrecken der Mutanten, Geißel der Sandpiraten, eingeschworene Hüterin der Wiederkäuerhirten von Lan und intramuraler Blutchampion der Termitenmenschen (Bauten Nummer sieben bis zwölf inklusive) – mochte Käse. So kam es, dass sie am 23. Dezember, während die Pasta feucht im Sieb klebte, ihren muskulösen Arm zum Himmel hob und sämtliche Furien rief, auf dass sie auf ihre höhere Macht – Nigoth, den Wurmgott – herniederfahren sollten, weil er zugelassen hatte, dass sie den Mozzarella an der Kasse vom Thrifty-Mart liegen gelassen hatte. Doch die Götter kümmert das Schicksal einer Lasagne nicht, und somit brach auch kein Feuer der Vergeltung aus dem Himmel hervor (oder zumindest konnte sie es von ihrem Küchenfenster aus nicht sehen), um den lausigen Gott einzuäschern, der es wagte, sie in ihrer käsigen Not im Stich zu lassen. Es passierte rein gar nichts.
»Verflucht sollst du sein, Nigoth! Wäre meine Klinge nicht zerbrochen, würde ich dich bis ans Ende des Outlands verfolgen und dir deine tausend Stielaugen abhacken, damit ich sicher sein kann, dass ich auch das eine treffe, das dir am liebsten ist. Dann verfüttere ich alle roh an den widerlichsten …«
Da klingelte das Telefon.
»Hallooo«, flötete Molly liebreizend.
»Molly?«, sagte Lena. »Du klingst so außer Atem. Alles okay bei dir?«
» Schnell, lass dir was einfallen « , sagte der Erzähler. »Verrate ihr nicht, was du gemacht hast. «
Seit zwei Tagen war der Erzähler fast ununterbrochen bei Molly gewesen, meist eine Plage, abgesehen davon, dass er sich zumindest noch erinnern konnte, wie viel Oregano und Thymian in die rote Soße mussten. Dennoch war ihr klar, dass er ein Zeichen war, dass sie ihre Medikation sobald wie möglich wieder aufnehmen sollte.
»Oh, ja, mir geht’s gut, Lena. Bin beim Biberbürsten. Du weißt schon: grauer Nachmittag, Sturm kommt auf, Theo ist ein Mutant – ich dachte, ich heitere mich ein bisschen auf.«
Es folgte langes Schweigen in der Leitung, und Molly fragte sich, ob sie überzeugend geklungen hatte.
» Absolut überzeugend « , sagte der Erzähler. » Wenn ich nicht hier wäre, könnte ich schwören, dass
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