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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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weiter, kamen tiefer in den Wald hinein und erreichten schließlich einen Reitweg, den Dominica erkannte. Er führte zu der alten Jagdhütte, die zu ihrem Besitz in Vasconosa gehörte. Es schien ihr der Gipfel der Beleidigung zu sein, daß er sie nun zu einem Haus führte, das kaum fünf Meilen vom Wohnort ihrer Tante entfernt war. Sie kochte vor Wut, und ihre Wangen röteten sich vor Zorn.
    Vor der Tür hielten sie an. Er hob sie aus dem Sattel, und als sie um sich blickte, sah sie, daß sich die Gruppe zerstreut hatte und nur ein Mann zurückgeblieben war, der sich der Pferde annahm. Schmach über Schmach! Diese Männer waren also offenbar ihre eigenen Leute! Wie würden sie sich jetzt auf ihre Kosten unterhalten und schmutzige Bemerkungen machen! Ihr Zorn stieg ins unermeßliche und ließ keinen Raum für Angst.
    Luis, Don Diegos Kammerdiener, trat aus dem Haus und verneigte sich. Er hielt die Tür weit offen, und nach einem Augenblick des Zögerns betrat Dominica mit festem Schritt den Vorraum.
    Diego folgte dicht hinter ihr und betrachtete sie, wie sie neben dem Tisch stehenblieb und mit dem Fuß auf den Boden klopfte.
    »Liebste Kusine, Ihr seid noch schöner, wenn Ihr wütend seid«, sagte er. »Ich habe ein Zimmer im oberen Stock für Euch vorbereiten lassen. Ihr braucht nur zu rufen; Luis wird Euch alles bringen, wonach Ihr verlangt.«
    »Eure Fürsorge ist nahezu unglaublich, Vetter«, sagte sie. »Ich habe nicht die Absicht, mich hier lange aufzuhalten. Ich danke Euch. Ich hätte gern gewußt, was Ihr nun vorhabt.«
    Der Diener zog sich diskret in die Küche zurück. Dominica war mit Diego allein. Sie stand hochaufgerichtet und abweisend in der Mitte der Halle und blickte ihn an.
    »Ich werde Euch heiraten, mein Kind, wie Ihr wißt.«
    »Ist dies die An, wie man in Spanien um eine Braut wirbt?«
    Er trat näher an sie heran. »Bei einem so ungebärdigen Mädchen wie Euch ist es die einzig mögliche Art.«
    »Ich muß Euch enttäuschen, Señor, diese Art beeindruckt mich nicht.«
    Er lächelte. »Ihr seid müde von unserem langen Ritt und von den Aufregungen, die Ihr durchmachen mußtet. Kommt, mein Kind, schließen wir einen Waffenstillstand, und gestattet mir, Euch auf Euer Zimmer zu geleiten. Wenn Ihr Euch ausgeruht habt, können wir weiterreden.«
    Sie übersah den Arm, den er ihr bot, und wandte sich zur Treppe. Sie mußte versuchen, sich zu sammeln, einen Plan zu ihrer Verteidigung zu schmieden. Es war ihr klar, daß sie sich in großer Gefahr befand. Sie würde ihren ganzen Verstand brauchen, um aus dieser mißlichen Lage herauszukommen. Und außerdem war sie wirklich erschöpft. Vielleicht könnte sie versuchen zu entkommen, während er sie oben in Sicherheit wähnte. Doña Beatrice würde ihrem Sohn zwar einiges erlauben, ohne etwas dagegen zu unternehmen, aber Dominica war ziemlich sicher, daß sie in diese Schurkerei nicht aktiv eingreifen würde. Wenn sie ihre Tante für sich gewinnen könnte, wäre sie sicher.
    Ihre vagen Pläne wurden sehr bald zunichte gemacht. Don Diego führte sie zu ihrem Zimmer, das in einen kleinen Garten hinter dem Jagdhaus blickte, und zog einen Schlüssel aus der Tasche. »Vergebt mir die Unhöflichkeit, Kusine, aber ich muß Euch leider einsperren. Wenn es Euch beliebt, werde ich Euch in einer Stunde zum Abendessen holen kommen.«
    Sie sprach kein Wort. Ihre Brust hob und senkte sich schwer. Sie drehte sich rasch um und betrat das Zimmer.
    Die Tür fiel hinter ihr ins Schloß, und der Schlüssel drehte sich. Sie blieb ruhig stehen, bis Don Diegos Schritte auf der Treppe verklungen waren, dann lief sie zum Fenster, riß es auf und sah hinaus. Es war nicht vergittert, was auch überflüssig gewesen wäre, da es etwa sieben Meter hoch über dem Boden lag. Es gab keinerlei hilfreiche Kletterpflanzen, ja nicht einmal eine Regenrinne. Aus dem Fenster zu springen hieße, sich alle Knochen zu brechen. Sie blieb, immer noch nach Atem ringend, stehen und umklammerte das Fenstersims so krampfhaft, daß ihre Knöchel ganz weiß wurden. Wut ist sinnlos, dachte sie. Auf diesem Weg gibt es kein Entkommen.
    Sie wandte sich vom Fenster ab und sah sich um. Ein großes Bett mit Damastvorhängen beherrschte den Raum; die Wände waren mit gewirkten Tapisserien behangen; eine Truhe, ein Stuhl, ein Hocker, ein Tisch mit geschwungenen Beinen und ein Spiegel, der über einer zweiten Truhe hing, auf der ein Becken und ein Silberkrug standen, vervollständigten die Einrichtung.
    Sie blickte

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