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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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überzeugender Optimismus konnte ihre Angst ersticken. Sie kam sich wie eine Verräterin vor, die Beauvallet in der Stunde der Not verlassen hatte, aber was hätte ihre weitere Anwesenheit in Madrid bewirken können, auch wenn es möglich gewesen wäre, zu bleiben. Wenn man sie zu einer Befragung vorgeladen hätte, würde sie mit all ihrem weiblichen Verstand für Beauvallet gekämpft haben. Aber man hatte sie ja nicht vorgeladen. Ach, wenn sie nur ein Mann wäre, dann würde sie mit anderen Mitteln für ihn kämpfen! Ihre Augen spiegelten diesen Gedanken wider, und ihre Hand umklammerte die Peitsche fester.
    Wenn sie nur daran glauben könnte, daß Beauvallet entkommen war, dann könnte sie mit dem Gedanken spielen, daß er ihr folgte, obwohl sie sich von ihm entfernte.
    Sie stellte sich vor, wie er hinter ihr herritt, sein Pferd immer mehr anspornte und die prunkvolle Kutsche schließlich einholte. Sie sah genau, wie er den Degen ziehen, sie ergreifen und lachend und triumphierend mit ihr fortreiten würde. Sie mußte sich die Tränen aus den Augen wischen. Ihr fröhlicher Geliebter war ergriffen worden und lag im Gefängnis, er würde wohl niemals mehr hinter ihr herreiten, um sie mit sich zu führen.
    Am zehnten Tag ihrer Reise waren sie nur noch eine Tagesreise von Vasconosa entfernt. Auch die geplagten Lakaien zeigten nun schon Unmut. »Man könnte glauben, uns sei der Teufel auf den Fersen.«
    Dominica hörte, wie einer der Lakaien diesen Satz sagte. Wenn Sir Nicholas hinter ihnen ritte, dann wäre ihnen wahrlich der Teufel auf den Fersen, dachte sie.
    Die Kutsche mußte eine Furt durchqueren. Langsam holperte sie den Abhang hinunter, der Schlamm spritzte um die Räder. Dominicas Pferd weigerte sich zunächst, den Fluß zu durchqueren. Sie ritt durch den Fluß, einen Hügel hinauf und hielt an, um auf die Kutsche zu warten. Es war eine schwere Arbeit, die Räder sanken tief in den Schlamm, und die schweren Pferde mühten sich fast vergeblich. Die Männer umstanden die Kutsche, schoben an, gestikulierten, schrien einander Befehle zu. Schließlich beschloß man, zwei der Tragpferde zusätzlich vor die Kutsche zu spannen. In diesem Moment hörte Dominica aus dem Norden das Donnern von Hufschlägen. Sie wandte den Kopf und sah eine Gruppe von Männern in gestrecktem Galopp auf sie zureiten. Forschend und überrascht blickte sie den Männern entgegen. Die Reiter kamen näher, und Dominica sah, daß sie maskiert waren. Sie schrie kurz auf, wandte ihr Pferd um und galoppierte die Böschung hinunter, auf die Kutsche zu, die noch immer im Schlamm steckte. »Banditen!« rief sie. »Eine Gruppe Maskierter! Besteigt die Pferde!«
    Die Männer ließen von der Kutsche ab, und zwei von ihnen schwangen sich sofort in den Sattel. Der Kutscher zog seine Muskete hervor.
    Doña Beatrice lehnte sich in die Polsterung zurück. »Hast du Banditen gesagt, mein Kind? Das kann ich kaum glauben!«
    »Maskierte Männer, Señora, ich weiß nicht, wer sie sind, aber was ich gesehen habe, hat mir nicht gefallen!«
    Doña Beatrice blickte ihre Leibwache an und gähnte. »Da kann man nichts machen. Aber wir haben ja genügend Männer, um sie zu verscheuchen. Hab keine Angst, mein Kind!«
    »Ich habe keine Angst«, gab Dominica würdevoll zurück.
    Der Trupp wurde auf der Anhöhe sichtbar. Männer in weiten Mänteln, mit Masken vor den Gesichtern. Ein Schuß fiel, Degen blitzten auf. Die Männer ritten die Böschung herunter auf die Kutsche zu.
    Dominica glaubte, mehr als sechs Reiter gezählt zu haben, aber im folgenden Getümmel war dies nicht genau festzustellen. Ihr Herz schlug rascher, aber irgend etwas an diesem Scharmützel kam ihr seltsam vor. Pistolenschüsse fielen, aber niemand wurde getroffen, Degen klirrten, aber niemand wurde verwundet.
    Doña Beatrice senkte ihren Fächer. Ihre Augen waren ganz schmal geworden, sie dachte angestrengt nach. Dann beugte sie sich nach vorne, legte eine Hand an das Fenster und beobachtete das seltsame Schauspiel.
    Dominica überkam plötzlich eine unerklärliche Angst. »Señora – Tante – was ist das?«
    »Das frage ich mich auch«, sagte Doña Beatrice ruhig. »Wenn es Banditen sind, dann verhalten sie sich jedenfalls nicht so, wie sich Banditen üblicherweise verhalten.«
    Zwei der Maskierten kamen nun ganz nahe an die Kutsche heran. Eine Hand griff nach Dominicas Zügel. Sie schlug mit ihrer Peitsche nach dem Mann, der Lederriemen riß die Maske entzwei und gab den Blick frei auf ein

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