Der tolle Nick
leicht vergessen würde; da war die blutige Unterdrückung der Niederländer, die das Herz jedes ehrlichen Mannes vor Zorn erbeben ließ; und die Heilige Inquisition in Spanien hatte schon viele ehrbare Seeleute verschlungen, die an Bord englischer Schiffe gefangen worden waren. Wollte man nach weiteren Gründen suchen, dann brauchte man nur daran zu denken, wie die Spanier die Eingeborenen in Westindien behandelten. Das mußte eigentlich genügen. Und dazu kam noch der unerträgliche Stolz der Spanier, die ihr Land als Herrin der Alten und der Neuen Welt betrachteten. Es blieb Elisabeth, durch Gottes Gnade Königin von England, überlassen, diesen Stolz ein wenig zu dämpfen. Dabei wurde sie von Männern wie dem lauten, ungestümen Drake und seinem Freund Beauvallet unterstützt; von Frobisher und Gilbert, von Davis und den drei Hawkins, Vater, Sohn und Enkel. Sie drangen furchtlos in spanische Gewässer ein und setzten König Philipp sehr zu. Sie waren überzeugt – und nichts konnte ihnen das Gegenteil beweisen –, daß ein Engländer ein ganzes Dutzend Spanier wert war. Und wie sich zeigte, gaben ihnen die Ereignisse recht.
Nicholas Beauvallet, der jüngere Sohn einer alten Adelsfamilie, bereiste in seinen jungen Jahren den Kontinent, wie es Sitte war. Er verließ England in so hochfliegendem, wildem Übermut, daß sein Vater und sein ältester Bruder sicher waren, er würde ins Unglück rennen. Er kam als erfahrener und gereifter Mann zurück, doch von seiner Tollkühnheit hatte er nichts verloren. Sein Bruder, der nach dem Tode des Vaters Titel und Ländereien geerbt hatte, schüttelte besorgt den Kopf und nannte ihn Italiante, einen Prahlhans und echten Abenteurer, und wunderte sich, warum er sich nicht zur Ruhe setzen wollte. Nicholas weigerte sich, die Erwartungen, die seine Familie in ihn gesetzt hatte, zu erfüllen. Er mußte hinaus zu neuen Abenteuern. Er ging zur See; er erregte Aufsehen in der Neuen Welt und begleitete Drake auf seiner Weltumsegelung. Zusammen mit diesem meisterlichen Seefahrer durchschiffte er die Magellanstraße, sah die Plünderung von Valparaiso, gelangte zu den entlegenen Palau-Inseln und nach Mindanao und fand den Heimweg rund um das gefährliche Kap der Stürme, braungebrannt, kräftig und reich, wie man es sich kaum erträumen konnte.
Dies war nun alles gut und schön, doch hielt Gerard Beauvallet, ein nüchterner Mann, die Zeit für gekommen, diesen Lebenswandel zu ändern. Nicholas hatte sich eine ehrenvolle Ritterschaft erworben; nun sollte er sich zur Ruhe setzen, eine passende Frau erwählen und die Erben zeugen, die Lady Beauvallet nicht gebären konnte. Statt dessen war der unverbesserliche Nicholas wieder fortgesegelt, nach einem ganz kurzen Aufenthalt, doch diesmal auf seinem eigenen Schiff. Weit davon entfernt, sich wie ein ehrenwerter Gutsbesitzer aufzuführen, wie es sein Bruder gewünscht hatte, schien er nur darauf erpicht zu sein, überall in der Welt Unfug zu stiften. Und dies tat er auch mit durchschlagendem Erfolg. Es gab nur einen Drake, aber auch nur einen Beauvallet. Die Spanier nannten die beiden Namen in einem Atemzug, aber aus Beauvallet machten sie eine Art Teufel. Drake führte das Undurchführbare auf mögliche Art durch; die Spanier aber meinten, daß El Beauvallet das Unmögliche auch auf unmögliche Art erreichte, und fürchteten ihn daher doppelt. Seine eigenen Leute liebten ihn und glaubten an sein Glück und sein Genie. Sie hielten ihn für verrückt, doch brachte ihnen sein Wahn hohen Gewinn, und so hatten sie es sich schon lange abgewöhnt, sich über irgendeine seiner Taten zu wundern. Sie folgten ihm dorthin, wohin er sie führte, denn sie wußten aus Erfahrung, daß er sie nicht ins Unglück leitete. Sein Master, Patrick Howe, ein bärtiger Geselle, erklärte mit erhobenem Zeigefinger: »Ihr wißt, daß wir gewinnen werden, weil unser Nick nie verliert. Er nimmt jede günstige Gelegenheit wahr, er verachtet die Gefahr und findet lachend einen Weg aus jeder schwierigen Lage, in die wir geraten. ›Verrückt‹ ist er? Ja, das kann man wohl behaupten.«
In Wahrheit stürzte sich Sir Nicholas rasch wie ein Raubvogel in wahnwitzige Unternehmen und war siegreich verschwunden, während die anderen über seine Kühnheit noch ganz überrascht waren.
So war er auch mit Doña Dominica verfahren, bevor sie wußte, wie ihr geschah. Und alles nur mit einem Fingerschnalzen – was für ein kühner Bursche er doch war!
Dominica dachte an alle diese
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