Der tolle Nick
mit zornfunkelnden Augen in den Spiegel. Ihr Haar unter der Reitkappe war zerzaust, ihre Kleider waren staubig und unordentlich. In Gedanken versunken goß Dominica Wasser in das Becken und begann, Gesicht und Hände zu waschen. Ein Stück zartduftender Seife und ein Handtuch lagen bereit. Sie rieb ihre Finger trocken und blickte nachdenklich ihr Spiegelbild an.
Eine Stunde später klopfte Don Diego an ihre Tür. Sie bat ihn mit eisiger Stimme herein. Er sah, daß seine Kusine am Fenster saß, die Hände im Schoß gefaltet, ein Bild jungfräulicher Resignation.
Er kannte sie jedoch zu gut, um anzunehmen, daß sie wirklich resigniert hätte. Es hätte des eiskalten Blickes nicht bedurft, den sie ihm schenkte, um zu wissen, daß sie bereit war, mit ihm zu kämpfen.
Er verneigte sich vor ihr. »Meine liebe Kusine, das Abendessen ist bereit. Gestattet mir, Euch zu geleiten.«
Sie stand sofort auf, ging zur Tür und erlaubte ihm sogar, ihren Arm zu nehmen. Schweigend gingen sie die Treppe hinunter, durchquerten die Halle und gelangten in einen kleinen, mit Maulbeerholz getäfelten Salon. Der Tisch war gedeckt, und Luis stand in respektvoller Erwartung hinter einem der Stühle. Sie setzte sich mit der größten Gelassenheit, zu der sie fähig war. Es dämmerte bereits, die Vorhänge waren zugezogen, und auf dem Tisch standen Kerzen. Von draußen war kein Laut zu hören. Dominica fühlte sich sehr einsam und war bemüht, die plötzlich in ihr aufsteigende panische Angst zu unterdrücken.
»Es wird ein frugales Mahl sein, liebe Kusine, aber ich hoffe, Ihr vergebt mir. Luis ist ein unerfahrener Küchenchef.«
Sie neigte den Kopf. Das Essen war recht gut. Sie nahm daher an, daß Diego diese Bemerkung nur gemacht hatte, um ihr zu beweisen, daß außer ihnen und Luis niemand im Hause war. Das hätte er sich schenken können, dachte sie.
Er goß etwas Wein in ihr Glas. »Ihr trinkt doch ein Glas Alicantewein, Kusine?«
Sie blickte rasch auf, verwirrt, fragend. Diese Worte kamen ihr seltsam bekannt vor; Erinnerungen stiegen in ihr auf. Ihre Gedanken wanderten zurück … Sie starrte Don Diego an, aber vor ihren Augen sah sie ein lachendes Gesicht mit tiefblauen Augen … »Glaubt Ihr, Señor, daß Eure Tochter ein Glas aus meiner Hand annehmen wird?« …
Ein Schauder durchfuhr sie. Sie schloß kurz die Augen, als wollte sie diese Vision festhalten. Als sie die Augen wieder öffnete, versank die Venture in der Vergangenheit. »Danke«, sagte sie ungerührt und ergriff mit fester Hand das Glas.
Sie aß nur wenig, trank noch weniger und verhielt sich Don Diegos Geplauder gegenüber recht einsilbig. Zuckerwerk und einige reife Granatäpfel aus dem Süden wurden auf den Tisch gestellt. Luis zog sich zurück, und sie waren allein.
Sie schob ihren Stuhl etwas vom Tisch weg und richtete den Blick auf Don Diego. »Ich erwarte eine Erklärung.«
Er hob sein Glas. »Ich kann sie Euch mit kurzen Worten geben. Ich liebe Euch.«
»Ihr beweist mir Eure Liebe auf äußerst seltsame Art. Wäre es nicht richtiger, wenn Ihr sagtet, Ihr liebt mein Vermögen?«
Er runzelte die Stirn. Die Unverfrorenheit seiner Mutter war seine Sache nicht.
»Euer Vermögen ist nichts, verglichen mit Eurem Charme, Dominica!«
»Ihr schmeichelt mir!«
Er beugte sich zu ihr und streckte bittend die Hand aus. »Lassen wir doch dieses Wortgefecht. Ich bin verrückt nach Euch, Dominica!«
»Daß Ihr verrückt seid, braucht Ihr mir nicht zu bestätigen.«
»Ich bin verrückt, ja, aber aus Liebe zu Euch. Nein, laßt mich ausreden. Ihr tut mir unrecht, wenn Ihr glaubt, daß ich es nur auf Euer Vermögen abgesehen habe. Ich leugne nicht, daß ich dies anfangs getan habe, aber damals kannte ich Euch noch nicht. Damals hattet Ihr mich noch nicht bezaubert. Ich würde Euch auch heiraten, wenn Ihr arm wie eine Kirchenmaus wäret.« Er glaubte, auf dem richtigen Weg zu sein, und fuhr hastig fort: »Es schien keine andere Möglichkeit als diese zu geben. Ich bin den direkten Weg zur Erfüllung meiner Wünsche gegangen. Ihr dürft mir dies nicht verübeln. Ihr seid jetzt böse, Ihr zürnt, ich sehe das in Euren Augen. Aber denkt doch nur ein wenig darüber nach, und Ihr werdet Mitleid mit mir haben und meinen Wahnsinn verstehen!«
»Euren Wahnsinn könnte ich bedauern, aber Mitleid wird mich nicht dazu bringen, Euch zu heiraten«, erwiderte sie.
»Dominica!« Er versuchte, ihre Hand zu ergreifen, sie zog sie jedoch rasch zurück.
»Es würde mir wirklich nicht
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